Marie Antoinette
Füchterlich. Marie Antoinette kann sich nicht entscheiden, ob er ein Historienfilm sein will (dafür nervt dann aber die zu oft eingesetzte moderne Musik) oder die ironische Brechung eines Historienfilms, z.B. durch den Einsatz moderner Musik (dafür nerven dann aber doch die sehr traditionelle Erzählweise, die vielen bunten Kostüme und die durchaus gelungenen Bemühungen, Versailles wirklich wie Versailles aussehen zu lassen). „Moderne Musik“ heißt übrigens unter anderem: Sexszenen zu Adam and the Ants. Ja, wirklich.
Der Film erzählt die Geschichte von Marie Antoinette von ihrer Hochzeit als 14-jährige bis kurz vor ihrem Tod als 37-jährige. Interessanterweise wird Marie die ganze Zeit von Kirsten Dunst verkörpert, die über die gesamten schnarchigen 123 Filmminuten kein bisschen altert. Auch die Wandlung von der jungen Frau, die sich an das französische Hofzeremoniell gewöhnen muss über die Mutter des Thronfolgers bis hin zur dem Tode geweihten Königin Frankreichs wird kaum spürbar. Sie bleibt bis kurz vor Schluss hauptsächlich die träumerische Diva, die sich mehr für Schuhe und Perücken interessiert als für irgendetwas anderes. Wenn ich mich richtig an meinen Geschichtsunterricht erinnere, war das sicherlich ein großer Teil ihrer Persönlichkeit, aber für einen spannenden Film dann doch arg dünn. Die einzigen drei Minuten, in denen ich mich nicht gelangweilt habe, waren eine Montage zu I Want Candy von Bow Wow Wow, in der es videoclipartig um Kleider, Schuhe, Pralinen, buntes Gebäck, literweise Champagner, Kartenspiel, Frisuren und Schmuck ging. Das hätte mir als Charakterzeichnung schon gereicht; alle weitere Zeit, die dafür verschwendet wurden, war eine belanglose Kopie. Und mit Filmbildern, die einem „METAPHER!“ schon entgegenbrüllen – einmal sehen wir Mariechen am Fenster, dann zieht die Kamera auf und auf und auf und schließlich sehen wir sie allein in einer riesigen Fensterhöhle in einem riesigen Palast – wird das ganze eher noch alberner als irgendwie tiefgründig. Ich hatte bis zum Schluss keine Ahnung, was mir dieser Film sagen will.
Jason Schwartzman als König Ludwig XVI. ist zudem kongenial danebenbesetzt, man hätte sich auch mal entscheiden können, ob die Darsteller nun englisch, amerikanisch, englisch mit affigem französischen Akzent oder amerikanisch mit affigem französischen Akzent sprechen, und wie ein Mädel mit bescheuerten Hoftraditionen klarkommt, kann ich jedes Jahr zu Weihnachten bei Sissi sehen. Und das zehnmal spannender.