Bücher April 2013
Pierre Bourdieu (Bernd Schwibs/Achim Russer, Übers.) – Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft
Mein erster Bourdieu, wo-hoo! Deswegen habe ich auch ungefähr vier Monate dafür gebraucht, die 900 Seiten auf Bibelpapier durchzulesen. Sieht von außen wie ein unschuldiger Suhrkamp aus, verzettelt sich aber brav-soziologisch in tausend kleine Ästchen, die alle irgendwie spannend sind. In einem Einführungsbuch zur Kunstgeschichte las ich, dass man dieses Buch als Kunsthistoriker oder -historikerin gefälligst gelesen haben sollte, also hab ich das gemacht. Ich bin mir immer noch nicht sicher, was ich mit 30 Jahre alten Daten anfangen soll, von denen einige durch die Digitaltechnologien garantiert veraltet sind, aber interessant war’s schon, sich mal mit Klasse und Stand, ökonomischem und kulturellem Kapital, Ästhetik, Bildung und Distinktionsbedürfnissen zu befassen.
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Yasmina Reza (Eugen Helmlé/Frank Heibert/Hinrich Schmidt-Henkel, Übers.) – Nirgendwo
Reza kannte ich bisher nur als Theaterautorin, mit der ich, das muss ich zugeben, manchmal meine Schwierigkeiten habe. Aus meinem ersten Stück von ihr ging ich raus – das ist allerdings auch schon 20 Jahre her und ich weiß nicht einmal mehr, wie es hieß –, die letzte Begegnung mit ihren Worten war Carnage, der mich auch nur so halb überzeugen konnte. Umso mehr haben mir die kleinen Texte gefallen, die in Nirgendwo zusammengefasst werden. Kaum eine „Geschichte“ ist länger als zwei Seiten, es sind eher Beobachtungen, Gedanken, wir Internet-People würden vielleicht sogar Blogeinträge dazu sagen. Ich mochte die Sprache sehr gerne, dieses stets Sinn-Suchende, das Fragende, das offene Auge, mit dem Reza durch ihre Welt geht.
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Peter Buwalda (Gregor Seferens, Übers.) – Bonita Avenue
Hier schicke ich euch faul zum Perlentaucher, dessen Kritiksammlung netterweise vom Verriss bis zur Lobhudelei geht. Mir hat das Buch leider nicht gefallen, nach 250 Seiten hatte ich genug von den gefühlt ein Dutzend Handlungssträngen, die nicht zusammenkommen wollten, den Figuren, von denen mich keine wirklich neugierig machen konnte und den, jetzt kommt wieder was Persönliches, wofür das Buch nichts kann, aber trotzdem, vielen ekligen Metaphern über dicke Frauenkörper. War so gar nicht meins.
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Dagmar Täube/Miriam Verena Fleck (Hrsg.) – Glanz und Größe des Mittelalters: Katalogbuch zur Ausstellung in Köln, Museum Schnütgen, 4.11.2011-26.2.2012
„Katalogbuch“ kannte ich noch nicht als Wort, aber das trifft’s ziemlich gut. Das Buch ist kein reiner Ausstellungskatalog mit ein paar Alibi-Vorworten oder -Einleitungstexten, sondern besteht zur Hälfte aus Einführungen in verschiedene Aspekte mittelalterlicher Kunst. So erfahren wir auf 244 Seiten etwas über den Standort Köln und seine Funktion als Kunstproduzent im Mittelalter, über Buchmalerei, Goldschmiedearbeiten, Elfenbeinschnitzerei, Teppich- und Glaskunst und natürlich Skulptur und Malerei. Abgerundet wird alles durch Texte, in denen das gotische Köln als Wissenschaftsstandort untersucht wird sowie mehrere Texte, die sich mit der Verbindung der verschiedenen Künste befassen. Der reine Ausstellungskatalogteil ist dann nochmal 200 Seiten lang, wobei ich nicht beurteilen kann, ob alle Ausstellungsstücke erfasst wurden (laut der einzigen Amazon-Kritik ist dem nicht so). Da ich die Ausstellung aber eh nicht gesehen habe, ist mir das egal, denn die vielen Einzeltexte haben mich größtenteils begeistert; die wenigen, die das nicht konnten, waren schnarchig formuliert, aber natürlich inhaltlich genauso spannend.