Tagebuch, Dienstag, 16. Januar 2018 – Wärmflasche und Selbstkonditionierung

Gestern war ich für das Home Office sehr dankbar, denn ich konnte vom Schreibtisch aufs Sofa wechseln und dort tippen, mit einer Wärmflasche auf dem schmerzenden Bauch.

Ich trenne berufliches/universitäres Schreiben strikt vom persönlichen; nicht nur thematisch (natürlich), sondern unter anderem auch räumlich. Ich blogge gemütlich auf dem Sofa, gerne in Klamotten, in denen mich nicht mal F. zu sehen bekommt, neben mir eine stets gefüllte Wasserflasche, die an einem Kissen lehnt, vielleicht noch Kaffee oder Tee auf einem Tablett, sehr oft eine Tafel Schokolade in verschiedenen Verzehrstadien. Um mich herum ungeordnete Bücher und Zeitungen, das iPad für die Zwischendurchrunde Hay Day, das iPhone für Candy Crush. Genussvolles Rumlungern halt.

Wenn ich für Geld oder ECTS-Punkte schreibe, sitze ich am Schreibtisch und bis auf die bequeme Stoffhose in einem Outfit, in dem ich auch vor die Tür gehen würde; Stichwort BH, der eigentlich nach den Schuhen das erste Kleidungsstück ist, das ich ausziehe, sobald ich nach Hause komme. Neben mir steht ein Stövchen, auf dem meine Teekanne steht, davor meine Lieblingsteetasse. Links von mir, oben in der Tischecke, das Milchkännchen (statt der ollen Tüte aus dem Kühlschrank) und die Zuckerdose; je nachdem, welchen Tee ich trinke, bediene ich mich daraus. Solange ich noch für Klausuren gelernt habe, habe ich mir das mit einem Keksteller versüßt. Dabei habe ich nicht einfach die Kekse aus der Packung gegessen, sondern einen schönen Teller aus dem Schrank geholt und sie darauf drapiert. Im Moment steht auf meinem Küchentisch, der auch mein Schreibtisch ist, noch eine Blumenvase mit Tulpen. Um mich herum geordnete Unterlagen, mein Notizbuch, das iPhone, das iPad bleibt auf der Couch. Ich sitze vernünftig auf einem arschteuren und herrlich rückenfreundlichen Schreibtischstuhl anstatt mich auf Sofakissen zu fläzen und arbeite. Und so soll sich das auch anfühlen. Nach Arbeit, aber in einer angenehmen Umgebung.

Da ich kein Arbeitszimmer habe, bemühte ich mich von vornherein sehr, mir einen Teil meiner 1-Zimmer-Wohnung so einzurichten, dass er „Arbeit“ sagt und sich deutlich von dem Teil unterscheidet, der „Freizeit“ sagt. Ich finde es wichtig, nicht nur geistig irgendwann abzuschalten und Mittagspause oder Feierabend zu machen, sondern auch körperlich. Deswegen die räumliche Trennung, sofern sie möglich ist.

Ich mochte meine Wohnung schon in dem Moment, in dem ich sie das erste Mal sah, weil ich wusste, dass die Küche groß genug für einen anständigen Tisch ist, der nicht nur mein Ess-, sondern auch mein Arbeitsplatz ist. Ich finde kaum etwas ungemütlicher als einen Schreibtisch im Schlafzimmer haben zu müssen. Mein Zimmer ist mein Freizeitraum mit Bettsofa und 1000 Büchern und Kerzen und indirektem Licht, meine Küche ist mein Arbeitsplatz mit anständigem Bürostuhl und guter Schreibtischlampe. Unter dem Tisch liegt ein Teppich, der diesen Bereich damit gefühlt von der mit Linoleum ausgelegten Küche trennt. Auch die Wandfarbe ist eine andere, weiß für den Arbeitsbereich, grau für die Küche. Deswegen fühlt sich meine Wohnung für mich auch nach mehr als nach einer 1-Zimmer-Wohnung an. Alles richtig gemacht.

Seit Montag grummelt leider mein Bauch vor sich hin, was ich gestern aber halbwegs in den Griff bekommen habe. Trotzdem fiel es mir schwer, aufrecht am Tisch zu sitzen, weil ich meine geliebte Wärmflasche nicht vernünftig am Körper befestigen konnte, weswegen ich erstmals in dieser Wohnung die heilige Regel – hier wird gearbeitet, dort wird rumgelungert – brach. Das war irgendwie okay, aber ich hatte die ganze Zeit auf dem Sofa ein schlechtes Gewissen. Das habe ich ja schön hingekriegt mit meiner Selbstkonditionierung: den ganzen Tag gearbeitet, aber dauernd gedacht, ich arbeite ja gar nicht.