Bücher 2009 – November
Daniel Clowes – Ghost World
Ich klaue für die Inhaltsangabe mal die Wikipedia leer –
“Ghost World follows the day-to-day lives of best friends Enid Coleslaw (formerly “Cohn”) and Rebecca Doppelmeyer, two cynical, pseudo-intellectual and intermittently witty teenage girls recently graduated from high school in the early 1990s. They spend their days wandering aimlessly around their unnamed American town, criticizing popular culture and the people they encounter while wondering what they will do for the rest of their days. As the comic progresses and Enid and Rebecca make the transition into adulthood, the two develop tensions and drift apart.”
– weil es die perfekte Inhaltsangabe ist. Und weil einige der benutzten Worte genau ausdrücken, warum mir Ghost World so gut gefallen hat: cynical, witty, tension, pseudo-intellectual, popular culture. Die beiden Mädchen schlendern durch eine Geschichte, die ein bisschen schwieriger zu erfassen war als sie es in „geschriebener“ Form gewesen wäre. Mir ist selten der gutter, der Raum zwischen den Panels, größer vorgekommen als hier. Sehr viel bleibt unausgesprochen, aber genau das macht das schmale Büchlein so gut.
Garth Ennis/Steve Dillon – Preacher Vol. 1: Gone to Texas
Jau. Satter Aufschlag. Die Preacher-Serie war ein freundlicher Lesertipp (ich weiß leider nicht mehr, ob per Twitter, Mail oder sonstwie), und auf diesem Wege möchte ich dem Leser ärgstens dafür danken, denn ich bin völlig hingerissen. Preacher erzählt die völlig absurde Geschichte von Jesse, einem Priester, der von einem Wesen namens Genesis besessen ist. Genesis ist das Ergebnis einer heißen Nacht zwischen einem himmlischen und einem höllischen Wesen. Und weil Genesis Jesse ganz schön nervt und nebenbei seine gesamte Kirche in Schutt und Asche gelegt hat, macht sich Jesse jetzt auf die Suche nach Gott, um ihm mal die Meinung über seinen Saustall da oben zu sagen. Ihm zur Seite stehen Cassidy, ein Vampir, und Tulip, seine Ex, die von Cassidy gerne Turnip genannt wird und ständig eine Knarre in der Handtasche hat. Ich könnte jetzt noch 30 Zeilen weitere hirnrissige Plotpoints aufzählen, aber stattdessen möchte ich euch Preacher einfach ans Herz legen. Die Zeichnungen sind eher naja, die zahlreichen Metzeleien gerade noch im erträglichen Bereich, aber dafür sind die Dialoge schön krachledern, und in die Hauptfigur würde ich mich, wenn sie auf einer Leinwand wäre, sofort verknallen.
Bill Watterson – The Complete Calvin & Hobbes
Wie Tim und Struppi – alle paar Jahre muss ich das einfach durchlesen. Denn “in the end, all our games turn into Calvinball.”
Garth Ennis/Steve Dillon – Preacher Vol. 2: Until the end of the world
Weiter geht’s mit dem Pastor und seiner Suche nach Gott. In diesem Sammelband erfahren wir mehr (als wir wissen wollen) über die Kindheit von Jesse Custer, wer sich hinter dem schicken Namen Jesus de Sade verbirgt und dass es eine Organisation namens grail gibt, die ganz eigene Pläne für die Welt hat, wenn Armageddon kommt und die Erde einen Erlöser braucht. Genauso wie der erste Band: Ich hab ihn atemlos verschlungen, aber glücklicherweise den dritten schon griffbereit neben mir gehabt.
Garth Ennis/Steve Dillon – Preacher Vol. 3: Proud Americans
Allmählich verstehe ich die Faszination von Comicserien: Genau wie Fernsehserien bieten sie die Möglichkeit, mal eben aus der Handlung auszusteigen und sich etwas näher mit der einen oder der anderen Figur zu beschäftigen, ihr mehr Hintergrund zu geben und so ihre Aktionen in der Gegenwart zu erklären. In Band 3 erfahren wir mehr über Jesses Vater und seine Zeit in Vietnam, wie Cassidy zum Vampir geworden ist und kriegen es weiterhin mit den Verschwörern vom grail zu tun. Weiterhin hohes Tempo und viel Blut – kurz: derbe Unterhaltung.
Garth Ennis/Steve Pugh, Carlos Ezquerra, Richard Case – Preacher Vol. 4: Ancient History
Hach, endlich andere Zeichner! Die Zeichnungen von Dillon sind, mit Verlaub, relativ eindimensional, weswegen ich es sehr genossen habe, hier endlich mal was zum Gucken zu haben. Die erste Geschichte in Ancient History, The Saint of Killers, befasst sich mit eben diesem, dem Saint of Killers, der von den Engeln auf Jesse angesetzt wurde. Hier erfahren wir, warum er so viel Hass in sich trägt und wie er zum Job des himmlischen Rächers gekommen ist. Die Bilder von Pugh und Ezquerra haben weitaus mehr Tiefe und vielfältigere Bildkompositionen von Dillon, weswegen mir dieser Band auch bisher am besten gefallen hat.
Richard Case darf sich dann in The Story of You-Know-Who an der Geschichte mit Arseface austoben, dem armen Kerl, der sich nach dem Tod von Kurt Cobain das Hirn rauspusten wollte, allerdings scheiterte und jetzt mit einem Gesicht wie ein Arsch rumläuft. Arseface ist ein sehr eigenwilliger comic relief, der sich von Anfang bis Ende durch die Preacher-Saga zieht und mir sehr ans Herz gewachsen ist. (Der Band nennt Arseface You-Know-Who, weil der Verlag das Wort arse nicht auf einem Titel sehen wollte. Meine ich jedenfalls irgendwo gelesen zu haben.)
In The Good Old Boys, dem dritten Teil des Bandes, darf nochmal Ezquerra ran und mit Dennis die fiesen Verwandten von Jesse wiederbesuchen, mit denen wir doch eigentlich schon abgeschlossen hatten. Auf den Teil hätte ich locker verzichten können, denn er hat so gar nichts mit der Priester-Handlung zu tun.
Garth Ennis/Steve Dillon – Preacher Vol. 5: Dixie Fried
Dieser Band spielt fast ausschließlich in New Orleans, es geht um Voodoo und wie Jesse endlich Genesis loswerden will, und nebenbei um Cassidy und eine Truppe von Vampirgroupies. Alles ein bisschen hektisch und seltsam – nicht ganz so mein Ding. Immer noch okay, aber hier hatte ich mehr und mehr das Gefühl, dass Ennis selbst nicht mehr wusste, wo die Reise hingehen soll. Deswegen wahrscheinlich auch die Liebeserklärung von Cassidy, die so gar nicht zu ihm passt und ihn allmählich zu einer Nervensäge macht, die er vorher absolut nicht war – was ich den Autoren ziemlich übel nehme.
Garth Ennis/Steve Dillon, Peter Snejbjerg – Preacher Vol. 6: War in the sun
Geht gut los, mal wieder mit einem anderen Zeichner, der uns mehr Hintergrund über Herrn Starr verrät, der den grail anführt und ein dickes Huhn mit Jesse zu rupfen hat. Dann darf wieder Dillon ran; jetzt scheint es zum Showdown zwischen dem grail und Jesse zu kommen – natürlich geht alles ganz anders aus als geplant, einer unserer Helden stirbt … oder nicht? und der Band endet mit einem riesigen Fragezeichen. Verdammte Cliffhanger.
Garth Ennis/Steve Dillon – Preacher Vol. 7: Salvation
Wieder ein langer Einschub, der Jesse zu einem Sheriff in einem Kaff in Texas macht. Er findet jemanden aus seiner Vergangenheit wieder, und endlich trifft er Gott, um sich endgültig mit ihm anzulegen.
Garth Ennis/Steve Dillon, John McCrea – Preacher Vol. 8: All hell’s a-coming
Nach acht Bänden endlich mal mehr zu Tulips Vergangenheit. Und allmählich steuert dann doch alles auf ein Ende zu. Reicht jetzt auch.
Garth Ennis/Steve Dillon – Preacher Vol. 9: Alamo
Yep, Ende. Ein bisschen zu viel krude Bibelkunde zum Schluss, aber immerhin ein Ende, das zur Serie passt, sowohl zum Tonfall als auch zu den Figuren. Wenn ich es den Jungs auch immer noch übelnehme, aus Cassidy ein Arschloch gemacht zu haben. Jetzt, wo ich alle Bände durchgelesen habe, kann ich eine recht warme, wenn auch keine jubelnde Emfehlung abgeben; dafür war zwischendurch dann doch viel Füllmaterial, das mich ab und zu etwas genervt hat.
(Und so klingt das, wenn ich zwischendurch keine Lust habe, direkt nach dem Zuklappen des Buchs darüber zu schreiben, sondern erst sechs Bände lese und dann nochmal nachblättern muss, was in den einzelnen Dingern passiert ist.)
Gerard Way/Gabriel Bá – The Umbrella Academy: Apocalypse Suite
Hmja. Tolle Zeichnungen, keine Frage. Alleine wegen Bá würde ich mir den zweiten Band, Dallas, auch noch kaufen – aber nur, wenn der eine etwas besser Story hat. The Umbrella Academy handelt von sieben Kindern, die alle von verschiedenen Frauen ohne jede Vorwarnung geboren und dann von einem außerirdischen Professor adoptiert werden, der sie zu Superhelden heranzieht. Jedenfalls teilweise. Hört sich krude an, macht aber erstmal Spaß, weil man völlig ahnungslos in die Geschichte geworfen wird. Die vielen, kleinen Storys, die als Einzelhefte erschienen sind, fügen sich auch zu einem großen Gesamtbild zusammen, aber in sich waren sie mir zu fahrig, zu wenig ausformuliert, zu sehr auf die Show aus als auf eine Handlung. Ich habe Umbrella gerne gelesen … nein, ich habe Umbrella gerne angeschaut, aber so richtig umgehauen hat es mich nicht. Eher etwas ratlos zurückgelassen.
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(Nein, ich lese gerade nicht nur Comics – mich begleitet seit Wochen ein Buch über die Reconstruction, aber das ist zu dick und teilweise zu zäh, um es in vier Wochen durchzuackern. Leider.)