Inside Man
Inside Man (USA 2006, 129 min)
Darsteller: Denzel Washington, Clive Owen, Jodie Foster, Willem Dafoe, Chiwetel Ejiofor, Christopher Plummer
Musik: Terence Blanchard
Kamera: Matthew Libatique
Drehbuch: Russell Gewirtz
Regie: Spike Lee
Denzel Washington sagt es im Trailer ganz richtig: “This ain’t no bank robbery.” In Inside Man geht es zwar vordergründig um eine Bande, die eine ganz bestimmte Bank überfällt, aber um was es in Wirklichkeit geht, erfährt man erst nach und nach.
Der Film hangelt sich ziemlich spannend an den altbekannten Zutaten entlang: der Überfall, die panischen Geiseln, der Unterhändler der Polizei, der mit den Gangstern kommunizieren soll, und zum Schluss natürlich die Auflösung: die Befreiung der Geiseln. Aber Inside Man kann jeder dieser Zutaten eine kleine, besondere Wendung geben. Der Überfall hört nicht damit auf, dass die Geiseln ruhig gestellt werden, sondern sie werden in den Plan miteinbezogen. Auch kann man sich selten sicher sein, wirklich eine Geisel vor sich zu haben, so gut schaffen es die Gangster, die Eingeschlossenen und uns als Zuschauer zu verwirren. Selbst die Befreiung läuft anders ab als man es erwartet.
Fehlt nur noch der Unterhändler. Denzel Washingon ist nicht der typische beherrschte Polizist, der den Gangster sofort durchschaut und die üblichen Psychospielchen mit ihm treibt. Das könnte auch an seinem Gegner liegen: Clive Owen ist der undurchsichtige Bankräuber, bei dem man von Anfang an das Gefühl hat, es ginge ihm um weit mehr als Geld. Die beiden Charaktere ergänzen sich in ihrer Intelligenz und Tatkraft, und es macht sehr viel Spaß, ihnen beim geistigen Armdrücken zuzuschauen. Den Reigen der guten Darsteller komplettieren Christopher Plummer als Besitzer der Bank, dem an einem bestimmten Schließfach sehr gelegen ist (ratet, wem noch) und der zum Schutze desselben Jodie Foster beauftragt, sich darum zu kümmern. Ihre Figur ist ein bisschen schwer nachzuvollziehen. Ich gebe zu, ich habe mich sehr gefreut, sie mal wieder in einer knallharten Rolle à la Clarice Starling zu sehen, aber warum sie nun die Machtposition hat, die sie eben hat, wurde nicht erläutert. Sie ist einer dieser „Friss oder stirb“-Drehbucherfindungen. Ich hab sie mal gefressen, denn sie bot einen zusätzlichen spannenden Aspekt. Jedenfalls hab ich noch nie in einem Bankräuberfilm gesehen, dass mal eben jemand in die belagerte Bank spaziert und den Anführer versucht zu bestechen.
Inside Man fühlt sich zwar wie klassisches Erzählkino an, schweift aber des Öfteren mal ab. Zum Beispiel zu einer kleinen Diskussion um einen Sikh, der stets für einen Araber gehalten wird und der ohne seinen Turban nichts sagen will. Oder zu einem kleinen Polizisten, der sich ausgerechnet bei Washington über die „Nigger“ beschwert. Man merkt ab und zu, dass Spike Lee Regie geführt hat, wenn auch seine sozialkritische Handschrift nicht übermäßig zu Tage tritt. Seine wunderbare Optik herrscht aber auch hier; viele kleine Finessen unterhalten, angefangen von den grobkörnig inszenierten Befragungen der Geiseln (?), die sich mit dem realen Geschehen mischen, bis zu den „Dolly-Shots“, bei denen die Akteure gleiten statt gehen. Im Mittelteil verliert der Film etwas an Tempo; man spürt fast den Übergang vom hektischen Tag zur hereinbrechenden Nacht. Das Ende wird dann wieder etwas zügiger, aber ein paar Minuten weniger hätten dem Film gut getan. Und natürlich weniger Plotlöcher, die bei einem derart ausgeklügelten Plan fast zwangsläufig vorkommen müssen, allen voran der Inhalt des erwähnten Schließfachs, bei dem man sich sofort fragt: Was hebst du den Quatsch auch auf, du Trottel?
Inside Man ist keine Neuerfindung des Films, aber sicherlich eine sehr willkommene Auffrischung des Räuber-und-Gendarm-Genres. Die Figuren sind stimmig, die Schauspieler gut, die Optik faszinierend anzuschauen, und kleine Gimmicks wie zeitliche Sprünge lassen die Erzählweise nicht zu einfach werden. Schlau, spannend, gut. Angucken.