Links vom 30. November 2013

Am grünen Strand der Spree – Leseprobe

Das Buch Am grünen Strand der Spree von Hans Scholz wird neu aufgelegt. Erstmals ist es 1955 erschienen, und ich hätte nie davon erfahren, wenn Frau Kaltmamsell nicht darüber gebloggt hätte. Ich habe es mir auch gebraucht zugelegt, muss aber leider sagen, dass ich es keine 100 Seiten durchgehalten habe. Aber: Vielleicht ist das wie bei Feuchtwangers Erfolg, das ich gerade auch zum zweiten Mal lese. Beim ersten Mal wanderte auch dieses Werk nach ungefähr 200 Seiten zurück ins Regal, jetzt bin ich gerade bei 435 und freue mich auf die restlichen 430 Seiten.

Warum ich trotzdem ein Buch erwähne, das mir selbst nicht so gut gefallen hat? Schauen Sie bei der oben verlinkten Leseprobe doch mal auf die Seite 4 – und seien Sie genau so beeindruckt wie ich.

PS: DAS Blog, Herrgottsakra!

Eigentlich ist Wurst umgestülptes TierLeseprobe

Noch ein Buchtipp, dieses Mal was zum Gucken. Von meiner Lieblingszeichnerin Katharina Greve ist der oben verlinkte Cartoonband erschienen. Bis jetzt gibt es von der Dame zwei längere Geschichten, die ich beide (eins, zwei) geliebt und verschlungen habe. Mal sehen, wie sie sich auf der Kurzstrecke macht. Bestellt.

Wer Greve beim Bildervorlesen selbst erleben will, kann das in Berlin übrigens tun: Morgen ist sie um 20.15 Uhr in der Reformbühne, am Donnerstag, 5.12., um 20.30 Uhr bei den Brauseboys, und am 29.12. bereits um 13 Uhr beim Frühschoppen im Schlot.

Die Links zu Amazon sind Affiliate Links.

demut

Felix schreibt:

„mir gefällt die idee, demut als eine art eingeständnis zu sehen, dass wir fehlbar und grösstenteils machtlos sind, ohne dadurch unterwürfig oder trübselig zu werden. im gegenteil; das eingeständnis von fehlbarkeit bedeutet keinesfalls, dass man nicht felsenfest von etwas überzeugt sein kann. solange man diese überzeugung, wie ein guter wissenschaftler, als hypothese betrachtet, die durch neue fakten, andere blickwinkel oder perspektiven neu evaluiert oder formuliert werden muss.“

Ich erinnere mich noch an die dusselige flip-flopping-Debatte, als es um John Kerry ging. Mir ist kaum etwas suspekter als jemand, der 25 Jahre felsenfest einer Meinung ist, ganz gleich was inzwischen um ihn herum passiert ist. Dinge ändern sich, man selbst ändert sich (ich jedenfalls), und dann sollte die eigene Meinung das vielleicht auch tun.

Dealer’s Hand

Sehr langer und sehr spannender Artikel über David Zwirner, einen der derzeit erfolgreichsten Kunsthändler. Im Artikel geht es auch um die Art Basel, über das Verhältnis von Händlern und Künstlern (m/w) untereinander, wie sich der Kunstmarkt verändert und ob ein Dan Flavin mit ausgetauschter Neonröhre überhaupt noch ein Flavin ist.

„Since the doldrums of the early nineties, the market for contemporary art, which has various definitions (work created after the Second World War, or during “our” lifetime, or post-1960, or post-1970), has rocketed up, year after year, flattening out briefly amid the financial crisis and global recession of 2008-09, before resuming its climb. Big annual returns have attracted more people to buying art, which has raised prices further. It is no coincidence that this steep rise, in recent decades, coincides with the increasing financialization of the world economy. The accumulation of greater wealth in the hands of a smaller percentage of the world’s population has created immense fortunes with a limitless capacity to pursue a limited supply of art work. The globalization of the art market—the interest in contemporary art among newly wealthy Asians, Latin Americans, Arabs, and Russians—has furnished it with scores of new buyers, and perhaps fresh supplies of greater fools. Once you have hundreds of millions of dollars, it’s hard to know where to put it all. Art is transportable, unregulated, glamorous, arcane, beautiful, difficult. It is easier to store than oil, more esoteric than diamonds, more durable than political influence. Its elusive valuation makes it conducive to extremely creative tax accounting.

“These are the highest-luxury goods man has ever known,” a dealer told me. “If you’re in the business of selling art, you’re an idiot if you don’t respond to that.”“

(via Arts & Letters Daily)

Leselicht

Vor der Bayerischen Staatsbibliothek.

Bücher Oktober/November 2013 (und warum der nicht abgebildete, weil teilweise in Hamburg, teilweise in München befindliche Belletristik-Bücherstapel so klein ist)

Oskar Maria Graf – Wir sind Gefangene: Ein Bekenntnis

Großartige Autobiografie, die sich auf die Jahre rund um den ersten Weltkrieg beschränkt. Sehr gewöhnungsbedürftiger Stil, recht lakonisch und rausgerotzt, aber auch sehr schonungslos sich selbst gegenüber. So richtig sympathisch kommt der Herr Graf nicht daher, aber genau das macht den Reiz des Werks aus. Und ich wage zu behaupten, dass ich erst durch dieses Buch wenigstens zu ahnen beginne, wie sich die Revolutionszeit im Deutschen Reich bzw. in München angefühlt haben könnte.

Katrin Seddig – Eheroman

Das war leider überhaupt nicht meins. Ich las von dem Buch bei Herrn Buddenbohm und auf Twitter bei Frau Ziefle, auf deren Urteil ich mich eigentlich immer verlassen kann, aber den Eheroman habe ich nach ungefähr der Hälfte weggelegt. Man folgt einer jungen Frau dabei, einen jungen Mann kennenzulernen, ein Kind zu bekommen, ihre Jobs entwickeln sich oder auch nicht, alles nervt, über allem liegt eine Schwere, etwas Drückendes, und ich wollte die ganze Zeit ein Fenster aufreißen und allen Figuren in den Hintern treten.

Jon McGregor – Even the Dogs

Dafür war das wieder toll. Ich mag ja alles von McGregor und wie immer muss man erstmal reinkommen in das Buch, sich den Figuren und ihrem Irrsinn ausliefern, bevor einen das Werk nicht mehr loslässt. In Dogs geht es um die letzten Tage eines Alkoholikers, der sich seine Wohnung mit Junkies und anderem Treibgut der Gesellschaft teilt. Alles wird in Rückblenden und aus verschiedenen Erzählperspektiven berichtet, der Stil ändert sich, der Blickwinkel, der Tonfall, anfangs verwirrt das, dann hat es einen im Griff und zum Schluss muss man sehr tief durchatmen. Wie gesagt, alles wie immer und alles wie immer großartig.

Warren Ellis – Transmetropolitan 6: Gouge Away

Dieser Teil ist noch nicht das Ende der Serie, aber ich habe langsam das Gefühl, dass da nichts wirklich Neues mehr kommt; die alte Fiebrigkeit ist Routine geworden. Reicht mir jetzt mit Herrn Spider.

Mike Mignola/Duncan Fegredo – Hellboy 12: The Storm and the Fury

Der letzte Hellboy – und ausgerechnet den fand ich ein bisschen faul. Soll angeblich noch mal das große Fass auf- und wieder zumachen, aber ich fand die Story wirr und nervig. Immerhin gewinnen die Guten (wär ja auch noch schöner), und ich kann weiter B.P.R.D. lesen.

(Die Links, die zu Amazon führen, sind Affiliate Links.)

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Links vom 23. November 2013

Who’s afraid of Marcel Proust?

Patrick McGuinness beschreibt ganz ausgezeichnet, was an der Recherche von Marcel Proust so wunderbar ist – besser als ich es konnte.

„Proust’s people and places seem rooted in reality even as they float free of it. Even his narrator, a dilettante in search of a vocation, writes the book we are reading in order to find out whether he can write the book we are reading. No other novel includes and enacts so much, and yet, for all its profligate length, we feel as we read that we are dealing in essence and distillation. (…)

We organise our lives in terms of past, present and future, and we have three tenses with which to speak of them. Our bodies live according to them: we have come from, we are going to, and we are currently in. (…) It is the borders between tenses that interest Proust, because that is where living gets done. Proust is a novelist of borders: between inner and outer, self and other, individual and society, feeling and thought. (…)

Forgetting, or half-remembering, what happened in the book is part of the experience of the book, part of living with it. In this respect, it’s an oddly realistic novel too, in that it uses what it writes about – time – as a material as well as subject. We read in time, with time, about time, and time is the substance or the condition in which we live. This is what makes it, despite its frightening length, its overload of detail and its relentlessly intricate style, a profoundly truthful book. It is made of what it describes.“

(via Arts & Letters Daily)

24 Hours of Happy

Das erste 24-Stunden-Video der Welt: gefühlt acht Millionen Mal Happy von Pharrell Williams hintereinander. Es macht irgendwann süchtig. (Um 5 Uhr 35 morgens kommen die Minions.)

(via @dogfood)

“Take a seat & make a friend”

Fremde Menschen reden im Bällchenbad über wichtiges und unwichtiges Zeug. Sehr schön.

(via Serotonics FB)

“I wouldn’t even if I could”

Melissa McEwan reagiert auf den beknackten Rat „Ignorier doch einfach den Dickenhass um dich rum.“

„Ignore dehumanizing and eliminationist campaigns against fat people. Ignore the ones that are not overtly eliminationist, but simply ask fat people to make our bodies do things they cannot do so we can turn ourselves into people we are not. And ignore the ones that are explicitly eliminationist—the ones that suggest fat people should be rounded up and dispatched, before we ruin the country.

Ignore fat hatred at my doctor’s office. Ignore it when I’m shopping for clothes. Ignore it when I’m eating in public. Ignore it when I’m grocery shopping. Ignore it when I’m getting on an airplane. Ignore it when I’m sitting on a bus. Ignore it when I’m standing in line at the post office, or buying coffee, or doing any one of the dozens of ordinary tasks that any person does which can turn into a gauntlet of glares and stares and sneers and comments just because I am fat.”

(via Mädchenmannschaft, bei denen eine deutsche Übersetzung zu finden ist)

Synapsenfunkeln

Im letzten Semester, als ich noch Musikwissenschaften studierte, freute ich mich eines Tages, als in Musik ein Buch erwähnt wurde, von dem ich schon in Kunstgeschichte mal gehört hatte. Da war plötzlich eine Verbindung, eine Linie von einem Punkt zum anderen, ein Aha, eine Glühbirne. Mein Gehirn glitzert dann immer ein bisschen, glaube ich. Das ist toll. Und das ist noch toller, seit ich Geschichte studiere.

Vor einigen Wochen lernte ich in der Mittelalter-Vorlesung die Ottonen etwas genauer kennen, die natürlich schon im ersten Semester Kunstgeschichte zur Sprache kamen, als wir uns so langsam der Romanik näherten. In der Vorlesung sahen wir das Krönungsevangeliar Ottos III. per Powerpoint (hier eine Seite) – und weil fast zeitgleich eine Ausstellung zum Thema in München lief, sah ich das Buch auch in echt. Das hat mich beeindruckt, das war hübsch und alles und so, aber erst, als ich in Geschichte von Opa Otto hörte und Mama Theophanu, fing mein Gehirn zu glitzern an. Da war nicht mehr irgendwo ein Buch und irgendwo anders der Kerl, für den es gemalt wurde, sondern auf einmal sah ich durch die lebhafte Schilderung des Dozenten den dreijährigen König und Kaiser des deutschen und des römischen Reiches, für den erstmal Mama und Oma die Regierungsgeschäfte übernehmen mussten. Auf einmal war da ein Stammbaum, der mit der beeindruckenden Geschichte Ottos des Großen begann und der völlig logisch irgendwann in einen Prachtband münden musste, den wir heute noch bewundern. Auf einmal war da die Verbindung.

In der Vorlesung über amerikanische Kunst nach 1945 hörte ich etwas über Dan Flavins Monuments for V. Tatlin, die auf Wladimir Tatlins Monument der Dritten Internationale rekurrierten, das ich im letzten Semester in meinem Skulpturenkurs kennengelernt hatte. In der Vorlesung über Ausstellungskonzepte der letzten 60 Jahre erfuhr ich, dass einer der Kuratoren der ersten documenta Werner Haftmann gewesen war, von dem ich in den Semesterferien brav sein Hauptwerk durchgelesen hatte. (Okay, fast.) Und in der Übung zu Zeitungen und Journalen der Aufklärung fiel mir zum ersten Mal auf, woher der Begriff „Journalist“ kommt. Wobei ich gestern gelernt habe: Die Herren, die dort publizierten, wurden auch „Gazettiers“ genannt <3

Letzte Woche lasen wir im Lektürekurs in Kunstgeschichte einen Text von Ernst Gombrich, dem Altmeister der populären Kunstgeschichte. Er schreibt in Kunst und Illusion, dass ein Künstler (m/w) nur das malt, was er kennt. Sehr vereinfacht: Er malt in einem Stil, der gerade zeitgemäß ist, er malt das, was er sieht und das ist immer etwas anderes als das, was ein Danebenstehender sieht. Wenn man fünf Leuten sagt, malt mal diesen Stuhl da möglichst realistisch, kommen fünf unterschiedliche Bilder dabei raus. Man guckt sich ein Objekt an und beginnt zu malen, wobei man unwillkürlich Schemata oder Formen abruft, die man abgespeichert hat – die man kennt.

Gombrich schreibt auch über die Verwendung von Bildern in früheren Zeiten, zum Beispiel im Mittelalter, wo ein wackerer Künstler die römische Engelsburg in einem Holzschnitt verewigte. Sein Problem: Er kannte die Burg nicht, wusste aber, wie bei ihm zuhause Burgen aussahen, und deswegen sieht die Engelsburg auf seinem Schnitt dann auch wie ein süddeutscher Adelssitz aus, mit Türmchen und Zinnen – und einem Engel, der auf dem Dach steht. Er „malte“, was er kannte.

In der gestrigen Vorlesung in Geschichte zur Stadtentwicklung in Süddeutschland zeigte der Dozent mal wieder eine Karte. (Karten sind toll! Wer hätte es gedacht.) Wir hatten in der letzten Stunde bereits gelernt, wie im 13. Jahrhundert die klassische Stadtgründung in Bayern aussah: eine breite Straße in der Stadtmitte, die als Markt diente, orthogonal angelegte Straßenzüge, eine fast quadratische Stadtbefestigung und, gerne etwas außerhalb der Stadt gelegen, eine Burg, in der meist der Herzog lebte, der die Stadt aus Lust und Laune geplant und gebaut hatte. (Und weil er Zolleinnahmen haben wollte.)

straubing_1840

Die Karte ist, wenn ich den Bayernatlas richtig interpretiere, aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Kann man laut Dozent gelten lassen, denn unsere Städte veränderten sich erst Ende des 19. Jahrhunderts so richtig. Und in manchen, wie zum Beispiel in Regensburg, kann man aus der Luft sogar noch die alte Stadtbegrenzung erkennen. Wobei die in Regensburg sogar noch aus römischer Zeit stammt. (Edit 1.12.: Der Betreiber von archaeolet.de hat meinen direkten Link auf das Regensburgfoto als Hotlinking interpretiert. Ich verweise mal auf die komplette Seite, auf der das Bild steht – ihr müsstet jetzt nach unten bis zum zweiten Bild scrollen. Sorry, archaeolet, mein Fehler!)

Und dann sahen wir gestern eine weitere Stadt in einem deutschen Stich von 1582, wobei uns der Dozent nicht sagen wollte, um welche Stadt es sich handelt:

edinburgh

Überraschung: Es ist Edinburgh. Und das sah in Wirklichkeit ganz anders aus, nämlich viel langgestreckter – das geht rechts aus dem Bild raus noch mal so lang weiter mit den Häusern, aber mein Blog ist zu klein. Immerhin die Burg stimmt.

edinburgh2

Aber weil der deutsche Stecher nur deutsche Städte und ihre Formen kannte, nahm er eben an, dass schottische auch so aussehen.

Glitzerglitzer.

Kartoffeldressing

Wieder ein Rezept aus dem wunderbaren Deutschland vegetarisch (Affiliate Link) – wobei das Rezept was ganz anderes wollte, aber ich hatte halt nur diese Zutaten im Haus bzw. habe einen doofen Fehler gemacht und deswegen heißt das Rezept auch nicht „Feldsalat mit Kartoffeldressing, Krachelchen und wachsweichem Ei“, sondern nur „Kartoffeldressing“ (mit Bonustrack „zu weichem Ei“). Aber gut geschmeckt hat’s trotzdem. Sehr sogar.

kartoffeldressing

Für vier Personen.

4 Eier anpieken, in kochendes Wasser legen und fünf Minuten kochen. Kalt abschrecken, beiseite legen.

Meine Eier waren sogar sechs Minuten im Wasser, aber trotzdem viel zu weich. Egal, ich mag sehr weiches Ei. Allerdings lieber mit Toast als im Salat.

150 g Feldsalat malerisch auf einem Teller anrichten (bei mir Romana, der musste weg) und darauf
120 g schwarzen Rettich drapieren (bei mir Radieschen, die mussten weg).

In einer Pfanne
4 Scheiben Toastbrot, entrindet und in kleine Würfel geschnitten, in
2 EL Sonnenblumenöl und
2 EL Butter goldbraun rösten. Mit
Salz würzen.

Ich hatte kein Toastbrot und ich mag meine Croutons auch ganz dringend weniger „krachelich“, nämlich etwas größer gewürfelt, gerne mit Rinde, außen knusprig und innen weich. Genau die habe ich aus ner Runde Weißbrot dann auch gemacht.

Für das Kartoffeldressing (NA ENDLICH KOMMT DAS DRESSING)
150 ml Gemüsebrühe,
100 g gekochte Kartoffeln vom Vortag (ich habe die frisch gekocht, scheint auch zu gehen),
4–5 EL Weißweinessig,
1 EL scharfer Senf und
50 ml Rapsöl fein pürieren. Mit
weißem Pfeffer (hab ich nicht, schwarzer schmeckt auch),
Salz und
1 ordentlichen Prise Zucker würzen.

Jetzt theoretisch das aufgeschnittene Ei auf das hübsche Salatbett legen, das Dressing daraufträufeln und die Krachelchen elegant darüberstreuen. Bei mir war das alles etwas hektisch zusammengebaut, weil mein Ei davonlief – deswegen ist das titelgebende Dressing auch nur als Blob im Vordergrund zu sehen und nicht feintröpfelig irgendwo im Salat. Ich wiederhole mich: egal. Total lecker.

Tagebuchbloggen 11. bis 17. November

Montag, 11. November

Ereignisloser Flug nach München, dort kaum Wartezeit, weder auf S- noch auf U-Bahn: 12.30 Uhr zuhause statt gegen 13 Uhr. Die Zeit reicht, um schnell aufs Fahrrad zu steigen und den zweiten Reader für meinen Geschichtskurs über Geschlechterbilder aus dem Copyshop gegenüber vom Hauptgebäude der LMU zu holen. Danach geht’s zur Packstation und ins kunsthistorische Institut, wo mal wieder der tolle Provenienzkurs auf mich wartet. Neuerdings beginnen die Dozierenden immer mit „Haben Sie noch Fragen zu den Entwicklungen im Gurlitt-Fall?“ und natürlich haben wir.

Dann erzählt uns die Bibliotheksleiterin der Unibibliothek was zum Inventarisieren der Bestände der vielen Bibliotheken, die zur Uni gehören und wir bekommen eine Aufgabe für den Rest des Semesters: Bücher katalogisieren. Die Bestände der kunsthistorischen Bibliothek sind erst ab 1958 vernünftig erfasst worden, wenn es um die Herkunft geht; alles, was davor eingeliefert wurde, könnte wer weiß woher stammen. Wir bekommen in der nächsten Woche ein paar Regalmeter zugewiesen, jeder einen anderen Bestand, und dann dürfen wir verschiedene Infos in eine Exceltabelle eintragen: Die Basics wie Titel, AutorIn, Signatur etc., aber eben auch Dinge wie Stempel, Ex Libris, Widmungen, vorherige Signaturen – kurz alles was uns eventuell sagen könnte, woher das Buch stammt. Und wer was Spannendes im Buch findet, soll sich auf die Suche machen. „Von 100 Büchern wird wahrscheinlich nur in einem was drin sein, aber vielleicht finden Sie ja was raus.“ Die Datenbank, die wir jetzt beginnen, soll dann in den kommenden Semestern von anderen fortgeführt werden. Wissenschaft hands-on. Toll. (Anke-Bonus: in Büchern rumwühlen! Noch toller.)

Gelesen: einen Auszug aus Kunstgeschichtliche Grundbegriffe: Das Problem der Stilentwicklung in der neueren Kunst* von Heinrich Wölfflin und Wahrheit und Konvention aus Kunst und Illusion von Ernst Gombrich.

Dienstag, 12. November

VERSCHLAFEN! Duschen ja, Kaffee ja, Make-up nein, und um 8.10 Uhr sitze ich nur marginal abgehetzt in der Uni, wo ich viel über die Salier und vor allem über Heinrich IV lerne. Ich habe noch eine Frage, stehe also am Ende der Vorlesung beim Dozenten, der darüber offensichtlich erfreut ist und mir noch einen Buchtipp über Canossa mit auf den Weg gibt.

Die zwei Stunden bis zur nächsten Vorlesung verbringe ich zuhause mit The Good Wife, dann radele ich wieder zur Uni und höre der Dozentin sehr aufmerksam zu, als sie über die Ausstellung When Attitudes Become Form in Bern spricht, die 1969 stattfand. Sie wurde 2013 in Venedig noch einmal gezeigt, und genau das ist der Gegenstand meiner Frage nach der Vorlesung, als ich mal wieder vorne stehe: „Eine Ausstellung, die spontan und ortsgebunden war, an einem anderen Ort und genau skizziert zu wiederholen – widerspricht das nicht dem Charakter dieser Ausstellung? Ich finde das sehr rätselhaft.“ – „Rätseln ist gut! Rätseln ist immer gut!“ Sie sagt noch mehr, aber das bleibt hängen und wird mein Leitspruch für den Rest des Studiums.

Im Lektürekurs die übliche Faszination über die Grundbegriffe Wölfflins und den schlichten Stil von Gombrich.

Gelesen: Der Erste Weltkrieg. Triumph der Geschlechtertrennung von Françoise Thébaud und Männlichkeit und Erster Weltkrieg von George E. Mosse aus dem gestern abgeholten Reader.

Mittwoch, 13. November

Im Genderkurs sitzt neben mir ein Knäblein, das meistens den Kopf auf den Armen liegen hat, er hat bis heute den ersten Reader des Kurses nicht abgeholt, er sagt nie was und sieht so aus, als wäre er lieber ganz woanders. Deswegen hat mich sein doch recht gut informiertes Referat zum Thema Frauenarbeit während des Ersten Weltkriegs überrascht. Ich packe meine Vorurteile kurz weg, stelle wie immer ein paar Fragen und weiß nach drei Stunden viel mehr als vorher. (Wo soll dieses ganze Wissen bloß hin?)

Seit ich radfahre, bin ich extrem fußfaul geworden. Die Unibibliothek und die Bayerische Staatsbibliothek liegen ungefähr 300 Meter auseinander. Mir egal. Ich gehe hinten aus dem LMU-Gebäude raus, wo einer der beiden Ein- und Ausgänge des Historicums ist. Diese Zweiteilung ist mir zum ersten Mal im Fahrstuhl aufgefallen, wo es zwei Leisten mit Etagenknöpfen gibt, und die Türen öffnen sich entweder zum Alt- oder zum Neubau hin. Nach zwei Fahrten wusste ich dann auch, welcher Gebäudeteil welcher ist – man sieht es ihnen nämlich netterweise nicht an –, und seitdem husche ich immer gerne aus dem Ausgang des Altbaus, denn da ist eine coole Holztreppe. Rauf aufs Fahrrad, 400 Meter zur Stabi, ein Buch abgeholt, 300 Meter zur UB, die man unter anderem durch den Haupteingang der LMU erreicht, dort das Fahrrad abgestellt, damit ich nachher nicht einmal ums ganze Gebäude rennen muss, noch ein Buch abgeholt, dann eine Treppe hoch zur Vorlesung über amerikanische Kunst gegangen, was über Minimal Art gehört und natürlich nach der Veranstaltung noch bei der Dozentin gewesen und ne Frage gehabt.

Gelesen: Aufklärung als Kommunikationsprozess von Hans Erich Bödeker.

Donnerstag, 14. November

Im ersten Kurs des Tages „Geschichte und Journalismus“ sprechen wir über Fragetaktiken und bekommen ein, zwei legendäre Interviews vorgeführt. Dozent: „Das ist schön, dass wir im Deutschen Worte wild zusammensetzen können, aber wenn Sie 28 Anschläge in einer Zeitungsspalte haben und Ihr Wort länger ist als die Spalte, sollten Sie ein kürzeres verwenden.“ Und dann machen wir ein Experiment: „Tun Sie sich zu Gruppen zusammen und schreiben innerhalb von zehn Minuten eine Geschichte, die nur aus einsilbigen Worten besteht.“ Meine Gruppe ersinnt ein Beziehungsdrama in 94 Einsilblern, aber die Siegergruppe hat über 150 zusammengekriegt und bekommt dafür Süßigkeiten.

Im zweiten Kurs hören wir ein Referat über den Bödeker-Text, das quasi noch mal wiedergibt, was ich schon gelesen habe. Das scheint ein Grundproblem in diesem Kurs zu sein, dass uns nicht zugetraut wird, einen Text selbständig zu erfassen. Dieses Seminar ist das einzige, an dem ich eigentlich immer was rumzuquengeln habe, aber das Thema – Journale und Zeitungen im Zeitalter der Aufklärung – ist spannend genug, um mich bei der Stange zu halten.

Zwei Stunden Pause. Ich setze mich in meine geliebte Historicumsbibliothek, lese mich dort aber nicht fest, sondern schreibe einen kleinen Autofolder. Das fühlt sich ziemlich falsch an, aber hier lässt es sich wirklich prima arbeiten.

Letzte Vorlesung der Woche: Stadtentwicklung in Süddeutschland in einem fiesen Betonhörsaal bei den ollen Germanisten. Durch diesen Kurs bin ich endgültig auf die Seite der Seniorstudihasser gewandert, denn eigentlich sollte der Kurs in meinem geliebten Hauptgebäude stattfinden, in einem der schönen Hörsäle im zweiten Stock, den mit den recht neuen dunkelbraunen Stühlen, die selbst für meine Körpergröße überaus ausreichend und vor allem bequem sind, mit den unquietschenden, unverunstalteten Klapptischen, mit hoher weißer Decke, hohen Fenstern, guter Akustik und überhaupt EIN VERDAMMTES PARADIES, HERRGOTTSAKRA. Aber weil zu viele Senioren im Kurs sitzen, hocken wir jetzt da drüben in der blöden Schellingstraße bei den blöden Geistis mit ihrer blöden runtergerockten 70er-Jahre-Architektur ohne Tageslicht und ich bin jedesmal stinkig, wenn ich in den Hörsaal komme. Der Dozent macht seinen Job eigentlich gut, schafft es aber nie, Fragen der Senioren abzuwürgen (geht doch, verdammt noch mal, nach der Stunde hin – machen andere ja auch *hust*) und lässt Folien ewig stehen, damit sie abgeschrieben werden können, obwohl wir eingeschriebenen Studis sie doch alle im Internet finden. Von uns schreibt keiner was auf. I am Jack’s ungerechter Zorn, aber jetzt ist die Stunde rum, ich habe gelernt, dass viele bayerische Städte nicht irgendwie von sich aus entstanden sind, sondern von Herzögen bewusst gegründet wurden, will dringend nach Regensburg und nach Landshut – aber jetzt geht’s erstmal nach Hamburg.

Gelesen: ausnahmsweise mal wieder Belletristik, nämlich Lion Feuchtwangers Erfolg*. Beim ersten Versuch mochte ich das Buch nicht, jetzt wo ich München kenne, mag ich es sehr.

Freitag, 15. November

Singen. Frühstück/Mittagessen/Brunch mit Lektorgirl. Ein Buch aus der Hamburger Stabi abholen, das in der Münchner ausgeliehen ist. Tasche packen für Kurzurlaub mit dem Kerl.

Nix gelesen. Sehr müde gewesen.

Samstag/Sonntag, 16./17. November

Sylt.

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Wir stellen Caspar David Friedrich nach.

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Wir essen in der Alten Friesenstube, wo die Speisekarte komplett auf Platt und das Essen großartig ist.

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Wir nehmen bei Sonnenschein Abschied.

Gelesen: The women’s suffrage movement in Britain, 1866–1928 von Sophia A. van Wingerden. Die nächste Uniwoche wartet.

* Amazon-Affiliate-Links

Kürbisstampf mit Apfel-Lauch-Gemüse

Gut. Der Hokkaidokürbis und ich. Wir sind nicht so die dicken Freunde; ich sehe ihn im Herbst plötzlich in allen Supermärkten liegen, falle natürlich auf seine tolle orange Farbe rein, zermetzele ihn zuhause zu Suppe, esse die so mehr oder weniger gut gelaunt, sieht super aus, schmeckt so okay irgendwie, aber der Kracher isses nicht, und dann ignoriere ich Klein-Hokki wieder für ein Jahr.

Das hat sich mit diesem Rezept schlagartig geändert. Denn OMG kann ein Kürbis großartig schmecken.

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Das Rezept stammt aus Deutschland vegetarisch (Affiliate Link) und soll für vier Personen reichen. Ähnlich wie gestern bei Himmel und Erde habe ich die Kürbismenge gedrittelt und den Rest so gelassen und es entspannt alleine geschafft.

1,2 kg Hokkaidokürbis waschen, von den Innereien befreien und grob würfeln.
2 Zwiebeln würfeln und mit dem Kürbis in
2 EL Butter glasig dünsten.
1 Sternanis,
1 Lorbeerblatt und
2 EL Honig dazugeben, mit
einem guten Schuss Weißwein ablöschen und mit
400 ml Gemüsebrühe auffüllen.
Salz und Pfeffer dazu, 20 Minuten lang offen weich schmoren.

Währenddessen
2 EL Haselnusskerne grob hacken und in
1 EL Öl rösten. Mit
Salz würzen und beiseite stellen.

In einer weiteren Pfanne
100 g Lauch (also eine kleine Stange) halbieren und in feine Ringe schneiden.
1 Apfel ungeschält würfeln und beides in
2 EL Öl für fünf Minuten braten.
Salz und Pfeffer dazu, warm stellen.

Ich mag mein Essen gerne etwas brockiger, daher habe ich den Apfel geschält, entkernt und ihn dann in Spalten verwandelt. Den Lauch habe ich nach Rezept verwendet, werde das nächste Mal aber Ringe schneiden; der wurde doch sehr fitzelig in der Pfanne.

Aus dem Kürbistopf nun Sternanis und Lorbeerblatt entfernen und alles zerstampfen; ich habe davor noch ein bisschen Flüssigkeit abgießen müssen. Das Rezept hätte gerne noch krause Petersilie frittiert, aber das habe ich mir gespart und mit meiner üblichen rudimentär gehackten glatten Petersilie dekoriert.

Natürlich habe ich den Kürbisstampf vorher solo probiert, bevor ich alle anderen Zutaten darüber gekippt habe, und wie ich oben schon anklingen ließ: Das schmeckt so großartig! Drei kleine Zutaten und aus dem orangefarbenen Langweiler wird total hippes Futter. Ich behaupte, der Geschmack ist tiefer und voller geworden, so wie durch Sauerstoff aus einem guten Rotwein ein richtig guter werden kann. Und der Rest der Zutaten ist natürlich auch nicht zu verachten: Der frische Apfel, der würzige Lauch, dazu die knackig-salzigen Nüsse – das passt alles ganz wunderbar zusammen und ist eine wirklich tolle Mahlzeit.

Himmel und Erde

Ein schnuffiges Herbstrezept aus dem ebenso schnuffigen Kochbuch Deutschland vegetarisch (Affiliate Link) von Herrn Paul und Frau Seiser. Das Buch wurde ja schon überall rumempfohlen, ich bin sehr spät auf der Party, ich weiß. Aber ich empfehle es euch natürlich auch, denn es ist wunderschön, hat drei Lesebändchen (drei!) und wenn ich endlich mal nichts für die Uni lese, koche ich auch mal was anderes nach als das, was Herr Buddenbohm schon vorgekocht hat.

himmelunderde

Für vier nicht sehr hungrige Personenen. Ich habe das Rezept halbiert (okay, die Kartoffeln gedrittelt) und es entspannt geschafft.

800 g mehlig kochende Kartoffeln in Salzwasser kochen.

Während die vor sich hinblubbern, in einer Pfanne
4 Zwiebeln, geachtelt (das sieht toll aus, das mach ich jetzt immer), in
3 EL Öl (bei mir Sonnenblumenöl) bei milder Hitze 10 Minuten anbraten.
2 Zweige Majoran abzupfen, fein hacken und dazugeben, mit
Salz und
Zucker würzen und mit
Weißwein ablöschen.

Wer keinen frischen Majoran hat: 1 Messerspitze getrockneter tut’s auch. Aber der frische duftet irrwitzig gut!

In einer zweiten Pfanne
2 kleine Äpfel, ungeschält in Ringe geschnitten, in
3 EL Öl und
1 TL Butter goldbraun braten, dabei einmal wenden.
1/2 Bund Petersilie fein hacken und mit den Zwiebeln zu den Äpfeln geben. Mit
Apfelsaft ablöschen (das war bei mir wieder Weißwein) und mit
Salz und
Zucker würzen.

Ich hatte nur Granny Smith, die nicht unbedingt super sind für dieses Rezept (wer hätte es gedacht). Das „ungeschält“ habe ich beim Wenden zu schätzen gelernt, denn dabei sind die weichen Äpfel nicht auseinandergefallen. Ich habe übrigens keinen Apfelkernausstecher, sondern habe das Kerngehäuse aus den einzelnen Scheiben herausgeschnitten. Dabei musste ich sehr an das Titanic-Titelblatt „Frauen können keine Quadrate zeichnen“ denken. Netterweise verformen sich die Apfelscheiben beim Braten so günstig, dass man die stümperhaften Löcher nicht mehr als stümperhaft wahrnimmt.

Die Kartoffeln dürften nun gekocht sein. Abgießen, kurz abkühlen lassen (mach ich nie) und
150 ml Milch,
100 ml Sahne,
1 guten EL Butter,
Salz und
frisch geriebene Muskatnuss dazugeben. Alles durchstampfen und mit den Zwiebeläpfeln servieren.

Das Buch hätte die Milchsahnebutter gerne aufgekocht, aber das habe ich mir gespart, weil meine Kartoffeln noch so schön heiß waren.

Und jetzt mach ich Kürbisstampf.

Ein hungriges Dankeschön …

… an Tamara, die mich mit diesem Müsli-to-go-Becher (Affiliate Link) überraschte. Seit ich keinen Agenturschreibtisch mehr habe, in dem ich tonnenweise My-Muesli-Dosen horte und keinen Agenturkühlschrank, in dem immer kalte Milch steht, schleppe ich nölig Jogurtbecher und Apfelspalten und Wasserflaschen im Rucksack zur Uni – und vermisse in jeder Pause ein Müsli. Natürlich kann ich auch weiterhin drei Behältnisse durch die Gegend tragen, in denen sich Müsli, Obst und Milch befinden und sie dann in einem vierten zusammenkippen, aber das habe ich nur einmal gemacht und das war doof. Irgendjemand aus meiner Twitter-Timeline empfahl dann diesen Becher, worauf er sofort auf dem Wunschzettel landete. Ich habe ihn noch nicht ausprobiert, aber das hole ich spätestens morgen nach, wenn ich zwischen Geschlechtergeschichte und der amerikanischen Kunst nach 1945 hungrig vor mich hinquengele. Vielen Dank für das Geschenk, ich habe mich sehr gefreut.

Rahmlinsen mit Senf-Zwiebel-Birnen

Nach längerer Pause mal wieder ein Rezept aus der Go-Veggie!-App von @nutriculinary. Linsen mit Sahne statt nur mit Brühe kochen! Wieso bin ich darauf nicht selbst gekommen?

senf_zwiebel_birnen

(Das Foto ist mal wieder nur per iPhone, da die Kamera, logisch, in München liegt. Ist klar.)

Für vier Personen.

In einem Topf
1 EL Öl erhitzen und
1 weiße Zwiebel, fein gehackt, darin glasig dünsten. (Bei mir war’s eine rote Zwiebel.) Mit
1/8 l Weißwein ablöschen. Eine Minute offen kochen.
150 ml Sahne und
150 ml Gemüsebrühe dazugeben. Aufkochen, dann
1 Dose Linsen (850 g, abgetropft) und
2 Zweige Petersilie, fein gehackt, dazugeben. Offen dicklich einkochen, mit
Salz und
Pfeffer würzen.

Währenddessen
1 rote Zwiebel in Ringe schneiden.
1 Birne ungeschält vom Kerngehäuse befreien und in schmale Spalten schneiden. In
2 EL Öl scharf anbraten.
1 EL Senf dazugeben, mit
50 ml Gemüsebrühe ablöschen. Schmoren, bis alle Flüssigkeit verdampft ist und mit
Salz und
Pfeffer würzen.

Das Rezept möchte dann noch 250 g Räuchertofu in Scheiben angebraten haben – das habe ich natürlich brav gemacht und er ist auch auf dem Foto zu sehen, aber beim nächsten Mal würde ich ihn weglassen. Die sahnigen und angenehm frischen Linsen mit dem süßscharfen Zwiebel-Birnen-Gemüse haben mich sehr glücklich gemacht. Der Tofu hat mich eher gestört. Aber macht doch, was ihr wollt.

Zwei Hausarbeiten

Wochenende – Zeit für ein bisschen Bildung. Anbei findet ihr meine ersten beiden Hausarbeiten, die ich in Kunstgeschichte geschrieben habe, denn Wissen ist schließlich für alle da.

Die erste Hausarbeit heißt „Andacht, Repräsentation und Erinnerung: Drei Bildwerke Memlings und ihre Funktion“. Auf diese Arbeit habe ich eine LAUSIGE 1,7 bekommen, was ich vor allem einem nicht vorhandenen Abbildungsverzeichnis zu verdanken habe. Ich habe mich natürlich brav an alle Angaben zur Erstellung einer Hausarbeit gehalten, die die Uni mir ans Herz gelegt hat, aber dort stand die verführerische Formulierung „Abbildungen können mitgeliefert werden“ (Hervorhebung von mir), was für mich hieß: Sie müssen nicht. Und meine Dozentin ist ja klug und weiß, worum’s geht, also lasse ich das. Hätte ich mal gefragt.

Zweiter Kritikpunkt waren fehlende biografische Angaben und zu kurze Bildbeschreibungen. Die Werke, um die es geht, findet ihr einerseits in meinem Blogeintrag zum Referat über das gleiche Thema (Diptychon des Maarten van Nieuwenhove sowie das Bildnis eines alten Ehepaars), andererseits hier, denn in der Arbeit spreche ich auch über Zwei Flügel mit den Bildnissen des Willem Moreel und der Barbara von Vlaenderberch.

Die zweite Hausarbeit trägt den schönen Titel „Der finale Bruch mit der Klassik: Alexander Archipenkos Schreitende Frau“ und findet sich hier. Sie hat ein fettes Abbildungsverzeichnis, total tolle biografische Angaben, eine irrwitzig ausführliche Werkbeschreibung – und wurde mit 1,3 benotet. WHAT DOES A GIRL HAVE TO DO? Hier gab es eigentlich nur einen richtigen Fehler, den ich gemacht habe: In der Einleitung spreche ich von „massiven“ Werken. Das ist bei Bronze natürlich Blödsinn; worauf ich hinaus wollte, waren Werke mit einer geschlossenen Oberfläche.

Viel Spaß beim Lesen. Ich hatte jedenfalls ne Menge Spaß beim Schreiben.

Links vom 8. November 2013

@9nov38

Ich hatte auf Twitter schon darauf hingewiesen, will es aber auch noch mal im Blog machen: Der Twitteraccount 9nov38 zeichnet die Novemberprogrome („Reichskristallnacht“) in Zitaten nach, die alle historisch belegbar sind. Mitinitiator und Historiker Moritz Hoffmann hat über die Entstehung des Projekts gebloggt (und wird heute, wenn ich seinen Tweet richtig verstehe, auch noch mal zur Kritik an der Aktion bloggen), und Michael Schmalenstroer schrieb über die Genauigkeit der Zeitangaben in den Tweets.

Edit: 9.11.: Das Projekt hat natürlich auch eine Homepage.

Wie Hermann Göring seine Kunstschätze angehäuft hat

Wir hatten gestern wieder das wunderbare Seminar „Geschichte und Journalismus“, und dieses Mal war ein Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks zu Gast, der historische Radioreportagen erstellt. Er spielte uns drei seiner Werke an und plauderte aus dem Nähkästchen; wie er zum Radio kam, wie man Bilder vor den Augen der Zuhörer und Zuhörerinnen entstehen lässt und wie man Menschen in Geschichten von anderen Menschen reinzieht.

Wir haben in das Feature gestern nur reingehört, daher weiß ich noch nicht, ob es so toll weitergeht, wie es anfängt, aber ich höre mir jetzt eine halbe Stunde was zur Kunstsammlung von Hermann Göring an. Ich hatte sie vorgestern in meinem Blogeintrag zu verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut erwähnt. Die Reportagen gehören zum Programm von Bayern 2, genauer zur Rubrik „Land und Leute“.

Dein Internet ist besser. Meine Bibliothek auch.

Kathrin Passig hat in der Zeit geschrieben, dass sie Bibliotheken für entbehrlich hält. Herr ichichich hat darauf eine gute Antwort gefunden:

„Der Artikel ist zuallererst eine Verächtlichmachung. Von „Papierverleih“ ist die Rede, von einem „Papiermuseum“, von „Regalen voller Papier“, von „großen Gebäude mit dem Papier“. Ja, denkt man irgendwann, ja, ist gut jetzt, ich habe es verstanden. Ärgerlich ist das vor allem deshalb, weil der Text das gar nicht nötig hätte, denn einige Argumente sind durchaus stichhaltig: Teilweise ist das Netz natürlich überlegen, Volltextsuche und „Einordnung in multiple Regale“ werden da völlig zu Recht genannt. Aber das ist eben nicht alles, und hier wird es ein wenig emotional. Denn wer Bücher als Kulturgut betrachtet, und nicht nur als Trägermedium für Content, kann zu einer nachdrücklich anderen Auffassung kommen.“

Kunstgeschichte live

(Very long, read anyway.)

Ich erwähnte in meinem ersten Blogeintrag zum neuen Semester eines meiner Seminare „Provenienzforschung. Einführung, Überblick, Perspektiven“ und was wir dort so lernen. Es erhält durch den Kunstfund in München gerade natürlich eine sehr aktuelle Dimension, die auch im Kurs diskutiert wurde.

In den ersten Sitzungen sprachen wir über die Hintergründe von Restitution – also die Rückgabe oder Erstattung von Kulturgütern, die verfolgungsbedingt entzogen wurden. (Mit dieser Formulierung umgeht man das unschöne Wort „Raubkunst“, das zum Beispiel Kunsthandwerk, Möbel oder Bücher nicht einbezieht, die natürlich auch massenweise geraubt wurden.) Wir lernten die Washington Principles kennen, in denen 1998 eine Übereinkunft zwischen verschiedenen Ländern erreicht wurde, wie mit diesen Kulturgütern zu verfahren sei. Dort steht unter anderem, dass nicht restituierte Güter identifiziert, öffentlich gemacht werden und Anstrengungen unternommen werden sollten, sie zurückzugeben. Dort steht aber auch, dass man die Umstände des Holocaust (Ausrottung kompletter Erbenfamilien) und die inzwischen verstrichene Zeit nicht vergessen sollte. Angestrebt werden „gerechte und faire“ Lösungen, die auch finanzielle Entschädigungen bedeuten können.

Wir lernten die Website Lost Art kennen, auf der die Bundesrepublik ein Register geschaffen hat, in dem Kulturgüter als vermisst oder aufgefunden gemeldet werden können. Auf der Seite finden sich zusätzlich diverse Hilfsmittel zur Provenienzrecherche, zum Beispiel eine kleine Auflistung der Reichsgesetze, mit denen der Entzug von Kulturgütern rechtlich verbrämt wurde oder eine sehr ausführliche und stets aktuelle Bibliografie zu Raub- und Beutekunst.

Vergangenen Mittwoch fand im Zentralinstitut für Kunstgeschichte ein Kolloquium zum Thema statt, das uns Kursteilnehmern und -teilnehmerinnen dringend ans Herz gelegt wurde. Zu Recht, denn das waren sehr spannende vier Stunden. Verschiedene Redner und Rednerinnen informierten über den Forschungsstand bzw. ihre Projekte. So berichtete eine Mitarbeiterin der Bayerischen Staatsbibliothek über ihre Versuche, Bücher zu restituieren, die damals direkt von der Gestapo eingeliefert wurden (so nach dem Motto, wir haben hier ein paar Kisten Bücher, enjoy), bei denen sie anhand von Widmungen und Einwohnerdaten versuchte, die Besitzer herauszufinden. Auch das klang schon im Seminar an: Die verschiedenen Arten, wie Kulturgüter entwendet und weitergegeben wurden. In meinem Referat habe ich mich mit der Datenbank German Sales 1930–1945 befasst, in der 3.000 Auktionskataloge digitalisiert und als durchsuchbare Textdateien aufbereitet wurden. Ich lernte unter anderem, dass Auktionen nicht nur von Auktionshäusern durchgeführt wurden, sondern teilweise von Zoll und Gestapo, die ganz simpel die Container öffneten, die am Hamburger Hafen standen, während ihre Besitzer ausreisten (hoffentlich). Wenn jüdische Familien verschleppt wurden, fielen ihre Wohnungen an die Finanzämter der jeweiligen Städte, die gemeinsame Sache mit den Gerichtsvollziehern machten und unter der Hand Güter losschlugen. Die US-amerikanische Militärregierung schätzt, dass seit 1941 über 15.000 Versteigerungen stattgefunden haben; daher sind die 3.000 Kataloge nur ein winziger Einblick in die Massen von Waren, die geraubt und verkauft wurden. (Mehr zu diesem Thema steht hier; meine Infos habe ich auch aus diesem Text.)

Ein weiterer Vortrag auf dem Kolloquium berichtete über „Russische Kunst in deutscher Hand – Ansichten zu einer Ausstellung in Pskov 1943“, wo es um russische Kunst ging, die von Deutschen zusammengetragen wurde (ich hoffe, ich erinnere mich richtig). Der sogenannte militärische Kunstschutz war – in Verkennung seines eigentlichen Auftrags, siehe den Wikipedia-Link – in den besetzten Gebieten dafür zuständig, Kunst für deutsche Museen zusammenzutragen; dabei wurde anfangs weitaus mehr Sorgfalt gewahrt als in den letzten Kriegsjahren, wo zum Beispiel Bilder teilweise aus den Rahmen gerissen und mitgenommen oder Werke schlicht zerstört wurden, um sie der näherrückenden Roten Armee zu entziehen. Die Werke, die für die Ausstellung zusammengetragen wurden, stammen auch aus verschiedenen Quellen, die wiedergefunden werden müssen. Und Teile davon landeten wahrscheinlich in deutschen Museen, wo sie heute unbehelligt ausgestellt werden. Ein Problem der Zäsur 1945: Teilweise wurden Kulturgüter vor Kriegsende in Depots geschafft, um sie vor Zerstörung zu schützen, aber erst nach Kriegsende in Museen oder Bibliotheken inventarisiert. Es ist teilweise nicht mehr feststellbar, wann ein Kunstwerk wohin eingeliefert wurde geschweige denn, woher es stammt.

Den vorletzten Vortrag des Kolloquiums hielt eine unserer Dozentinnen, deren Dissertation zum Thema auch als Buch Kunsthandel im Nationalsozialismus: Adolf Weinmüller in München und Wien erhältlich ist (Affiliate Link). Sie beschäftigt sich seit Jahren mit dem Auktionshaus Weinmüller, deren heutige Leiterin als einzige (!) von allen Auktionshäusern Deutschlands die Geschichte ihres Hauses erforschen lässt. Der Rest war wahrscheinlich zwölf Jahre lang irgendwie nicht da.

Der letzte Vortrag führte dann wieder in die Gegenwart – es ging um den Datenschutz bei der Provenienzforschung. So gibt es durchaus Nachfahren, die den Namen ihrer Großeltern aus der Datenbank von Lost Art haben entfernen lassen, weil sie nicht möchten, dass irgendjemand sieht, dass Opa Raubkunst gekauft hat. Dabei stellt sich natürlich die Frage, wie weit das Allgemeinwohl bzw. die Aufklärung Vorrang hat vor Persönlichkeitsrecht. Über Lost Art wurde auch in der anschließenden Diskussion gesprochen: Es wurde ein Fall eines Gemäldes skizziert, das zweimal als vermisst gemeldet wurde – von einem ersten Besitzer, der es (die Zahlen sind erfunden, aber die Richtung stimmt) 1935 verkaufen musste und einem zweiten, der es 1938 verkaufen musste. Wem gehört das Bild? Wessen Leiden ist größer, wer hat mehr Anspruch darauf?

Das war der Mittwoch. Ich bereitete lustig mein Referat vor, das ich Montag halten sollte, als Sonntag plötzlich die Nachrichten über den Münchner Kunstfund aufschlugen. (Nebenbei, liebe effektheischende Headlines: „Nazikunst“ ist es eben nicht.) Im Laufe des Tages schickten unsere Dozierenden auch lustig Mails mit den Schlagzeilen rum, und die Begrüßung am Montag ging in die gleiche Richtung: „Wenn Sie geglaubt haben, dass Kunstgeschichte ein Orchideenfach im Elfenbeinturm ist, lernen Sie gerade dazu.“ Und 30 Menschen im Proseminar hatten auf einmal einen neuen Berufswunsch.

Wieder gab es Referate, unter anderem meins – wenn ihr selbst mal lustig durch alte Kataloge suchen wollt: hier ist die Suchmaske des Getty Provenance Index, hier die der UB Heidelberg, die 200.000 Katalogseiten eingescannt hat. (Edit:) Man kann bei der UB Heidelberg übrigens auch nach Stichworten suchen: Bei „arisch“ erhält man des Öfteren den Hinweis auf „nicht-arische“ Güter, die versteigert wurden. Dieser Hinweis musste ab 1938 (? Nagelt mich nicht auf das Jahr fest) angegeben werden, war aber gleichzeitig ein verklausulierter Hinweis darauf, dass diese Gegenstände wahrscheinlich günstiger zu haben sind als „arische“.

Ein weiteres Referat zeigte die Datenbanken des Deutschen Historischen Museums in Berlin, bei dem man durch die Sammlung Hermann Görings suchen, alle Karteikarten des Central Collecting Points in München angucken oder sich mit den Stücken des „Sonderauftrag Linz“ befassen kann. Im Central Collecting Point wurden alle Güter der amerikanischen Besatzungszone zusammengetragen; der Sonderauftrag Linz galt einem zu errichtenden Museum in Linz, mit dem Hitler Wien Konkurrenz machen wollte, das ihn ja nicht als Maler hatte haben wollen. (Historisch halbwegs fundierte Küchenpsychologie.)

Ein weiteres Referat befasste sich dann mit der internationalen Provenienzforschung. Das klang in einigen Zeitungsartikeln an, dass Deutschland sich gefälligst mal mehr Mühe geben sollte, wenn’s um Restitution ginge. Ich würde vorsichtig behaupten, dass Deutschland das inzwischen tut, obwohl es der ehemaligen Bundesrepublik ziemlich lange ziemlich egal war und es auch nicht als selbstverständlich oder moralische Verpflichtung ansah; Umfragen Anfang der 50er Jahre sahen Wiedergutmachung nicht als zentrales Anliegen, das änderte sich aber netterweise in den letzten Jahrzehnten. In der DDR widersprach die Restitution der „Politik der Sozialisierung des Volkseigentums“ (1); zusätzlich gingen in den sowjetisch besetzten Gebieten Kunstwerke direkt nach dem Krieg eher in Richtung Moskau als in Richtung Schwerin, Berlin oder Dresden, genau wie komplette Fabriken, wir erinnern uns an die lustigen Reparationen. Auf der Holocaust Era Asset Conference 2009 in Prag wurde erstmals festgehalten, welche Länder sich besonders oder überhaupt nicht hervortun bei der Provenienzrecherche. Die vier Länder, die major progress gemacht haben, sind Österreich, die Tschechische Republik, Deutschland und die Niederlande. Vielleicht überraschend, aber in der letzten Gruppe („countries that do not appear to have made significant progress towards implementing the Washington Conference Principles on Nazi-Confiscated Art“) befinden sich unter anderem Italien und Spanien, denen bekannt ist, dass sie „Raubkunst“ in ihren Museen haben, es aber anscheinend nicht ändern möchten.

In Deutschland gibt es, wie erwähnt, Lost Art als zentrale Anlaufstelle für diese Kulturgüter. Die Datenbank ist zwar nett, hat aber natürlich das Problem, dass sie nur funktioniert, wenn ihr Daten zur Verfügung gestellt werden. Wenn man unter dem Menüpunkt „Datenbank“ weiterklickt zu Bayern – Melder/Fund – Staatliche Gemäldesammlung – Objektgruppen – Malerei (125 Objekte) gelangt man zwar zu einer hübschen Liste, aber die steht auch nur da, weil die Gemäldesammlung jemanden hat, der oder die Zeit und Ahnung hat, diese Liste zu erstellen. Die Gemäldesammlung hat übrigens gleichzeitig 607 Gemälde als vermisst gemeldet. Gegenbeispiel: Das Ministerium für Kultur und Nationalerbe in Warschau hat gerade ein Bild in ganz Polen als vermisst gemeldet, und ich kann mir nicht vorstellen, dass das die Zahl der fehlenden Kunstwerke im Land ist. Das meine ich mit „dafür muss man Zeit, Kenntnisse und Mittel haben“.

Das Musées Nationaux Récupération in Frankreich hat eine recht clever gestaltete Website, bei der man sich durch Kunstwerke klicken und nachschauen kann, ob sie bereits restituiert wurden oder nicht. Hier ist die Startseite, bei der man die teilweise nachlässig gefüllten Raume des Jeu de Paume während der Besetzung von Paris sieht; klickt man einen Raum an, sind dort wiederum die Werke klickbar und sogar perspektivisch entzerrt, so dass man auch so nach ihnen suchen kann. Die Links führen zum errproject, bei dem „20.000 während der deutschen Besetzung in Frankreich und Belgien geraubte Kunstobjekte registriert sind“ (Zitat von hier).

In Österreich liegt die Datenbank beim Nationalfond für Opfer des Nationalsozialismus, in den Niederlanden bei Herkomst Gezocht (Herkunft unbekannt).

Ich beschäftige mich gerade seit vier Wochen mit diesem Themenkomplex und bin durch den Kunstfund von München gleichzeitig fasziniert und abgeschreckt davon, was in dem Bereich passiert bzw. wie die Öffentlichkeit reagiert. Bei den üblichen Verdächtigen im Spon-Forum las ich zum Beispiel, dass man dem Sammler dankbar sein müsste, weil er die Werke vor den Nazis gerettet habe. Okay, Hase: Geh bitte vor die Tür, denk kurz nach und dann komm noch mal rein. Außerdem kamen natürlich des Öfteren die Klassiker „Es muss doch irgendwann mal gut sein“ und „Aber die Russen haben uns auch beklaut“, was beides bei kurzsichtiger Betrachtungsweise berechtigt scheint, was aber die Einzigartigkeit des Holocausts und seiner Begleitumstände verkennt. Wenn man sich durch die diversen Reichsgesetze und Verordnungen liest, wird klar, dass hier eine Volksgruppe systematisch um ihren Besitz gebracht werden sollte. Und wenn wir als Kunsthistoriker und Kunsthistorikerinnen auch nur ein winziges bisschen dazu beitragen können, dieses Unrecht in Ansätzen zu mildern, dann ist es eben nicht irgendwann mal gut, denn es kann nicht irgendwann mal wieder gut sein.

„Der Wert des Lebens ist weder in Ziffern auszudrücken noch in Gold aufzuwiegen. Er ist nicht quantifizierbar und insofern auch nicht verhandelbar. So kommt es, dass mit der Rede über Sachen die Rede über die ermordeten Menschen ersetzt wird. Sie wird diskursiv substituiert. Den restituierten Dingen ist der Schatten der einst über sie verfügenden Menschen eingeschrieben.

Der Genozid zieht eine merkwürdige, eine kategoriale Transformation nach sich: Die Transformation von individuell nicht mehr zu realisierenden privateigentümlichen Ansprüchen in den kollektiven Anspruch einer sich hierfür konstituierenden Körperschaft. Hier handelt es sich um die Körperschaft eines „jüdischen Volkes“, das – als kollektive Rechtsnachfolge erbenlos gemachten individuellen Eigentums – Anspruch erhebt und darin von anderen, vor allem aber von den Beanspruchten, anerkannt wurde. (…)

Das durch den Charakter dieses Genozids individuell nicht mehr restituierbare, erbenlose Eigentum hatte sich aus ethischen Gründen – um das Geraubte nicht einfach den Mördern und Räubern zu überlassen und somit die Aneignung durch Unterlassen womöglich noch zu rechtfertigen – notwendig in ein kollektives jüdisches Gut verwandelt.“ (2)

(1) Goschler, Constantin: Zwei Wellen der Restitution: Die Rückgabe jüdischen Eigentums nach 1945 und 1990, in: Bertz, Inka, Dorrmann, Michael (Hrsg.): Raub und Restitution. Kulturgut aus jüdischem Besitz von 1933 bis heute, Begleitbuch zur Ausstellung des Jüdischen Museums Berlin in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Frankfurt am Main; 19. September 2008 bis 25. Januar 2009 (Berlin), 22. April bis 2. August 2009 (Frankfurt am Main)], S. 30.

(2) Diner, Dan: Restitution. Über die Suche des Eigentums nach seinem Eigentümer, ebd., S. 18/19.

Links vom 3. November 2013

Kunstkataloge online

Open Culture weist auf zwei Museen hin, die einen Berg von Katalogen online und umsonst zum Lesen (sowie teilweise zum Download) anbieten. Das passt zu meiner derzeitigen Vorlesung „Amerikanische Kunst nach 1945“ hervorragend.

Hier geht’s zum Guggenheim-Museum, bei dem man 65 Kataloge online lesen kann. Bei Archive.org findet man die Schätze auch zum Runterladen.

Und im Metropolitan warten ganze 394 Kataloge auf euch.

Vielen Dank an Schneefreundin, die mich per Twitter auf diese Schätze aufmerksam gemacht hat.

Jackson Pollock by Hans Namuth

Wo ich gerade die VL „Amerikanische Kunst“ anspreche – diesen kleinen Film haben wir dort gesehen.

Mehr zu Namuth und Pollock: The Photos That Changed Pollock’s Life aus der NYT.

„’A dripping wet canvas covered the entire floor,’ Namuth recalled in ‘Pollock Painting’ (1980), a book of his photographs. ‘Blinding shafts of sunlight hit the wet canvas, making its surface hard to see. There was complete silence.’ Namuth went on: ‘Pollock looked at the painting. Then unexpectedly, he picked up can and paintbrush and started to move around the canvas. It was as if he suddenly realized the painting was not finished. His movements, slow at first, gradually became faster and more dancelike as he flung black, white and rust-colored paint onto the canvas.’“

The Economist: Nachruf auf Lou Reed

„At Syracuse University (briefly subdued by electric-shock treatment ordered by his parents) he had studied English; after that he went to Pickwick Records to write hit songs to order, which he found he couldn’t do. He approached his lyrics like a novelist, he said, or as Tennessee Williams might have done. Shakespearean echoes were everywhere (though “You can’t be Shakespeare and you can’t be Joyce/So what is left instead/You’re stuck with yourself,” he had concluded).“

Mein liebstes Bild der letzten Tage – Königsplatz my love.

Twitter-Lieblinge Oktober 2013

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Ich war auf dem Oktoberfest:

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