Tagebuch Dienstag/Mittwoch, 18./19. August 2020 – Hefeteig, Wespenwatch und Apfelklößchen
Der Nachbar brachte vorgestern einen Eimer Falläpfel rüber, und das Mütterlein schlug Apfelklößchen als gestriges Mittagsmahl vor. Die hatte ich seit Kindertagen nicht mehr gegessen, dieses Essen war überhaupt nicht mehr auf meinem Radar, aber den Geschmack hatte ich sofort wieder auf der Zunge. So verbrachte ich eine Stunde damit, teilweise angematschte Äpfel zu schälen und in kleine Stückchen zu schneiden, nachdem Mama die ganzen Wespen verscheucht hatte, vor denen ich immer noch vermutlich zu viel Respekt habe. Scheißviecher.
Zwei Drittel des Apfelstückchenbergs wurde zu Apfelmus, das andere Drittel mischte ich mit drei Eiern (eins pro Esser:in laut dem Mütterchen, wobei ich das beim nächsten Mal vielleicht etwas reduzieren würde) und „so viel Mehl, bis der Teig gut aussieht“. Ich kippte Mehl in die Masse, rührte, befand den Teig für zu flüssig, kippte, rührte, befand, kippte usw. Irgendwann war der Teig ein zäher Brocken, aus dem ich mit zwei Esslöffeln eine Art Nocke abstechen konnte, die dann in kochendes Wasser umgesiedelt wurde. Nach wenigen Minuten erschien mir der Kloß fertig. Als alle Klöße gekocht waren, wurden sie in Butter gebräunt, und zum Servieren gab es haufenweise Zimt und Zucker drüber. Ganz hervorragend.
Vorgestern wühlte ich wieder in altem Kram und stieß auf einen Karton mit Omas Handarbeitsunterlagen. Ihr Nähkästchen schleppe ich seit Jahrzehnten von Wohnung zu Wohnung und habe es in diesem Jahr erstmals vernünftig benutzt, nämlich zum Mundschutznähen, was dazu geführt hat, dass ich inzwischen eine Nähmaschine besitze. In diesem Karton lagen ein paar alte Handarbeitszeitschriften, in denen ich mich durchaus an Kleidungsstücken begeistern konnte. Leider sind die Schnittmuster nicht mehr im Heft, danach wurde auf Twitter schon gefragt, als ich die Bilder dort postete.
Beyers Handarbeit und Wäsche – Strickmoden 6 (1956).
Burda Moden Dezember 1968.
Gestern kauften das Mütterlein und ich gemeinsam ein. Ich darf das neue Auto nicht fahren, wegen der Versicherung und so, Mist, darauf hatte mich schon gefreut, aber jetzt war ich halt nölige Beifahrerin. Wir brachten unter anderem Zwetschgen mit (Sonderangebot!), die aber nicht auf einen Kuchen sollen – ich bemerkte vorsichtig, dass Kuchenbacken bei 30 Grad vielleicht nicht so der Bringer sei. Wir sprachen dann kurz über das ewige Streitthema „Zwetschgenkuchen als Hefe- oder als Rührteig“ und Mama erwähnte, dass es das Backwerk – natürlich mit Hefe – früher für die Helfer:innen bei der Kartoffelernte gegeben habe. Mit Hefe, denn: „Hefeteig ist ein armer Teig“, da kommen deutlich weniger Eier und Fett hinein. Auch noch nie drüber nachgedacht. Ich überlege seitdem, ob man die Vorliebe für den einen oder den anderen Teig lokalisieren kann: Landbevölkerung eher Hefe, Städter:innen eher Rührteig?
Vom Einkaufen brachten wir daher fertigen Kuchen vom Bäcker mit, weswegen mich die Wespen derzeit auch nerven: Ich weiß nicht, ob Papa es mitkriegt, wenn eine von den Viechern auf seinem Kuchen sitzt bzw. in seiner Teetasse hängt. Falls er gestochen wird und er möglicherweise ärztliche Hilfe braucht, wird das schwierig: Wir kriegen ihn nicht ohne Hilfe vom Bett in den Rollstuhl und von da sowieso nirgends anders mehr hin, erst recht nicht ins Auto, das wegen seines hohen Einstiegs überhaupt erst angeschafft wurde, aber das war wohl eher Wunschdenken. Falls ihm etwas passiert, brauchen wir einen Rettungswagen. Deswegen sind Mahlzeiten momentan etwas unentspannt für mich, weil ich dauernd auf Insektenwatch bin. Vermutlich übertrieben, aber ich bin halt ein Schisser.
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Gestern abend wollte ich eigentlich gerne mit dem Väterchen Fußball gucken, wie ich das aus Kindheitstagen kenne. Bayern gegen Lyon lief nicht im Free-TV, und da meine Eltern immer noch kein Internet haben, suchte ich einen total legalen Stream per Handy-Hotspot. Der Empfang ist leider ausgerechnet im Zimmer von Vaddern eher unterirdisch – Edge kenne ich sonst nur aus Zügen. So guckte er wie gewohnt Naturdokus im Fernsehen, ich saß in der Küche bei LTE und berichtete die Spielstände. Beim 3:0 schlief er allerdings schon.