„In der Bettenabteilung standen die Fans Schlange. Es gab Alba-Basketbälle, Alba-Kissen, Alba-Fahnen. Es gab riesige Femerling-Pappaufsteller, Femerling-Poster, ein Femerling-Gewinnspiel. Es gab ein Glücksrad. Ein paar Cheerleader begrüßten den Kapitän.
‘Endlich gibt es Betten, die uns gewachsen sind’ stand auf einem Poster. Das Alba-Bett war ein Sonderanfertigung und stand mittem im Möbelhaus, ein Monstrum in Türkis und Gelb, 2,40 mal 2,40. Der Albatros, das Berliner Maskottchen, saß auf der Bettkante und ließ sich fotografieren. Einer der Männer winkte dem Moderator, einem solariumverbrannten Mittvierziger mit ‘Hansi’ auf dem Namensschild. Er trug bunt karierte Cowboystiefel und schweren Silberschmuck. ‘Der Kapitän per-sön-lich!’, annoncierte er in sein kabelloses Mikrofon. ‘Patrick Femerling, ein ganz großer Typ!’ Hansi betonte jedes Wort, als wäre es das wichtigste Wort des Satzes, er hatte eine Losbudenstimme, einen Autoscootertonfall. ‘Das ist ja einfach der Hammer hier und heute!’ Er hob den Daumen und führte uns zu einem vorbereiteten Tisch. ‘Zett, zett, meine Damen’, sagte er, ‘zügig, zügig!’
Femerling schüttelte Hände, lächelte und schrieb in aller Ruhe Autogramme. ‘Für den lieben Bernd zum Geburtstag’, schrieb er, und ‘Für Martina’. Ein Koch in Küchenuniform stand in der Schlange, rotes Halstuch, Blutflecken und das Firmenmännchen auf der Kochbrust. Ein paar Türkenjungs drängelten sich vor, Katja von der Beeck war auch hier wieder dabei und wartete geduldig. Femerling führte den ewigen Größendialog, er schluckte die Kommentare zur Saison. ‘Ihr müsst mal gewinnen, Alter, ihr seid Berlin, Digger!’, sagte ein Zwölfjähriger mit Lederjacke und Schnurrbart. ‘Alter, wenn ich so groß wär’ wie Sie, würde ich den so stopfen, boom!’ Femerling wurde ein Piccolo angeboten, aber er blieb beim mitgebrachten Kaffee. Manchmal zeichnete er seinem Gesicht auf der Autogrammkarte Brillen und Schnurrbärte und Augenklappen. Ich hielt mich abseits und schrieb mit. ‘Ist das dieser Nowitzki?’, fragte eine ältere Dame, die eine Zonenschaummatratze probelag. ‘Nee’, sagte ihr Mann, ‘Nowitzki is Handball, gloob ick.'”
Thomas Pletzinger, Gentlemen, wir leben am Abgrund: Eine Saison im deutschen Profi-Basketball. Durchgelesen, geliebt. Kaufen, bitte.
Und wer noch nicht weiß, ob Alba letzte Saison Meister geworden ist oder nicht, einfach nicht auf die Rückseite des Buchs gucken, ihr SPACKOS von KiWi. Ich wusste es wirklich nicht und hatte mir vorgenommen, auch nicht zu googeln. Ich wusste es deshalb nicht, weil mir Basketball bis vor vier Tagen, als ich mit dem Buch anfing, völlig egal war. Mitten im Lesen begann ich, in der Wikipedia so lustige Sache wie Pick & Roll nachzuschlagen und was ein Point Guard überhaupt ist. Gestern abend habe ich ein College-Basketballspiel auf ESPN gesehen. Morgen abend gucke ich Bayreuth gegen Alba. Und weil ich Vereinsmitglied bin, achte ich jetzt natürlich auch darauf, wo der FC Bayern München so in der Tabelle steht.
Verdammte Bücher. (Lovin’ it.)