Leserpost
Montag abend in meinem Postfach:
„Ich lese dein Blog nun bestimmt schon seit 2-3 Jahren, und finde es schade, dass es sich in letzter Zeit zu einem “Koch- bzw. Rezepte-Blog” entwickelt. Vermisse die Zeit, in der du noch über Filme, Bücher, Serien, deinen Job und allgemeine Tagesbeobachtungen geschrieben hast.“
Zuerst wollte ich die Mail persönlich beantworten, aber dann dachte ich, machste das doch mal hier.
Ich habe das selber auch schon mitgekriegt, dass das Blog immer futterlastiger wird, und an manchen Tagen geht es mir auch auf den (haha) Keks. Aber: Das beschäftigt mich nun mal zurzeit. Oder seit ein paar Monaten. Und das geht mir wiederum so gar nicht auf den Keks, weil ich es eben jahrelang vermieden habe, mich großartig mit Essen zu beschäftigen, weil Essen ja doof war. Jetzt ist Essen toll, und deswegen schreibe ich so viel darüber.
Dass das nicht jedem (haha) schmeckt, ist mir auch klar. Aber die Futtereinträge sind im Prinzip nichts anderes als meine Tagesbeobachtungen. Ich könnte jetzt um die Rezepte noch wilde Geschichten stricken, was mir alles beim Einkaufen passiert ist oder wer neben mir im Bus gesessen hat, als ich mit den drei Tüten voller Leckereien gekämpft habe, aber wenn ich ehrlich sein darf: Das geht mir in anderen Fressblogs absolut auf die Nerven. Ich will nicht erst 100 Zeilen Blabla lesen, bevor ich weiß, wie man dieses Rezept jetzt zubereitet. Wenn es passt, lasse ich mir das gerne gefallen, aber auf Krampf eine Alltagsbeobachtung aus einem Schokokuchen zu machen, finde ich doof. Sowohl bei mir als auch bei anderen.
Aber darum geht’s ja gar nicht. Ich schreibe in dieses Blog seit Jahren rein, was mich beschäftigt. (Seit über acht Jahren, um genau zu sein. Hatte am 1. Juli Bloggeburtstag, den ich mal wieder verschlafen habe.) Im Moment beschäftigt mich Essen. Davor waren es Serien. Die beschäftigen mich immer noch, aber dafür muss ich erstmal zehn, zwanzig Folgen gucken, bevor ich was darüber schreiben möchte. Und da ich im Moment viel Zeit in der Küche verbringe oder auf Märkten oder im Internet bei Weinhandlungen, kann und will ich gerade nicht so lange vor dem DVD-Player rumlungern.
Vor den Serien waren es Filme, und da erlebe ich leider schon seit längerer Zeit eine leichte Müdigkeit. Ab und zu finde ich auf iTunes einen Film, den ich sehen und besprechen möchte, aber das wird immer weniger. Mich ins Kino aufzuraffen, fällt mir immer schwerer – auch wenn ich heute um 14.50 Uhr einen Termin mit einem Lichtspielhaus geplant habe. Ob ich ihn einhalte, seht ihr dann morgen. Jetzt schließt auch noch meine Lieblingsvideothek mit den schönen amerikanischen und englischen Filmen, die hier noch nicht im Kino waren, weil sich anscheinend der Rest Hamburgs auch nicht mehr aufraffen kann oder will … ach, ein Elend. Aber solche Filmmüdigkeiten kenne ich von mir, auch wenn sie noch nie so lange gedauert haben wie momentan.
Mittendrin gab’s dann noch die Golfphase, für die ich stapelweise nölige Mails bekommen habe, wenn ich sie mir ausgedruckt hätte. Mein Rücken findet seit einigen Jahren die Abschlagsbewegung leider richtig doof, sonst könnte ich jetzt noch mehr Leser_innen vergrätzen, indem ich weiterhin meine Stunden auf der Range oder den hoppeligen Grüns in Moorfleet beschreibe. (Und danach mach ich Fotos von den Sandwiches im Clubrestaurant, haha.)
Und dann gab’s ganz am Anfang meine deprimierte Singlephase, die in eine fies verknallte Pärchenphase mündete (die netterweise noch anhält). Auch da gab’s Beschwerden: Zuerst die „Stell dich nicht so an“-Mails und dann die „Mann, wir waren alle schon mal verliebt“-Mails, die weniger Zuckerguss im Blog wollten.
Um nochmal auf die Leserpost zurückzukommen, die übrigens mit Anrede und Rausschmeißerfloskeln wirklich freundlich und okay klang und über die ich auch nicht böse bin, ABER: Ich setze mich nicht alle sechs Monate hin und überlege mir, wie ich meine Leserschichten umkrempeln kann. Ich fange nicht an zu kochen, um mir neue Follower zu ergaunern oder meinen Counter in die Höhe zu jagen (oder auf Null zu kriegen). Ich koche, weil es mir jetzt gerade Spaß macht. Genau wie mir Golf Spaß gemacht hat und der eine oder andere Film. Und deswegen schreibe ich drüber. Da steckt kein Plan dahinter. Das ist mein Leben. Und ihr dürft dabei zugucken.
Und wenn ich was mache, was euch langweilt, gibt’s direkt nebenan Blogs ohne Rezepte.
Aber wenn ich in einem Jahr mit Snooker anfange und ihr das nicht mitkriegt, weil ihr lieber woanders lest, dann nölt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt!
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Edit 17.30 Uhr, noch mehr Leserpost: „Ich lese gerne Kochrezepte, aber dennoch: Fang bitte mit Snooker an!“ Hehe.