Was schön war, Dienstag, 9. Mai 2017 – „A Little Life“
Ich musste die Uni gestern schwänzen und ich konnte auch nicht ins ZI fahren, denn ich wollte A Little Life zuende lesen, das mich seit Tagen in seinem Bann hatte. Es ist kein leicht zu lesender Roman, denn eine der vier Hauptfiguren leidet unermüdlich und einsam vor sich hin, und als Leserin leidet man mit und weiß nie so recht, ob man ihn jetzt durchschütteln oder in den Arm nehmen will, was beides keine guten Ideen wären bei seinem Hintergrund. Das ganze Ausmaß seines Schmerzes enthüllt sich erst im Laufe der gut 800 Seiten, und obwohl man recht schnell ahnt, wo es hingeht, nimmt einen doch jede Seite mit. Die letzten 100 Seiten habe ich quasi durchgeheult, weil ich nur noch wollte, dass es vorbei ist.
Und dann eben doch nicht. Die Sprache ist unwiderstehlich, auch wenn ich manchmal gerne einen Adjektivschlenker weniger gehabt hätte; da ist eine Aussage auf die Zwölf und dann muss unbedingt noch eine Dreizehn oder eine Vierzehn draus gemacht werden. Die Figuren sind manchmal etwas platt, dann aber doch vielschichtig skizziert, so dass man ihnen gerne folgt. Das Motiv des Aushaltens wird im Laufe des Romans immer schwerer, haha, auszuhalten, aber auch das habe ich dem Buch verziehen, weil es trotz aller Schwere mühelos drei Jahrzehnte beschreibt, die sich nicht sprunghaft, sondern organisch entwickelt anfühlen.
Ich kann jede Perlentaucher-Kritik nachvollziehen und lege euch das Ding einfach mal ans Herz. Nun muss ich allerdings sehr überlegen, was ich als nächstes lese. Vielleicht traue ich mich endlich an Strunks Der goldene Handschuh ran, um das ich seit einem Jahr ängstlich schleiche. Abgehärtet bin ich jetzt.