Tagebuch, Sonntag, 16. September 2018 – Open Art
Gestern klapperten F. und ich einige der Galerien ab, die sich an der diesjährigen Open Art beteiligten. Wir starteten bei Karin Sachs, die gerade Arbeiten der iranischen Künstlerin Parastou Forouhar zeigt. Mir gefielen die Fotografien aus der Reihe „The Grass is Green, the Sky is Blue, and She is Black“ sehr (die für mich aber nicht bezahlbar waren) und genoss den von der Künstlerin selbst gestalteten Galerieraum, in den sie sinnlose Schriftzeichen gesetzt hatte, die an die arabische Schrift erinnerten. Wir kannten die Dame aus einer Ausstellung in der Villa Stuck, wo wir sie bei Common Grounds gesehen hatten (Fehlfarben-Podcast von 2015 dazu).
Danach kamen ein paar Ausfälle; weder bei Barbara Gross noch bei Jo van de Loo konnte mich irgendetwas so richtig überzeugen. Und auch nicht bei den beiden Läden nebenan, die nicht auf dem Plan verzeichnet sind. Dann aber schauten wir in der Micheko-Galerie vorbei – und verliebten uns beide in das gleiche grafische Blatt von Katsumi Hayakawa. Außerdem staunte ich sehr lange über die filigranen Gebilde an der Wand, die eine Mischung aus Bauplänen und Miniaturhochhäusern aus Blade Runner waren. Auch sie hätte ich sofort mitnehmen wollen, aber: jetzt gerade nicht, geldmäßig. Leider. Aber dieses grafische Blatt – ich dachte über meinen Kontostand nach und überlegte.
Wir gingen weiter und besuchten beide Locations der Galerie Klüser, wo ich auch gerne mehrere Werke eingepackt hätte. In der ersten Location hingen sogar bezahlbare Picassos (und unbezahlbare Cy Twomblys), aber ich verknallte mich in die Fotografien von Jitka Hanzlová, die Teile ihrer Serie „Flowers“ ausstellte, die mich an den Großmeister Karl Blossfeldt erinnerten. Ich mochte ihre zarte, fast irreale Farbigkeit und die Strenge der Darstellung.
In der zweiten Location passierte dann das, wovor ich mich gefürchtet hatte: Ich sah ein Werk, das ich sofort hätte mitnehmen wollen. Nicht mehr über den Kontostand nachdenken, nein, gleich einpacken und aufhängen, denn jetzt habe ich ja irre viele freie Wände! Aber ich beherrschte mich, werde brav darüber schlafen und diese Woche noch mehrmals vorbeikommen, um zu gucken, ob das kleine bunte Blatt von Alex Katz immer noch die gleiche Faszination auf mich ausübt wie gestern.
F. zu mir: „Druckgrafik ist die Einstiegsdroge.“ JA DANKE AUCH. Ich wollte gerade einwenden, dass ich noch nie Kunst gekauft hatte, bis mir einfiel, dass ich mehrere Katia Kelms besitze sowie die irre große Luise. Und mit drei Leo von Weldens bin ich quasi Sammlerin, auch wenn ich für die Blätter und Bilder nichts bezahlt habe, sondern sie von der Künstlertochter geschenkt bekommen habe. Jetzt dürfen auch sie endlich an die Wand.
Wir kehrten in den Georgenhof ein, um uns nach dem Fußmarsch zu stärken, Käsebrot für mich, Leberwurstbrot für den Herrn, und dann ab in die letzte Galerie. Sabine Knust zeigt gerade afro-amerikanische und afrikanische Künstler*innen, und auch dort hing ein Blatt, bei dem ich sofort die Geldbörse zücken wollte. Aber auch hier schlafe ich drüber, gehe noch fünfmal gucken, ob mir Alison Saar weiterhin gefällt und dann überlege ich, welches Blatt ich mir selbst zur neuen Wohnung schenke.
Auf dem Rückweg schauten wir ein weiteres Mal bei der Micheko-Galerie vorbei und schon da merkte ich, dass ich das Blatt zwar immer noch toll fand, aber die anderen beiden besser. Mal sehen, ob F. sich das Ding gönnt. Dann kann ich es auch immer anschauen. Praktisch!
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Und wo wir gerade bei Anschauen sind: Vor Kurzem entdeckte ich den französischen Fotografen Nicolas Krief auf Instagram. Der Herr fotografiert gerne Menschen beim Kunstgucken, aber, noch toller, Menschen beim Kunstaufbauen. Ich verlinke mal seine Website, wo ihr euch bitte durch Accrochages 1 und Accrochages 2 klickt. Leider steht bei den Fotos nicht, welche Kunstwerke gerade abgebildet sind; in seinem Instagramstream macht er das manchmal. Hier ein paar Kostproben.