The Dark Knight Rises


© Warner Bros. Pictures

The Dark Knight Rises (USA/UK 2012, 164 min)

Darsteller: Christian Bale, Gary Oldman, Tom Hardy, Joseph Gordon-Lewitt, Anne Hathaway, Marion Cotillard, Matthew Modine, Michael Caine, Morgan Freeman
Musik: Hans Zimmer
Kamera: Wally Pfister
Drehbuch: Christopher Nolan & Jonathan Nolan (nach einer Story von Christopher Nolan & David S. Goyer sowie Figuren von Bob Kane)
Regie: Christopher Nolan

Trailer

Offizielle Seite

(Warnung: Ich plaudere ein bisschen Handlung aus, aber spoilere nicht oberfies. Bis auf ein Mal, und das ist gekennzeichnet.)

Ach menno. Ich mag Christopher Nolan sehr gerne, ich hatte Christian Bale jahrelang als Bildschirmhintergrund, ich fand den ersten Batman okay und den zweiten äußerst ansehnlich, aber der hier ging leider gar nicht. Gefühlte 17 Storys, die irgendwie zu einem Ende vermurkst werden sollen, ein Setting, das ich in der Klapperschlange vor 30 Jahren schon besser gesehen habe, ungefähr zehn Sekunden Spannung und dafür fast drei Stunden Langeweile – da konnte nicht mal die wundervolle Anne Hathaway als Catwoman was reißen. ACH MENNO.

Dann dröseln wir doch mal ein bisschen auf. Wir haben Bruce Wayne (Christian Bale), von dem ganz Gotham City glaubt, er sei für den Tod von Harvey „Two-Face“ Dent verantwortlich. Ganz Gotham City? Nein, Commissioner Gordon (Gary Oldman) weiß natürlich, dass er unschuldig ist. Ebenso der junge Polizist Blake (Joseph Gordon-Lewitt), der sogar weiß, was Herr Wayne nach Feierabend so treibt und ihn bittet, als Batman zurückzukommen. Wayne suhlt sich aber lieber weiterhin in Verzweiflung, seine Firma verdient kein Geld, Alfred (Michael Caine) ist ausnahmsweise auch keine Hilfe, die Investorin Miranda (Marion Cotillard) nervt ihn mit Anfragen und überhaupt ist alles doof. Und es wird alles noch döfer, weil Schurke Bane (Tom Hardy mit der undankbarsten Maske ever) auftaucht und mal eben die Stadt übernehmen will.

Das klingt alles erstmal aufregend – ist es aber leider nicht. Denn im Gegensatz zum gut getimten und actionverzierten zweiten Teil wird hier gequatscht, bis der Bat Suit Falten kriegt. Und während in den anderen beiden Teilen noch großspurig von Moral und Aufgabe und weiß der Geier noch was die Rede war, wird hier schlicht die Handlung erklärt, denn die erwähnten 17 Storylines müssen irgendwie vermittelt werden. Das lähmt den Film komplett und lässt ihn nicht aus den Puschen kommen. Der einzige atmosphärisch dichte Dialog, der mir im Gedächtnis geblieben ist, findet zwischen Selina Kyle/Catwoman (Anne Hathaway) und Wayne statt, in dem sie vorsichtig andeutet, dass die Reichen der Stadt sich nicht zu sicher fühlen sollten, weil die Armen es ihnen allmählich übelnähmen, reich zu sein. Der Satz kommt auch schon im Trailer vor, und es reicht eigentlich, den zu gucken.

Die ersten fünf Filmminuten ließen immerhin auf einen Actionkracher hoffen – aber dann versandet die Story erst einmal wieder. Dann rafft sich Batman auf, nachdem er lange genug gesuhlt hat, wir kriegen ein hübsches neues Spielzeug zu sehen – und dann versandet die Story wieder. Dann kommt der Bösewicht endlich zum Zug – und dann versandet die Story wieder. Immer wenn ich geglaubt habe, jetzt zieht der Film an – versandet die Story wieder. Ich hatte relativ schnell das Gefühl, dass schlicht zu viele Ideen verbraten werden sollten. Als Sechsteiler im Fernsehen wär das Ding ein Kracher geworden. So aber muss irrwitzig viel erzählt werden, was die Ursünde des Kinos ist, dessen Leitsatz immer lauten sollte: Show, don’t tell. Aber weil eben so viel passiert und so viel passieren muss, damit wir das Ende kapieren, müssen wir eben erst einmal viel erzählt bekommen. Der Film ist ein einziger Erklärbär. Und. Das. Nervt.

Vor allem, weil ebenfalls schnell klar wird, dass eine Reduzierung alles flüssiger und spannender hätte machen können. Catwoman hat mir persönlich zwar ausnehmend gut gefallen (dazu später mehr), aber wirklich nötig war ihre Rolle nicht. Ihre kriminellen Eigenschaften hätten auch von Banes Jungs übernommen werden können und zack! hätten wir 20 Minuten Film gespart. Andere Storylines haben dagegen nicht die Wichtigkeit gehabt, die sie hätten haben müssen. (Achtung, Spoiler:) Wenn Batman mit gebrochenem Kreuz im Wüstenknast liegt, dann wissen wir eh, dass er da gesund wieder rauskommt, weil der Film erst, verdammt noch mal, halb rum ist. In den Comics war diese Episode ein Meilenstein und ein definierender Moment, als Bane ihm das Rückgrat brach und er zu sich selbst finden musste. Hier sieht das ganze aus wie eine billige Rocky-Montage mit Liegestützen und Klimmzügen. (Spoilerwarnung aus.)

Genervt haben auch noch andere Dinge, die ich sonst unter „Kleinigkeiten“ ablegen würde, aber da ich mich schon über das große Ganze aufgeregt habe, regten mich die Kleinigkeiten dann auch auf. Zum Beispiel die Tatsache, dass die Protagonist_innen so ziemlich immer zur rechten Zeit am rechten Ort waren, auch wenn sie fünf Sekunden vorher noch nicht wussten, wo dieser Ort ist. Es fühlte sich manchmal wirklich so an, als wäre der Film in der ersten Fassung vier Stunden lang gewesen und wurde dann auf ein halbwegs erträgliches Maß runtergekürzt, wobei die verbindenden Szenen leider unter den Tisch fielen. Oder die Tatsache, dass eine Bombe drei Monate in der Stadt rumliegt und die Bewohner_innen quasi erst fünf Minuten vor der Detonation überlegen, hey, lass uns das Ding doch entschärfen. Woraufhin wieder alle zur richtigen Zeit am richtigen Ort … ach menno.

Mich hat der Kunstschnee in der großen Showdownmassenkampfszene genervt, der fotogen auf die Menge niedergeht, aber – natürlich – weder liegenbleibt noch schmilzt. Mich hat der Kuss zwischen Batman und Catwoman genervt, weil er erstens aus dem Nichts kam und sich zweitens die fiese spitze Batmankostümnase in die weiche Catwomanwange drückte, so dass fast ein Abdruck blieb. Mich hat die Perlenkette genervt, die Catwoman geklaut hat und die sie nun trägt, während sie mit Wayne tanzt, weil sie nicht elegant an Hathaways Hals liegt, sondern sehr schmerzhaft deplatziert auf ihren Schlüsselbeinen (aber das mag mein persönliches Problem mit sehr sichtbaren Schlüsselbeinen sein). Mich hat die Stimme von Bane genervt, weil sie in ihrer Künstlichkeit sehr an der von Batman dran war, so dass man beim fast finalen Kampf zwischen den beiden echt nicht wusste, wer gerade wen anschreit. Mich hat genervt, dass Bale bei glattrasiertem Gesicht auch eine glatte Brust hatte, sobald er aber suhlend oder anderweitig depressiv Vollbart trägt, er auch auf der Brust Haare hat (not that there’s anything wrong with that, aber es lenkt so nutzlos ab). Und mich hat genervt, dass nach und nach immer mehr Darsteller_innen aus Nolans Inception dabei waren, was mich sehnsüchtig an bessere Zeiten im Kino hat denken lassen.

Aber, ta-daa, es gab natürlich auch Gutes. Die Kampfszenen zum Beispiel waren toll. Während ich bei den ersten beiden Filmen stets quengeln konnte „Das geht alles zu schnell, ich seh ja gar nix!“, waren es hier richtig gut choreografierte Szenen, denen man Bewegung für Bewegung folgen konnte. Gerade die große Keilerei zum Schluss, in der sich Bane und Batman inmitten einer gefühlten Garnison einen einschenken, sah sehr gut aus. Okay, der Sound unter dem Geknüppele war natürlich wieder komplett überzogen, aber immerhin. Und wenn man den Kunstschnee übersieht, kann man sich auf die Gebäude in Gotham City (also New York) konzentrieren, die ganz wundervoll gefilmt wurden. Selbst die üblichen Kamerafahrten durch die Häuserschluchten wirkten elegant statt dumpf-actionmäßig, das gelbliche Licht ließ die schlanken Gebäude leichter und transparenter wirken und bildete einen schönen Kontrast zur chaotischen, anarchischen Welt in den düsteren Straßen. Eine große Szene war die Aufsicht auf Manhattan, wo die Kamera ganz behutsam aufzog, während sich unten in der Stadt in Zeitlupe Explosionen ereignen. Und weil hier der Ton ausnahmsweise mal nicht so beifallsheischend rumlärmte, entwickelten diese Bilder eine ganz eigene Poesie, von der ich sehr gerne sehr viel mehr gesehen hätte.

Habe ich aber nicht, weswegen ich kurz davor war, aus dem Kino zu gehen – aber immer dann kam der Lichtblick: Anne Hathaway. Catwoman ist natürlich eine dankbare Rolle, weil sie schlicht machen kann, was sie will, keine Last auf sich trägt wie Batman und durch ihre sieben Leben immer fein raus ist. Im Film hat sie dazu auch noch die einzigen Pointen und Punchlines – okay, eine hat Batman, die auch was mit ihr zu tun hat, aber die will ich nicht spoilern, weil sie so großartig war. Aber alle anderen gehören ihr, und Anna Hathaway hat ein hervorragendes Timing und bringt zusätzlich die Lacher mit einem unheilvollen Unterton rüber. Miau.

Ich war zwar innerlich quengelig, dass sie auf Zwölf-Zentimeter-Absätzen rumlaufen muss, aber so sieht sie im Comic nun mal aus. Und außerdem nahm mir der Film selbst bei diesem Kritikpunkt den Wind aus den Segeln, indem er einen Gangster fragen ließ, ob das nicht weh tue, mit diesen Dingern arbeiten zu müssen. Woraufhin sie zurückfragt: “I don’t know – does it?” und ihm die Stilettos in die Weichteile rammt. Zusätzlich kann Catwoman genau so toll wilde Fahrzeuge bedienen wie der Herr Fledermaus, weiß auch, wie Knarren funktionieren, ohne dass ihr das ein Männe erklären muss und wird auch nicht gerettet, sondern rettet selbst. Like!

Aber, wie gesagt, die wenigen Kleinigkeiten, unter anderem auch das erste Auftauchen des Batman-Zeichens, das für mich der einzige Gänsehautmoment im Film war, haben nicht gereicht. The Dark Knight Rises hat sich zu viel vorgenommen und ist grandios daran gescheitert. Sehr schade, denn ich hätte der Trilogie einen besseren Abschluss gewünscht. Dreh doch einfach noch einen vierten, damit ich den hier vergessen kann, Nolan. Denn ich muss zugeben: So nölig ich mir den ersten Film gefallen habe lassen, so sehr habe ich mich inzwischen an den düsteren Bale-Batman gewöhnt.

Der Bechdel-Test:

1. Es müssen mindestens zwei Frauen mitspielen, die
2. miteinander reden
3. und zwar über etwas anderes als Männer.

Die Damen Cotillard und Hathaway haben, wenn ich mich recht erinnere, genau eine gemeinsame Szene, und in der reden sie nicht miteinander. Hathaway spricht allerdings ungefähr zehn Sekunden lang mit einer Komplizin.

Bechdel-Test bestanden? Nee, das reicht nicht.