Tagebuch Donnerstag, 24. Januar 2019 – Im Stadtmuseum

Irre spät im Bett gewesen, erst gegen eins, aber ich konnte mich nicht von Herrn Zweig lösen. Je länger ich ihn lese, desto mehr fällt mir auf, dass in seiner Welt anscheinend überhaupt keine Frauen existierten. Das irritiert mich mehr und mehr, dass er wirklich nur über Männer und ihre Bücher, Kompositionen, Artikel, politischen Aktionen schreibt. Aus der Wikipedia weiß ich, dass der Mann 1920 heiratete; noch sind wir im Ersten Weltkrieg, also vielleicht ändert sich das nach verdammten 300 Seiten endlich. Schnauf.

Auf meinem Schreibtisch liegt gerade leider gar nichts (total eigennütziger Hinweis auf freie Kapazitäten – hallo, mitlesende Agenturen!). Ich stand trotzdem brav um 7 auf, bastelte mir ein hervorragendes Heißgetränk, bestellte effizient meine digitale Farm, las das Internet quer und fuhr dann mit der U-Bahn zu meiner Hausärztin, um mir ein neues Rezept für meine Standarddrogen zu holen.

Danach spazierte ich in Richtung Ohel-Jakob-Synagoge, über deren Gestalt ich mich immer freue. Über die anscheinend notwendigen Sicherheitspoller allerdings weiterhin überhaupt nicht.

Ich bummelte über den völlig leeren Viktualienmarkt und später über den ebenso leeren Marienplatz. War irgendwas? Wo sind die Touris?

Zwischen Synagoge und Marienplatz kehrte ich aber erst einmal im Münchner Stadtmuseum ein, wo ich mir eine Ausstellung für unseren Podcast ansah, den wir am Samstag aufnehmen wollen. Ich breche hier mal unser ungeschriebenes Gesetz, vorher nicht zu verraten, was wir machen bzw. worüber wir sprechen, aber ich glaube langsam, dass das Blödsinn ist. Also: Wer sich vielleicht bis Sonntag noch die Ausstellung Land_Scope anschauen will, der sollte das tun, dann kann er oder sie uns nämlich Sonntag (oder Montag) wissend zuhören.

Mehr verrate ich allerdings noch nicht; wer wissen möchte, ob es mir gefallen hat, muss noch ein bisschen warten. Ich ahne, dass ich auch diese Verschwiegenheit irgendwann brechen werde.

Nach erledigter Arbeit (ja, das ist für mich Arbeit) ging ich zum Kaufhof am Marienplatz, um mir endlich einen neuen Rucksack zu kaufen. Mein schöner Lederrucksack ist leider völlig runtergerockt und reißt neuerdings auch an einer Naht immer weiter auf. Ich meine, den habe ich mir gekauft, als ich noch festangestellt war, also vor Anfang 2008. Ich finde, er hat eine gute Zeit durchgehalten und darf jetzt erstmal in den Wandschrank. So richtig kaputt ist er nicht, und vielleicht kann ich ihn noch aufhübschen lassen. Aber ich wollte trotzdem wieder einen leichteren Rucksack, und gestern fand ich endlich einen, der mir gefiel und halbwegs bezahlbar war.

Danach spazierte ich zur Stabi, um ein Buch abzugeben. Von dort aus nahm ich dann den Bus nach Hause, genug rumgelaufen. Da bereitete ich mich auf einen Termin vor, den ich heute vormittag habe, und damit war der Tag dann auch schon fast wieder rum.

Die Musik zu den gestrigen Tagen: Für Mittwoch stand Carl Maria von Weber (Augenrollen) auf dem Programm, und dann auch noch ein Klarinettenkonzert (noch mehr Augenrollen). Klarinette ist so ein bisschen mein Hass-Instrument, ich mag den Klang überhaupt nicht, und nach den ersten ach so lustig-hüpfenden Tönen des Allegrettos dachte ich auch nur, ächz, wasn Kack, gleich vorskippen. Aber nein, das tat ich natürlich nicht, den genau das ist ja der Sinn dieses Buchs bzw. dieser Playlist – neue Stücke hören. Also hörte ich weiter zu – und muss leider zugeben, dass mich der olle Weber mit seiner ollen Klarinette und SEINER OLLEN GUTEN LAUNE dann doch irgendwann hatte. Und: Bei 3:30 hört es sich total nach „House of Cards“ an! Aber nur für zehn Sekunden, dann tiriliert wieder dieses blöde Blasinstrument durch die Gegend.

Gestern gab es dann William Byrds Agnus Dei, und da war ich dann doch ein bisschen zickig drauf. Ich mag diese Choräle wirklich gerne, aber jetzt hatte ich doch gerade so gute Klarinettenlaune! Den Übergang fand ich doof. Brav durchgehört, aber mit dem Kopf nicht dabeigewesen. Lieber nochmal die Trauermusik von Hindemith von vor ein paar Tagen angeklickt und mit dramatischen Gesten am Schreibtisch begleitet.