Was schön war, Freitag, 18. August 2017 – Saisoneröffnung
Vormittags traf ich mich mit einer Bekannten, die ich, wenn ich mich richtig erinnere, nur zweimal persönlich in Hamburg gesehen hatte; seitdem folgen wir uns auf diversen sozialen Kanälen, und jetzt war die Dame halt in der Stadt und hatte mich gefragt, ob ich Lust auf ein kurzes Treffen hätte zwischen Kinderferienprogramm und beruflichen Verpflichtungen. Hatte ich. Wir saßen bei Tante Emma, genossen Milchkaffee und diskutierten augenrollend Politik, bis uns auffiel, dass wir ja mal über was Nettes sprechen könnten: „München?“ „München!“
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Danach radelte ich zur Unibibliothek, wo ein Buch auf mich wartete. Ich hatte mich an Irmtrud Wojaks Biografie über Fritz Bauer etwas verhoben; das Buch ist zwar irrsinnig ausführlich, aber genau das macht es nicht so recht lesbar. Wenn ich eine Hausarbeit über Herrn Bauer schreiben müsste, wäre das Ding perfekt, weil ich querlesen und nach Stichworten suchen könnte, ein Lesevergnügen ist es allerdings nicht. Daher versuche ich es jetzt mit Ronen Steinkes kürzerem Werk, das mir ein freundlicher Follower auf Instagram empfohlen hatte.
Bei der Buchabholung kam ich mir etwas seltsam vor, denn ich bin ja im Prinzip mit dem Studium fertig. Irgendwie fühlte ich mich nicht mehr richtig zugehörig. Das ändert sich hoffentlich wieder, wenn mein Ausweis zum Promotionsstudium im Briefkasten liegt.
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Zuhause wartete im E-Mail-Postfach die offizielle Bestätigung, dass ich meine Masterprüfung bestanden hätte und mir nun entweder mein Zeugnis im Prüfungsamt abholen oder es mir im Oktober feierlich überreichen lassen könnte. Ich nehme den Oktober. (Und stecke mir dann die vorgestern gekaufte Absolvente in die Hosentasche.)
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Abends fuhr ich in die Allianz-Arena, wo der FC Bayern die neue Bundesligasaison gegen Leverkusen eröffnete.
Ich teile mir in dieser Saison eine Dauerkarte für den FC Augsburg und wollte daher eigentlich gar nicht mehr in die Allianz-Arena, auch aus finanziellen Gründen. Der ehemalige Mitbewohner, mit dem ich vorgestern einen kleinen Powerlunch eingelegt hatte, mochte aber seine Dauerkarte nicht nutzen und fragte, ob ich vielleicht … und als er fragte, merkte ich, dass ich doch große Lust hatte.
Gestern waren es tagsüber in München über 30 Grad, für den Abend waren aber eine Abkühlung auf unter 20 Grad sowie Gewitter und Regen angesagt. So zog ich feste Schuhe und Hosen an anstatt Rock und Sandalen, die für 30 Grad eindeutig passender waren, und schleppte meine Regenjacke mit, die ich bisher nur beim Walken im Frühjahr bei Nieselregen angetestet hatte. Ich stellte befriedigt fest, dass das traditionelle Stadion-Suhrkamp perfekt in die Innentasche passte. Beim FCA darf man noch Rucksäcke mit in die Arena nehmen (ich frage mich bei jedem Spiel, wie lange noch), beim FCB seit letzter Saison nicht mehr. Daher habe ich mir angewöhnt, alles in Hosen- und Jackentaschen unterzubringen oder eine kleine, alberne Handtasche über dem Trikot zu tragen, in der Sonnenbrille und Baseballcap Platz finden, die ich vor allem in Augsburg brauche, weil man da bei 15.30-Uhr-Spielen irgendwann halt Sonne abkriegt.
Gestern war es netterweise ein 20.30-Uhr-Spiel, das heißt, ich konnte auf die Tasche verzichten und stopfte mir Labello, Asthmaspray, Schüsselbund, Dauerkarte und Allianz-Arena-Bezahlkarte (die ich nie benutze) in die eine Hosentasche sowie das iPhone in die andere. In der hinteren Hosentasche landeten ein Notfallgeldschein sowie Perso, Studiausweis und Semesterticket, die man zusammen vorzeigen muss, damit das Semesterticket gilt. Nicht, dass ich jemals auf dem Weg ins Stadion kontrolliert worden wäre, aber man weiß ja nie.
Ich erwischte eine halbwegs leere Bahn am Sendlinger Tor und genoss Sitzplatz und Suhrkamp. Beim Weg die Esplanade hoch hielt ich vergeblich Ausschau nach den neuen Pollern, die dafür sorgen sollten, dass man nicht mit dem Auto auf eben diese Esplanade fahren kann, was ja gerade wieder fürchterliche Aktualität hat. Als ich am Stadion ankam, war ich latent angeschwitzt, aber richtig schwitzte ich erst in der anscheinend unvermeidlichen Schlange an den Einlasstoren. Dieses Mal stand ich hinter zwei Herren, die Sonnenblumenkerne kauten und die Schalen irgendwie seitlich-rückwärts wegspuckten. Der eine von beiden hatte sich für diese Tätigkeit seinen Kaugummi hinters Ohr geklebt.
Ich drängelte mich elegant in eine andere Schlange.
Eine knappe Viertelstunde vor Anstoß war ich am Platz. Eigentlich war ich latent genervt von der Hitze und dem ollen Einlass, aber sobald ich saß, meinen üblichen Dauerkartennachbarn zur Rechten begrüßt und einen neuen Nachbarn zur Linken festgestellt hatte, mich umschaute und durchatmete und ankam und die Stadionregie netterweise (zunächst) nicht das beknackte Forever Number One, sondern Diese Tage voller Sonne spielte, merkte ich doch, wie groß die Freude darüber war, wieder hier sitzen zu können.
Den Spielbericht schenke ich mir; erwähnenswert war aber dann doch das Gewitter sowie der starke Regen, der Ende der ersten Halbzeit einsetzten. Zunächst wurde es deutlich windiger, was mir kleinem verschwitzten Wuschel sehr gut gefiel. Dann wurde es schlagartig kühler und ich überlegte noch, ob ich mir die Jacke anziehen sollte, als die ersten Tropfen mich erwischten, die blitzschnell zu Dauerregen wurden. Normalerweise ist der Mittelrang halbwegs sicher, auch wenn mal Regen reinweht. Ich sitze in der ersten Reihe, weswegen ich damit rechnete, etwas abzubekommen, aber auf diese Massen an Wasser war ich nicht vorbereitet. Der Unterrang flüchtete nach wenigen Sekunden ins trockene Arena-Innere und füllte sich auch bis Spielende nicht mehr so recht, der Oberrang hatte es warm und gemütlich – und meine Mitsitzer und ich waren mittendrin. Ich stellte befriedigt fest, dass meine Regenjacke absolut dicht hielt. Meine Hosen waren allerdings relativ schnell nass, aber: Die lustigen Zaunfahnen bzw. Transparente, die an den Rängen befestigt waren, wurden nun zweckentfremdet. Sie wehten eh die ganze Zeit hoch, so dass wir sie irgendwann nach innen rollten und als perfekte Regendecke nutzten. Fünf Minuten vor der Pause wurde der Regen allerdings so stark, dass sich auf ihnen in Sekunden der Regen sammelte; ich konnte sie kaum noch halten und auch meine Kapuze war dauernd dabei, weggeweht zu werden, also trat ich den Gang ins Innere an wie meine Nachbarn auch.
Die zweite Halbzeit begann mit einer Viertelstunde Verspätung. Die Südkurve – jedenfalls der männliche Teil davon – war längst oberkörperfrei und sang bei prasselndem Regen „Oh, wie ist das schön“. Die Stadionregie brauchte ewig, um wenigstens „Why does it always rain on me“ anzuspielen, und erst kurz vor dem Wiederanpfiff kam endlich „Thunderstruck“. Das geht noch besser, Kinnings.
Ich gehöre seit letzter Saison zu den Leuten, die sofort mit Abpfiff aus dem Stadion gehen und nicht mehr beim Bierchen darauf warten, dass die U-Bahnen leerer werden. Ich habe nämlich gemerkt, dass man auch so prima einen Sitzplatz kriegt, wenn man zuguckt, wie auf dem einen Bahnsteig die Bahnen halten und sich dann auf dem gegenüberliegenden genau an der Stelle platziert, wo die Türen sich öffnen werden. Man wartet, wenn’s hochkommt, fünf Minuten, steht direkt an der Tür, wenn die nächste Bahn einfährt und kommt entspannt rein. Gestern klappte auch der Umstieg in den Bus (statt U-Bahn wegen Baustellenarbeiten) auf die Sekunde genau, und ich war ebenso entspannt zuhause. Allerdings gleichzeitig verschwitzt und nass. Egal. Schön war’s.