Tagebuch Montag, 8. Februar 2021 – Außerplanmäßige Date Night mit außerplanmäßig viel Wein, aber zurzeit sollte man Feste feiern wie sie fallen und
Tagsüber eher unkonzentriert an der Diss gesessen, drei Teile noch einmal unter die Lupe genommen und Dinge gekürzt, aber so ganz war ich nicht bei der Sache.
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Nachmittags länger mit dem Mütterlein telefoniert, etwas trauriger und mutloser geworden. Ich hatte gehofft, dass Menschen, die zuhause gepflegt werden, ähnlich schnell geimpft werden wie Menschen in Pflegeheimen, und wenn man schon mal da ist, werden die Angehörigen gleich mitgeimpft, das wäre so praktisch. Das scheint aber momentan wegen der Kühlkette des Impfstoffs und der Anzahl an Dosen in einer Ampulle eher nicht zu gehen (danke an Twitter für die Auskünfte, ich konnte nichts ergoogeln). Im Schreiben, das meine Mutter erhalten hat, wird ihr geraten zu warten, bis die Impfstoffe leichter zu transportieren und zu verabreichen sind, dann könnte das der Hausarzt machen.
Ich muss gestehen, mein sehr standhafter Glaube an deutsche Effizienz hat schon sehr unter BER und der Elbphilharmonie gelitten, und diese Impfkampagne macht es nicht besser. Obwohl ich das mit dem Impfstoff natürlich einsehe.
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Das Mütterlein von F. hatte sich am Wochenende nach Monaten mal wieder in die Nähe eines Jamei-Ladens gewagt und uns ungefähr zehn Kilo Käse mitgebracht. Daher saßen F. und ich gestern außerplanmäßig an einem Montag zusammen in der Küche und gönnten uns zu meinem endlich mal RICHTIG gut gewordenem Weizensauerteigbrot (Porung, Zähigkeit, Geschmack, alles top) den Münchner Hausleib vom Brantner, zum Nachtisch ein paar Stückchen Schokolade von Truly Chocolate und sprachen einen Hauch zu viel dem Wein aus meinem Broeding-Paket zu. Aber das tat sehr gut und wir wollten einfach nicht damit aufhören, dass irgendwas gut tut.
Noch ein Geständnis: Meine Angst vor Corona gilt nicht nur den Langzeitschäden, dem eventuellen Krankenhausaufenthalt oder all dem anderen Scheiß, den das Virus noch so mitbringt. Meine Angst gilt hauptsächlich dem Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn. In den letzten Jahren habe ich immer und immer wieder gemerkt, wie sehr mich tolles Essen und gute Weine glücklich machen (oder ein Wurstbrot und ne Coke Zero). Und gerade jetzt, wo mich keine Bibliotheken und Museen glücklich machen können, backe ich besinnungslos einen Kuchen nach dem anderen, weil es gut tut. Nicht nur das Backen, sondern vor allem das Genießen, nachmittags, wenn die Arbeit fast erledigt ist, die Espressomaschine heizt seit Stunden vor und produziert eins a Schaum (neuerdings Hafermilch, geht erstaunlich gut), und dann gehe ich kurz mit Flat White und Kuchen auf die Couch, gucke aus dem Fenster, gerne in den Schneefall, und lasse es mir ganz kurz ganz gut gehen.
F. und ich sprechen immer noch über das Lamm beim ersten gemeinsamen Tantris-Besuch, von der Brandade mit Kaviar bei Filippou in Wien, ab und zu von der Stadionwurst in Augsburg, aber das ist ein anderes Level, und wir freuen uns jetzt schon auf den ersten Urlaub als Geimpfte, denn der wird in Wien stattfinden, und wir werden länger da bleiben als je zuvor, jede Weinbar mitnehmen, jedes Backhendl, jeden Würstlstand und irgendwann in Schönbrunn auf einer Bank sitzen und lesen und nichts tun. Das wird toll. Und dafür würde ich sehr gerne etwas schmecken können, weswegen ich weiter zuhause bleibe, meinen Lebensgefährten (eigentlich) nur einmal in der Woche sehe, auch im Treppenhaus eine Maske trage und Menschen auf dem Bürgersteig ausweiche, diesen verdammten Nervensägen.