Mach’s jut, Balin
Was ich nicht vermissen werde:
– die doofe Wochenendbeziehung. Ich bin doch verpuschelter als ich dachte.
– die zwei Haushalte. Ich wusste nie, was ich wo im Kühlschrank hatte, und ich hab alles doppelt, was man so für Schönheitspflege und persönliche Hygiene braucht, damit ich nicht dauernd alles hin- und herschleppen musste. Wenn jetzt das Klimakterium über mich hereinbricht, bin ich total gearscht. Tamponvorräte bis 2012. Mindestens.
– dass ich am Wochenende Zeit mit dem Kerl nachholen „musste“ und deshalb meine Videothek sträflichst vernachlässigt habe. Ab jetzt gibt’s wieder den traditionellen Samstags-Trip (edit: Je länger ich auf dieses Wort gucke, desto mehr bin ich der Meinung, dass da ein Bindestrich rein sollte), von dem ich mit mindestens vier bis fünf Filmen oder einer Serienstaffel aufs Sofa zurückkehre. Hach. Heißt auch: wieder mehr Filmcontent fürs Blog.
– den Dreck. Da hilft auch kein aalglatter Potsdamer Platz und keine glitzernde Friedrichstraße – Berlin ist dreckig und runtergekommen und verranzt. Hat seinen Charme, würde mich aber nach längerer Zeit garantiert wahnsinnig machen.
– die ständige Frage, ob ich anders bin, wenn ich woanders bin. Bin ich nicht. Egal wohin ich gehe, ich nehme mich und meine Macken und Marotten und Müdigkeiten mit.
– eine Wohnung, in der nur ich wohne.
– die Sehnsucht nach einer Fahrt in der U3 am erleuchteten Hafen lang. Die Sehnsucht nach einem Elbspaziergang im Sommer. Die Sehnsucht nach der Binnenalster. Hab ich jetzt alles wieder.
Was ich vermissen werde:
– die Tram. Ja, ich weiß, Hamburg hat dafür die lustigen Hafenfähren, aber die Tram ist toll. Und gelb. Und sie bimmelt, wenn sie über den Alexanderplatz fährt.
– den Fernsehturm. Weiß nicht warum. Ich war nicht oben, ich wollte auch gar nicht nach oben, und beim Festival of Lights war er auch eher hässlich à la Großraumdisse angeleuchtet, aber immer wenn ich ihn gesehen habe, dachte ich, ich fühl mich gut, ich steh auf Berlin. (Den Song hab ich seltsamerweise nicht einmal in der ganzen Zeit vom iPhone gespielt bekommen. Blödes patriotisches Teil.)
– Starbucks und Balzac in unmittelbarer Agenturnähe. Heißt: Wenn ich morgens lieber ne halbe Stunde länger im Bett bleiben wollte anstatt mir Kaffee zu kochen und Obst für die Cornflakes zu schneiden und in Ruhe zu frühstücken, wusste ich, ich hab zwei wunderbare Alternativen. Für *hust* quasi das gleiche Geld wie Obst und Cornflakes.
– zwei dicke Opernhäuser. Vorher noch laut drüber gelästert, keine Stadt brauche zwei Opernhäuser, aber hier dann schön großkotzig im einen Spielplan nachgeguckt, was läuft, um dann ins andere Haus zu gehen. Schnafte.
– den Berliner Dialekt. Als gebürtige Hannoveranerin bin ich ja eher eine Freundin des Hochdeutschen, aber Balinerisch mag ick, wa?
– das Brandenburger Tor, das Regierungsviertel, selbst das hässliche Bundeskanzleramt. Fühlt sich einfach beeindruckend an, in der Hauptstadt rumzulaufen. Vielleicht hab ich auch nur zu oft West Wing geguckt, um mich von Gebäuden und Lokalitäten beeindrucken zu lassen.
– die ganzen Namen der S-Bahn-Haltestellen. Die kennt man irgendwie, selbst wenn man nicht in Berlin wohnt. Aus Linie 1. Aus diversen Filmen. Aus der Geschichtsunterricht. Übt alles auf mich eine seltsame Melancholie aus. Wahrscheinlich wegen des Geschichtsunterrichts.
– das Gefühl jeden Morgen, nicht zur Arbeit zu fahren, sondern etwas Besonderes zu erleben. Einfach weil’s eine fremde Stadt ist, die ich mir jede Minute anders angeguckt habe als „meine Stadt“ zuhause. Ständige Urlaubsaufmerksamkeit. Natürlich nur, wenn ich nicht auf dem Sofa vor den DVDs im Macbook eingeschlafen bin.
– die Millionen OVs im Sony Center. Auch wenn ich sie nie wirklich ausgenutzt habe, ich blöder, müder, fauler Idiot.
– meine Mittagsdates mit Ix und dem Nuf. Die netteste Konstante aller Zeiten.
– eine Wohnung, in der nur ich wohne.
– das Gefühl, nie underdressed zu sein, nie zu ungekämmt, nie irgendwie nicht richtig. Das Gefühl, hier hinpassen zu können, weil hier jeder hinpasst. Come as you are.