Lammkeule mit Knoblauch-Tomaten-Sauce
(Dieser Post ist sehr schizophren und aus der Ecke „Erst denken, dann essen“, was ich anscheinend in meinem urlaubsreifen Kopf kurzfristig vergessen habe. Ich weiß schon, warum ich bis jetzt zu jeder „Wolle Produkte testen?“-Anfrage nein gesagt habe, und ich werde das in Zukunft auch wieder so handhaben, ich Honk.)
Die PR-Menschen von New Zealand Lamb haben mich letzte Woche gefragt, ob ich gerne ein Keulchen geschenkt bekommen möchte. Ich lebe zwar seit geraumer Zeit so gut wie fleischlos, aber der Kerl ist ein großer Lammfan. Und da ich weiß, dass die schlauen Lämmchen sich der Massentierhaltung entziehen, habe ich zugestimmt. (Die Verlinkung und dieser Post sind freiwillig; ich hätte die Keule auch einfach wort- und postinglos essen können.)
Auf der Keule war zwar die verarbeitende Firma aufgedruckt, aber mehr weiß ich über das Tier nicht. Ich hoffe, dass es ein gutes Leben gehabt hat, kann aber über die Schlachtung nichts sagen. Dass Silver Fern Farms eben keine Farm ist, sondern „New Zealand’s leading procurer, processor and marketer of sheep, lamb, beef and venison“, also eine Art Repräsentant für „more than 20,000 sheep, cattle and deer farmers throughout New Zealand“, macht die Sache auch nicht besser. Und wenn die Unterseite „Innovations“ schon mit der bescheuerten Headline „Lots of people have good ideas. It isn’t innovation until somebody translates it into commercial reality“ überschrieben ist, ahnt man auch, wo der Fokus der Firma liegt: auf dem Gewinn. Logisch. Tierschutz ist ja auch albern, und Tiere sind „Produkte“.
Was ich so unfassbar beknackt finde an der Fleischindustrie, ist das völlig verquere Denken, das Silver Fern Farms netterweise für mich schon auf ihrer Webseite beschreibt: „There is an old saying, ‘from Pasture-to-Plate’, which typifies the traditional industry as we know it – finding markets and customers for the range of products produced. We are challenging this by focusing on the ‘plate’ first, targeting consumer needs and asking our farmers to grow animals specifically to meet those needs.“ Im Klartext: Wir sagen unseren Lieferanten, was sie züchten sollen, damit wir es besser verkaufen können.
Genauso funktioniert nämlich nicht nur die Haltung von Kuschellämmern auf der grünen Wiese, sondern eben auch die Massentierhaltung: In den Supermarkttruhen finden sich genetisch hingebogene Zombiehähnchen, die kaum stehen können, weil ihr dickes (und einträgliches) Brustfilet zu schwer für die Beine geworden ist. Massentierhaltung heißt auch Massenmedikamentenausgabe und massenhaft Fleischskandale, aber das vergessen wir ganz gerne mal, weil’s ja schmeckt. Und verdammt nochmal, die Lammkeule hat geschmeckt, aber im Nachhinein könnte ich mich in den Arsch beißen, dass ich sie angenommen habe. Mit Salatrezepten habe ich weniger Probleme beim Aufschreiben.
(But look how pretty:)
Das Rezept stammt aus der essen & trinken. Normalerweise reibe ich Lamm mit haufenweise Kräutern und Öl ein und schmore das Ding dann entspannt im Ofen. Aber Knoblauch und Tomaten hören sich für mich zu gut an, um daran vorbeizugehen.
3 EL Butter und
3 EL Olivenöl in einem Bräter aufschäumen.
1 Lammkeule (ca. 2 Kilo) salzen und pfeffern und in den Bräter legen. Darauf
2 Zweige Rosmarin,
3 Stiele Thymian und
2 Knollen junger Knoblauch, halbiert.
Ich hatte keinen jungen Knoblauch und habe daher nur eine Knolle Seniorenknoblauch halbiert und damit die Kräuter beschwert. In den Bräter sollen zusätzlich noch 200 g Cocktailtomaten; ich habe stattdessen
8 Rispentomaten dazugegeben. Alles für 30 Minuten im auf 220° vorgeheizten Ofen braten. Die Keule wenden und die Hitze auf 160° reduzieren. Nochmals zwei Stunden garen, ab und zu wenden und den Bratensaft mit bis zu 250 ml Wasser loskochen. Das war bei mir nicht nötig; da war genug Flüssigkeit unterwegs, ich nehme an, von den Tomaten.
Nach einer Stunde Bratzeit den Knoblauch und die Tomaten aus dem Bräter entfernen. Tomaten häuten (hab ich mir geschenkt) und den Knoblauch aus den Häutchen drücken (hab ich geliebt, mach ich jetzt dauernd. Rummatschen beim Essen rules). Das ganze mit
100 g Crème fraîche zu einer dicklichen Sauce pürieren. Wenn das Lamm fertig ist, den Bratensatz dazugeben und nochmals pürieren.
6 Stiele Petersilie und
4 Stiele Estragon (bei mir war’s Kerbel) grob hacken und unter die Sauce mischen.
Die Lammkeule vor dem Servieren zehn Minuten ruhen lassen. In der Zeit habe ich Salzkartoffeln und grüne Bohnen gekocht. Davor hatte ich schon getrocknete Kartoffeln zubereitet, die ich aber nicht so grandios fand. Dazu gekochte Kartoffeln in dicke Scheiben schneiden und in einer beschichteten Pfanne mit einem hauchdünnen Ölfilm bei niedriger Hitze trocknen. Die Scheiben werden außen knusprig, die Kartoffel bleibt innen weich. Jedenfalls theoretisch. Ich fand das alles nur trocken und habe mich daher über die Salzkartoffeln weitaus mehr gefreut.
Und da ich hungrigerweise mal wieder die Fotos verwackelt habe (verdammtes Dämmerlicht), ist das letzte Foto der wiederaufgewärmte Rest am Sonntag mittag. Dafür habe ich das Fleisch und die Kartoffeln nochmal in Butter angebraten und gleich noch ein paar Tomätchen geröstet.
Und jetzt reicht’s erstmal wieder mit Fleisch.