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The Dark Knight (USA 2008, 152 min)

Darsteller: Christian Bale, Heath Ledger, Aaron Eckhardt, Maggie Gyllenhaal, Michael Caine, Morgan Freeman, Gary Oldman, Cin Han, Eric Roberts
Musik: Hans Zimmer & James Newton Howard
Kamera: Wally Pfister
Drehbuch: Christopher Nolan, Jonathan Nolan & David S. Goyer (nach Figuren von Bob Kane)
Regie: Christopher Nolan

Trailer

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The Dark Knight macht da weiter, wo Batman Begins aufgehört hat: mit einem knurrenden Helden, einem verwuselten Polizisten, einem kühlen Gotham City und – einer Botschaft. Nee, Moment, gefühlten 80 Botschaften. Und weil die natürlich ihre Zeit brauchen, dauert The Dark Knight auch 80 Stunden. Okay, waren nur zweieinhalb, aber wenn ich mir was wünschen dürfte, würde ich im Nachhinein gerne auf die letzte Stunde verzichten. Denn die 90 Minuten davor waren großartig.

Christian Bale als Batman hat wieder seine Kumpane Alfred (Michael Caine) und Lucius (Morgan Freeman) mitgebracht, die als einzige ab und zu was Lustiges sagen dürfen, wofür ich auch diesmal recht dankbar war. Ebenfalls vielen Dank an Maggie Gyllenhaal als Rachel (an der Rolle hat sich letztes Mal Katie Holmes versucht und verhoben), die erstens absolut ernstzunehmen ist und zweitens ein ziemliches Repertoire an Emotionen auspacken darf. Dafür, dass sie die einzige Frauenfigur ist (ja, ich weiß, ich reite da jedesmal drauf rum – ich hoffe immer noch, dass mal wer auf mich hört), die mehr als drei verheulte Sätze in die Kamera sagen darf, gesteht ihr das Drehbuch dann auch zu, etwas von ihrem Können zu zeigen. Besonders begeistert war ich von der einen Szene, in der der Joker ihr – wie so vielen anderen auch – seine Klinge an den Mund setzt. In dieser kurzen Sequenz war von ihr so viel Mut und Kraft und gleichzeitig so viel Angst und Verzweiflung zu spüren, dass ich wirklich den Atem angehalten habe. Gut, danach musste die Dame wieder affig kreischen, damit sie gerettet werden kann, aber immerhin.

Wer in dieser Szene noch brilliert, ist klar: der Joker, gespielt von einem furiosen Heath Ledger. Ich hatte im Vorfeld ein bisschen Angst, dass das traurige Ende des Schauspielers der Rolle eine Morbidität verleiht, die sie vielleicht sonst nicht gehabt hätte, aber dem war nicht so. Ledger spielt den Psychopathen – zumindest in den ersten 90 Minuten – eben nicht wie einen Psychopathen. Natürlich ist es völlig irrwitzig, was er auf der Leinwand abzieht, aber das Gefühl, das bei mir hängengeblieben ist, als ich ihm zugesehen und zugehört habe, war: Panik. Die gleiche Panik, das gleiche Gefühl der Ausweglosigkeit, das ich hatte, als ich das erste Mal den Irren in Silence of the Lambs gesehen habe. Das Gefühl, man begreift plötzlich die Menschheit nicht mehr, weil man absolut nicht nachvollziehen kann, was da gerade geschieht. Die Hilflosigkeit, das Würgen im Hals.

Dieses Gefühl macht die erste Hälfte des Films so großartig. Ich fand es unglaublich intensiv, was mir da an Bildern und Emotionen geboten wurden. Klar, auch der übliche Actionbrei, bei dem man mal wieder nicht erkennen kann, wieso die Fledermaus gerade den Fiesling des Tages erledigt, weil es so hektisch gefilmt wurde – geschenkt, weil nicht wichtig. Viel wichtiger waren die Figuren. Der Held. Der Mann mit Moral, der Karriere machen will; die Frau, die ihn dabei unterstützt, weil sie daran glauben will, dass die Menschheit im Grunde gut ist und nicht böse; der Polizist, der schlicht dafür sorgen will, dass die Menschen sich in ihrer Stadt frei und ohne Angst bewegen können. Ganz simple Charakterentwürfe, die zusammen aber eine sehr dichte Story erzählen, weil sie so viel verbindet. Und die alle leider, leider nichts ausrichten können gegen das übermächtige Böse, das zunächst aus vielen einzelnen Gaunern zu bestehen scheint, sich aber schließlich auf den Mann mit dem verlaufenen Make-up und den zerschnittenen Mundwinkeln konzentriert: den Joker.

Wie schön wäre es gewesen, wenn es einfach so weitergegangen wäre. Aber nein. Der Joker muss dann eben doch umkippen zu einem Standard-Irren mit hämischem Kichern und sinnloser Grausamkeit. Und je länger der Film dauert, desto mehr fragt man sich, wozu man eigentlich den riesigen Aufbau mit den Gangsterbossen und dem vielen Geld und dem Ausflug nach Hongkong gebraucht hat, der mindestens 45 Minuten kostet, wo es doch im Endeffekt nur um den üblichen Showdown Fledermaus gegen Clownsgesicht geht? Wobei: Das reicht heutzutage ja auch nicht mehr. Also packen wir noch ein paar überflüssige Aktionen des Jokers obendrauf, der dauernd betont, dass er für das Chaos stehe und keinen Plan habe, aber dann doch genug Weitsicht besitzt, um zwei Schiffe in seine Gewalt zu bringen, ein Krankenhaus, die Polizeistation, ein paar Bankräuber, zwei Schulbusse mit verschiedenen Insassen und die gesamte Unterwelt von Gotham City samt ihrer Kohle. Hm. Klingt wie ein Plan für mich. Ein ziemlich dicker sogar.

Im Laufe der vielen Irrungen und Wirrungen des Drehbuchs kommen dann auch noch die ganzen Botschaften zutage, mit denen der Film teilweise völlig überfrachtet wird. Aus jedem Guten kann ein Böser werden, in jedem Menschen schlummert überraschende Kraft, man darf sich nicht von der Angst leiten lassen, üb immer Treu und Redlichkeit und iss dein Frühstück auf, sonst scheint morgen nicht die Sonne. Immerhin werden einem die Botschaften nicht mit dem Holzhammer um die Ohren gekloppt, aber trotzdem ging es mir irgendwann arg auf den Keks, sich wieder und wieder und wieder mit der Moral der Menschheit auseinanderzusetzen. Das hatten wir doch schon vor ner Stunde. Ist gut jetzt.

The Dark Knight hat eine Menge schöner Szenen voller Subtilität und Spannung und ruiniert sie dann gleich wieder mit Kleinholzmachen à la Hollywood. Er zeigt teilweise fantastisch choreografierte Action (das Krankenhaus!), nur um sich Deppenkram wie Batman auf dem Motorrad zu erlauben, bei dessen wilden Fahrszenen ich die ganze Zeit an The Incredibles und den einzig wahren Rat an Superhelden denken musste: no capes! Die meisten Schauspieler dürfen lange zeigen, was sie drauf haben, nur um dann doch überzuschnappen oder Dialoge aus dem Sandkasten aufsagen zu müssen. Vor allem der eine Spruch des Jokers, dass Menschen im Angesicht des Todes zeigen, wer sie wirklich sind, trieft nur so vor Verachtung und Dummheit, dass ich kurz geneigt war, dem Film komplett den Daumen nach unten zu zeigen. Wer sich solche KZ-Aufsehersprüche ausdenkt, sollte zur Strafe 100mal einen Rob-Schneider-Film hintereinander gucken müssen.

Ich mochte die Düsternis, ich mochte Christian Bale, ich hätte gerne noch viele, viele Filme mit Heath Ledger gesehen und ich mochte das Gefühl, das mir der Film in der ersten Hälfte geschenkt hat. Ich hab nur keine Ahnung, warum die zweite so völlig danebengegangen ist. Ein Rat an Regisseur Nolan, der von mir aus trotzdem gerne noch einen dritten Teil drehen darf: Weniger ist mehr. Wirklich. Aber das hab ich nach Batman Begins auch schon gesagt.