© Fox Searchlight Pictures

Juno (USA 2007, 96 min)

Darsteller: Ellen Page, Jennifer Garner, Jason Bateman, Michael Cera, Allison Janney, J.K. Simmons
Musik: Matt Messina
Kamera: Eric Steelberg
Drehbuch: Diablo Cody
Regie: Jason Reitman

Trailer

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Juno ist 16, hört Punkmusik, kennt sich mit Slasherfilmen aus und hat zum ersten Mal in ihrem Leben Sex – mit ihrem schlaksiken Freund Paulie, der die meiste Zeit seines Lebens in gelben Shorts die 800 Meter läuft und orangefarbene Tic Tacs isst. Dieses erste Mal hat auch gleich Folgen: Juno wird schwanger. Ihre erste Reaktion: abtreiben. Aber als sie erfährt, dass ihr Baby mit 10 Wochen schon Fingernägel hat und ihr die Klinik nicht sonderlich sympathisch ist (die Magazine haben Wasserflecken und es riecht nach Zahnarzt), überlegt sie es sich anders und will ihr Kind austragen und zur Adoption freigeben.

Juno macht es einem nicht einfach, ihn zu mögen, was vor allem an der Hauptdarstellerin liegt. Ellen Page macht ihre Sache als fies pubertierende Nervensäge großartig, keine Frage, aber man muss eben 90 Minuten einer fies pubertierenden Nervensäge beim Nervigsein zugucken. Dabei ist sie teilweise sehr authentisch („Ich? Warum sollte ich in deine Urne gekotzt haben, Stiefmama?“), teilweise aber auch komplett überzogen gezeichnet. So schleppt sie eine halbe Wohnzimmereinrichtung vor die Tür ihres Freundes und sitzt da wie ein knuffiger Sherlock Holmes, stilecht (und völlig bescheuert) mit Pfeife im Mund, um ihm zu sagen, dass sie schwanger ist.

Vieles, was sie tut, fühlt sich ganz schrecklich nach Drehbuch an: „Und jetzt machen wir sie auf Teufel komm raus noch schräger, als man mit 16 sowieso schon ist.“ Und was sie sagt auch: Meistens klingt sie richtig schön rotzig, jedes dritte Wort ist like wie in like, you know, like … uhm … passt schon. Aber dann kommen irgendwelche hingedrechselten Wortkombinationen hinterher, die kein Mensch sagen könnte, der sie nicht vorher auswendig gelernt hat. Klar kann das eine prima Idee sein, um ihre Unsicherheit zu zeigen, ihr Noch-nicht-Wissen, wo sie hingehört, was sie will, wer sie ist, ist klar, wir waren alle mal 16 und haben Blödsinn geredet. Aber der klang dann auch nach Blödsinn.

Ich war nach zehn Minuten Film kurz davor zu gehen, weil mir die Göre so auf den Zeiger gegangen ist. Netterweise kommen im Film noch andere Figuren vor, zum Beispiel Papa und Stiefmutter (J.K. Simmons und die wunderbare Allison Janney, die auch eine Blumenvase darstellen könnte und ich würde sie toll finden). Die beiden fühlen sich zehnmal echter an als Juno und kriegen wunderbar das anscheinend korrekte Elternverhalten hin (was weiß denn ich), dass man seinen Nachwuchs abwechselnd küssen und erschlagen möchte. So reagieren sie sehr gefasst auf Junos Beichte, dass sie schwanger sei und beschweren sich nachher im Stillen, warum es nicht Drogen hätten sein können oder betrunken Autofahren, das hätte man leichter aus der Welt gekriegt. Gleichzeitig beschützen sie Juno aber nach Kräften; so putzt die Stiefmutter eine vorlaute Ultraschalltante professionell runter, die es gewagt hatte, sich über Junos angeblich nicht vorhandenes Verantwortungsgefühl zu mokieren. Und zwar in Worten, die man eher Juno zugetraut hätte.

Jede Szene mit den Eltern hat Spaß gemacht – und es waren nicht die einzigen. Denn auch die zukünftigen Adoptiveltern von Junos Baby sind dabei. Jennifer Garner als Übermutti und Jason Bateman als Peter-Pan-Papi, der nicht erwachsen werden will, waren für mich die besten Figuren im Film. Sie waren in jeder Szene, in der Juno mal wieder abwechselnd Gossenslang und altkluges Gequatsche von sich gibt, ein hervorragender Ausgleich und haben dafür gesorgt, dass ich den Film ernstnehmen kann und nicht als lustige Dialogfingerübung verreiße.

Aber ich muss zugeben, dass ich immer noch nicht weiß, ob mir der Film nun gefallen hat. Ich mochte so ziemlich alle Charaktere außer der Hauptperson – und war deswegen dauernd hin- und hergerissen. Ich mochte den teilweise sehr lockeren Tonfall des Films, der aber sofort durch einen gekünstelten Satz wieder zunichte gemacht wurde. Ich mochte am liebsten die kleinen Szenen zwischendurch, die sich echt angefühlt haben. Die, in denen auch Juno mal ihre trotzige Coolness fallengelassen hat und wo mal kurz spürbar war, dass ihr die Sache auch an die Nieren geht. Obwohl sie weiß, dass sie das Richtige tut, obwohl sie sich ihrer Sache sicher ist, obwohl sie ständig Witze über ihren Bauch macht – in einigen, wenigen Momenten schafft es der Film, aus ihrer egozentrischen Perspektive rauszukommen und echte Emotion zu zeigen. Wenn Jennifer Garner gnadenlos in der Mall vor Junos Bauch auf die Knie geht, um mit „ihrem“ Baby zu reden, ist das wunderschön und nicht albern. Wenn Juno nach einer unerwarteten Ansage von Bateman einen Entschluss fasst, der sie in zehn Sekunden erwachsen werden lässt. Oder auch als sie nach der Geburt das Baby nicht sehen will und endlich ein paar Tränen fließen, auf die man den ganzen Film gewartet hat. Nicht weil man ein blubberiges Ende haben will, sondern weil endlich die nervige Oberfläche von Juno geknackt wurde und man sie endlich richtig sehen kann: als ein junges Mädchen, das eine schwere Entscheidung treffen musste und auf ihre ganz eigene Weise damit fertig geworden ist.