„Im nächsten Leben werd’ ich Spielerfrau“
„’Der Fußball hat uns natürlich vieles schneller ermöglicht, als es normalerweise der Fall wäre. Sicherlich profitiere ich auch vom Ruhm meines Mannes. Das fängt klein an, in irgendwelchen Lebensmittel- oder Metzgerläden, da bekommt man bessere und schönere Stücke’, sagte einmal Brigitte Friedrich, Ehefrau von Jürgen Friedrich vom 1. FC Kaiserslautern. Das war 1971. Damals dreht Peter Jochen Degen, Sportjournalist beim SWR, einen Film über Spielerfrauen. Eva im Abseits hieß die siebeneinhalbminütige Reportage. Degen wollte damals wissen, was das für Frauen sind, die mit den Lizenzspielern verheiratet sind, ob sie vom Ruhm etwas abbekommen, wie sie leben und wie sie die Zukunft sehen.
40 Jahre später wirkt dieser Film wie ein von Loriot inszenierter Sketch. Und trotzdem: Vieles hat sich bis heute nicht geändert. (…) 40 Jahre später klingt das so: ‘Piotr (Trochowski – Anm. Anke) findet es schön, wenn ich Essen mache und mich um den Haushalt kümmere. Er schränkt mich aber nicht ein, wenn ich arbeiten wollte, könnte ich das. Aber andererseits habe ich eine Weile mal auf Partys an der Kasse gearbeitet, und da kamen dann so Sprüche: Ist dein Freund so geizig, dass du arbeiten gehen musst …?! Also wenn ich nicht arbeite, dann will ich ihn nur ausnutzen, und wenn ich arbeite, dann heißt es, er ist geizig’, sagt Melanie Trochowski und verdreht die Augen. (…) ‘Wenn eine Frau zuhause bleibt, wird sie als dumm dargestellt.’
Aber warum? Warum muss sich Melanie Trochowski rechtfertigen, dass sie Hausfrau ist? Sie sagt sogar ausdrücklich: ‘Ich bin Hausfrau.’ Sie hat kein Problem damit. Auf jeden Fall ist es ihr lieber, als zu sagen: ‘Ich bin Spielerfrau.’ (…)
Während Rebecca Loos stolz von ihrer Affäre mit David Beckham berichtete und letztlich nur profitierte – ihrer Karriere als Schauspielerin und Sängerin kam die Publicity durchaus zugute –, war Victoria Beckham nicht nur die öffentlich Gedemütigte, sondern auch die, der man die meiste Schuld an der ganzen Geschichte gab. Weil sie nicht, wie es von einer Spielerfrau erwartet wird, bei ihrem Mann in Spanien weilte, sondern in England geblieben war.
Als ‘Spielerfrau’ ist ihre Hauptaufgabe doch klar definiert: Vor allen Dingen soll sie ihren Mann unterstützen. Und Victoria Beckham kümmerte sich zu der Zeit, als David in Madrid spielte, offenkundig viel zu sehr um ihre eigenen Belange. ‘Vielleicht nicht mehr als jede andere Ehefrau auch, aber bei Spielerfrauen wird ein ganz anderer Maßstab angesetzt’, schreibt Jennifer Bullen in ihrer Doktorarbeit (über Spielerfrauen – Anm. Anke). (…)
Dass Frau Seeler eine selbständige, starke Frau war, die im Hause Seeler die Entscheidungen in die Hand nahm, streitet sie nicht ab. ‘Und wenn ich das manchmal übertrieben habe, mit meiner Selbständigkeit, wenn Uwe gemeckert hat mit mir (‘Du willst immer alles alleine entscheiden!’), dann habe ich ihm nur gesagt: ‘Mäuschen, du wolltest das so, du wolltest eine starke Frau’, berichtet sie im Hamburger Abendblatt. Auch Uwe Seeler macht seine Scherze darüber: ‘Ich entscheide über die großen Dinge bei uns, meine Frau entscheidet über die kleinen, und was große und was kleine Dinge sind, bestimmt meine Frau’, erzählte er im WDR anlässlich seines 70. Geburtstags am 5. November 2006.“
Christine Eisenbeis, Im nächsten Leben werd’ ich Spielerfrau: Ein Phänomen wird abgeschminkt