Un long dimanche de fiançailles
Liebesgeschichte im 1. Weltkrieg, sepiaübertüncht von Jean-Pierre Jeunet und gar liebreizend dargeboten von Audrey Tautou. Was ich bei der wunderbaren Welt von Amélie noch niedlich fand, fand ich bei Un long dimanche de fiançailles (Mathilde – Eine große Liebe) nur nervig. Die eigentliche Geschichte – Mathilde sucht ihren Verlobten, der angeblich gefallen sein soll – nimmt jede nur mögliche Abzweigung, um uns jede Figur nahezubringen, die sich auf die Leinwand verirrt. Mathildes Onkel und Tante wirken dabei wie Abziehbilder aus der Käsewerbung, die Schützengräben, in denen sich unglaublich viele Biografien tümmeln, die alle beleuchtet werden müssen, sehen selbst in ihrer verregneten, blutigen Enge wahnsinnig pittoresk aus, und einzig und allein Jodie Foster in einem Kurzauftritt schafft es, die seltsame unpassende Kuscheligkeit beiseite zu schieben und eine kleine Episode zu erzählen, die ich persönlich viel spannender fand als die große Geschichte drumherum. Ich habe den Film nicht bis zum Schluss durchgehalten, daher nehme ich in den Kommentaren gerne Spoiler entgegen. Oder nee, lass mich raten – sie kriegen sich zum Schluss, oder?
Wie kann man einen angefangenen Film nicht zu Ende gucken? (Es sei denn, er ist so unglaublich grottenschlecht und abstoßend, dass einem schlecht wird.) Ist anscheinend Geschmackssache, aber ich würde das nie tun. Dann wüsste ich ja nie genau, ob das Ende nicht vielleicht doch noch gut wird oder mir gefällt. Es ändert auch nichts, dass andere mir später das Ende erzählen, denn eine Erzählung ist nicht das selbe wie es selbst gesehen zu haben. :)
Am Ende kriegen die beiden sich mehr oder weniger. Wenn ich mich recht erinnere, leidet er unter Amnesie und kann sich an gar nichts erinnern (auch nicht an sie). Sie findet ihn in einem Krankenhaus.
Sayen am 18. July 2005
Ich hatte mir den Film angeschaut, nachdem ich von einer “Hütten”-Faschingsveranstaltung flüchtete. Insoweit habe ich eventuell das zu kuschelige nicht wirklich wahrgenommen, denn der Gegensatz zur überkandidelten Partystimmung davor war dennoch so groß, daß mir der Film gut reinlief. Klar, das ständige Zitieren des Amelie-Stils irritierte auch mich hin und wieder, aber das hat am Ende doch nicht so gestört.
Die Auflösung, also wer überlebt hat und wie die dort rauskamen und unbemerkt untertauchen konnten, wer die Bösen waren und wie sie ihre Strafe bekamen, fand ich sehr gut, weil sie nicht ständig “Konstruktion! Konstruktion!” geschrien hat.
Spoiler: Sie hat ihn am Ende gefunden, aber er hat sein Gedächtnis verloren und kennt sie nicht mehr. Der erste Dialog war dann derselbe wie beim ersten Kennenlernen als Kinder im Rückblick. Es wurde offen gelassen, ob sie es nun, da sie ihr Ziel erreicht und ihre Freiheit zurück hatte, dabei beließ oder die Beziehung komplett von vorne begann. So wie das ganze rüberkam, tippe ich darauf, daß Frau Tatou intern die erstere Lösung spielte.
Jens am 18. July 2005
Sayen, wenn mich ein Film langweilt, will ich ihn nicht weitergucken. Genau wie ich ein Buch, das mich langweilt, auch nicht zuende lese.
Anke am 18. July 2005
Ich glaube der Film verliert eine Menge, wenn man ihn “nur” auf DVD guckt. Und das Ende verbesserte den teilweise etwas langatmigen, allerdings auch irgendwie in seiner Verschrobenheit sympathischen Film doch ziemlich, wenn er auch nicht die Regionen von “Amelie” vorstoßen konnte.
vib am 18. July 2005
Erstmals Widerspruch, liebe Anke.
Ich fand den Film das beste, was in der letzten Zeit so gelaufen ist. Die “Amelie” – Bürde hat ihm auch nicht geschadet.
Kristof am 18. July 2005
keine minute langeweile hatte ix bei dem film. doch, zwei oder drei, vielleicht auch vier. da ich (herz/schmerz-mässig) unterversorgt bin, brauch ich ab & an so eine herz/schmerz-kacke. und für herz/schmerz-kacke war der film ziemlich gut.
faszinierend auch das französisch von frau foster, ist die so begabt oder gabs extrem gute trainer am set? oder gar synkro?
ix am 19. July 2005
Soweit ich weiß, hat Frau Foster in Harvard (oder war’s Yale?) französische Literatur studiert. Daher die Akzentfreiheit.
Anke am 19. July 2005