Initiationsriten

Seitdem die Damen hinter Delicious Days und Cucina Casalinga mich in ihren RSS-Feeds unter „Foodblogger“ einsortiert haben, trage ich mein Näschen ein kleines bisschen höher. Auch wenn ich mich selber eher unter „Bemühte Rumköchelblogger mit Nachholbedarf“ einsortieren würde, aber ich möchte ja niemandem seine oder ihre RSS-Feed-Ordner vorschreiben, neinnein. Seit 30 Minuten trage ich die Nase jetzt aber ganz weit oben, denn ich habe es geschafft, mir meine erste Verletzung zu erkochen. Meiner Meinung nach ein Top-Deluxe-Aufnahmeritual.

Ich habe aber nicht so was Banales wie „halbe Fingerkuppe mit dem neuen japanischen, 120mal gefalteten Gemüsemesser abgetrennt“ hingekriegt oder „Augenbrauen am Original-amerikanischen-Gasflammenofen im Format 2 x 2 m versengt“. Nein, ich habe es geschafft, mich am Rücken zu verbrühen.

Eins der drei Rezepte, die ich mir für diesen Samstag vorgenommen hatte (alle drei schon erledigt, was mach ich denn jetzt?), war diese wundervoll klingende Ananas-Kokos-Konfitüre. Marmeladekochen habe ich als Kind immer bei Mama mitgekriegt und dabei einen ordentlichen Respekt vor der harmlos-obstig-bunten, aber fies heißen Masse eingeimpft bekommen. Die war schon mal nicht schuld, der habe ich mich tunlichst nur mit Teelöffel und Tellerchen für die Gelierprobe genähert. (Nachdem ich gegoogelt hatte, was diese seltsame Gelierprobe überhaupt ist.) Ich wusste von damals auch noch, dass die Gläser ausgekocht sein sollten, in die man die Marmelade füllt. Wir hatten zuhause einen riesigen Kessel, der gefühlt 30 Gläser fasste. Den habe ich natürlich nicht, und in meinem größten Topf kochte ja auch schon die Marmelade. Also habe ich zum größten Topf vom Kerl gegriffen, mit dem ich sonst nie koche, weil der aus Gusseisen ist und somit viel zu schwer für meine zarten Ärmchen.

In diesem eisernen Topf kochten also lustig meine Gläschen, die Gelierprobe war vielversprechend, ich wollte den Gläsertopf vom Herd ziehen, um die Gläser rauszuheben, ohne dauernd kochend-heißes Wasser abzukriegen, das auf der Flamme vor sich hinblubbern würde, griff also beherzt an die Topfgriffe – und merkte in dem Moment, ach ja, die sind ja nicht isoliert, NOCH EIN GRUND, WARUM DU NIE MIT DIESEM VERF***TEN TOPF KOCHST.

Ich habe beim Kochen immer ein Geschirrhandtuch über der Schulter hängen. Ich hatte mal versucht, mit Schürze zu kochen, aber das ging mir auf den Zeiger, dass ich immer dieses Band im Nacken hatte. Ich brauche aber trotzdem irgendwas, an dem ich dauernd meine Finger saubermachen kann. Lu hatte mir beim Coaching gezeigt, dass sie ihr Handtuch immer in den Hosenbund klemmt, aber das fand ich auch eher unkommod für mich. (Damit meine ich nicht, dass ich für meinen Hosenbund ein Badetuch brauche, sondern einfach, dass ich es doof fand.) Also hängt mein Tuch eben über der Schulter. Von dort habe ich es runtergezogen, damit die Griffe umfasst und den Topf verschoben und es mir dann wieder schwungvoll über die Schulter geworfen.

Blöderweise war das Handtuch von mir unbemerkt ins Wasser geraten.

Und blöderweise sind es gerade 35 Grad und ich koche im ziemlich rückenfreien Trägertop.

Nach dem ersten Schreck dachte ich, najut, machste mal weiter, aber da war anscheinend ne Menge Wasser auf meine arme, zarte Haut gelangt. Per Hand- und Badezimmerspiegel konnte ich einen gut 20 Zentimeter langen roten Streifen erkennen, der sich – ganz toll – vom Nackentattoo abwärts die Wirbelsäule runterringelte. Und nach den wenigen Schrecksekunden fing das dann auch richtig schön an zu zwirbeln.

Die nächsten 20 Sekunden habe ich gegoogelt, was man da wohl so machen kann, und die nächsten 20 Minuten habe ich mir ne kühle Dusche über die Schulter laufen lassen. Dann durfte mich der Kerl noch ein bisschen eincremen und sich mein Gejammer anhören. Und wenn jetzt die Marmelade nicht schmeckt, bin ich SCHLECHT GELAUNT.

Aber ich bin jetzt im Club. Und weiß außerdem, warum Köche und Köchinnen immer diese langärmeligen Jacken tragen.