Was schön war, Donnerstag bis Sonntag, 7. bis 10. Juni 2018 – Drinnen bleiben
Von Donnerstag bis Sonntag musste ich nur zum Einkaufen vor die Tür oder um Dinge aus der Packstation zu holen, was sich meist entspannt verbinden ließ. Ansonsten durfte ich im Heimbüro vor dem Ventilator texten, barfuß und in sehr bequemen Klamotten. Ich hätte zwar noch lieber einfach auf dem Sofa gelegen mit einem nassen Waschlappen im Gesicht, aber das war okay so.
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Am Freitag lauschte ich einem Livestream mit Musik von Helmut Lachenmann. Die Übertragung aus dem Herkulessaal in München wird am 19. Juni von BR Klassik nochmal gesendet und ich lege euch die mal ans Herz. Alleine für die niedliche, gefühlt nur dreiminütige Verarsche auf Marschmusik.
Das längere My Melodies hat mich dann noch mehr fasziniert. In der ersten Hälfte war ich ein bisschen traurig, nicht selbst im Saal zu sitzen, aber bei diesem Stück war ich für den Stream sehr dankbar. Von unten aus dem Zuschauerraum hätte ich vermutlich nicht gesehen, wie die Bratschen ihre Bögen teilweise schräg über den Steg geführt haben, um ein sehr seltsames Klangbild zu erzeugen. Die Pauken wurden mit Putzbürsten bearbeitet, die Pianistin hatte diverse Dinge auf den Saiten ihres Flügels stehen, die Hörner und Posaunen pusteten ohne Mundstücke in ihre Instrumente, und überhaupt war ich sehr überrascht davon, wie wenig Lärm ein so großes Orchester erzeugen kann, obwohl alle irgendwie was zu tun haben.
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Aus diesem Artikel über die Aussprache des Gendersternchens lernte ich, dass wir im Deutschen einen „stimmlosen glottalen Verschlusslaut“ haben. Bei der Lektüre des Artikels sprach ich diverse Wort zum ersten Mal bewusst laut aus („Ver-ein“) und war mal wieder über meine eigene Muttersprache erstaunt.
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Samstag, später Abend. Vom Königsplatz wehte ein bisschen Metalmusique zu mir hinüber, F. schickte das passende Bildmaterial per DM, denn der Mann rockte mal wieder durch die Gegend, ich spielte Candy Crush und gönnte mir einen Whisky.
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Mit einer meiner Hamburger Cheerleaderinnen telefoniert und in ein sehr seltsames Kaninchenloch gezogen worden.
„Ich gucke neuerdings total entspannende Videos von Frauen, die Seifenstücke zerschneiden.“
„Haben die Frauen was an? Musst du dafür was zahlen?“
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Gestern durchschritt ich das drittletzte Kapitel vom Ulysses, das mir wie eine Pastiche (oder sogar Parodie) auf Proust, Dickens, Melville und die anderen Herren mit den langen Texten und den vielen Adjektiven vorkam. Das war mit Abstand das un-ulysseischste Kapitel im Buch, weil es sich so normal angefühlt hat. Und so sehr ich bei allen anderen Kapiteln zwar davon fasziniert war, dass ich Dinge lese und nicht weiß warum, weil ich nicht weiß, was das alles soll, aber gleichzeitig ein bisschen verlassen auf hoher See war, weil ich eben nicht wusste, wo es hingeht, so war ich hier auf einmal im sicheren Hafen total gelangweilt. Hier kenne ich ja alles! Werd bitte wieder irre, du seltsamstes Buch aller Zeiten!
🤣👍
— James Joyce Centre (@BloomsdayDublin) 10. Juni 2018