Commander in Chief

Ab 15. August läuft Commander in Chief unter dem „deutschen“ Titel Welcome, Mrs. President auf Sat.1 an. Die Wikipedia weiß, dass der Titel nicht ganz korrekt ist (es müsste „Madame President“ heißen), und dass er doof ist, wissen wir alle. Die Serie wurde in den USA bereits nach einer Staffel eingestellt – und nachdem ich die erste Hälfte dieser Staffel gesehen habe, ahne ich, warum.

Generell finde ich die Idee, das Amt des amerikanischen Präsidenten mit einer Frau zu besetzen, natürlich spannend. Die übliche fish-out-of-water-Idee, die hier im Prinzip ganz gut funktioniert, weil die Drehbuchautoren weitestgehend darauf verzichtet haben, „typische“ Frauenthemen zu verwursten. So muss sich Geena Davis in der Hauptrolle nur einmal um ihre Klamotten Sorgen machen und kein einziges Mal um ihre Frisur, was ich sehr angenehm fand. Außerdem macht sie gleich in einer der ersten Folgen selber Witze darüber, ob sie alle vier Wochen nicht lieber vom roten Knopf ferngehalten werden sollte – und das war’s dann eigentlich auch mit der Besonderheit, jetzt eben eine Frau als Oberhaupt von fast 300 Millionen Menschen zu haben.

Trotzdem ist auf einmal die Familie sehr wichtig. Ich fand es einerseits interessant zu sehen, was die Kinder so machen, wie sie mit der Öffentlichkeit klarkommen, wie sie ihre Pubertät durchstehen, denn der Aspekt kam bei der einzigen anderen Serie, die im Oval Office spielt, The West Wing, meist zu kurz. Wohl auch deshalb, weil der Schwerpunkt eben einfach ein anderer war. Andererseits verwässern diese Kuschelstorys das Grundthema Politik. Wenn ich eine Serie schon in ein politisches Setting setze, sollte das meiner Meinung nach eben das Hauptthema sein. Genau das ist es aber nicht – und wenn doch, kommen einem die politischen Manöver geradezu rührend naiv vor, wenn man die geschliffenen Dialoge und raffinierten Aktionen aus The West Wing im Kopf hat.

Es gibt mit Donald Sutherland als Speaker of the House einen sehr guten Widersacher zu Davis. Sutherland schafft das Kunststück, dass man ihm abnimmt, dass er seine Chefin zutiefst verabscheut und sie gleichzeitig dafür bewundert, dass sie einfach ihren Job macht, auf den sie kaum vorbereitet war (sie war Vizepräsidentin, als der Präsident überraschend verstarb). Harry J. Lennix spielt als Chief of Staff ebenfalls einen ordentlich gemachten Charakter, auch wenn ich mir für ihn mehr Konflikte gewünscht hätte. Schließlich war er der Chief of Staff des verstorbenen Präsidenten, der seinen Vize gar nicht im Oval Office sehen wollte. Ansonsten tummeln sich ziemlich viele Nullnummern im Westflügel des Weißen Hauses. In fast jeder Folge wird jemand gefeuert oder geht von alleine, während andere Figuren und ihre Geschichten schlicht verschenkt werden – zum Beispiel die ehemalige First Lady, die zunächst nicht aus dem Weißen Haus ausziehen möchte. Oder eben Geenas Göttergatte, der nun First Gentleman ist. Anstatt ihm noch ein paar schicke Storylines zu basteln, wie er dieses neue Amt gestaltet, wird er einfach advisor der Präsidentin und fertig. Laaangweilig.

Nach den ersten zehn Folgen bin ich mir nicht sicher, ob ich die restlichen überhaupt noch sehen will, denn Commander in Chief ist leider nichts weiter als das zigste Prime-Time-Drama einer berufstätigen Ehefrau. Dass diese Frau nebenbei noch Oberhaupt eines Landes ist, spielt leider nicht die Hauptrolle. Dann hätte man die Serie auch im Krankenhaus oder auf unseren kleinen Farm oder in der Wisteria Lane spielen lassen können.

Pirates of the Caribbean: Dead Man’s Chest

Pirates of the Caribbean: Dead Man’s Chest (Fluch der Karibik 2, USA 2006, 150 min)

Darsteller: Johnny Depp, Orlando Bloom, Keira Knightley, Bill Nighy, Stellan Skarsgård, Jack Davenport, Jonathan Pryce, Lee Arenberg, Mackenzie Crook, Tom Hollander
Musik: Hans Zimmer
Kamera: Dariusz Wolski
Drehbuch: Ted Elliott & Terry Rossio
Regie: Gore Verbinski

Offizielle Seite

Trailer

Ach, es hätte so schön sein können. Johnny Depp ist wieder da und tuckt sich durch über zwei Stunden Film, Orlando Bloom darf wieder hübsch aussehen und sogar seinen entzückenden Rücken entblößen (auch wenn das zum Auspeitschen geschieht), Keira Knightley darf wieder ganz undamenhaft fechten und schwitzen und rennen und Rum trinken, und überhaupt ist so ziemlich, nein, Moment, eigentlich ist wirklich die ganze Bande aus dem ersten Teil, Pirates of the Caribbean: The Curse of the Black Pearl, versammelt, um sich mit Hingabe dem zweiten Teil des Freibeuterspektakels zu widmen. Hans Zimmer hat einen Krachersoundtrack hingelegt, als ob Metallica mal zum Kontrabass gegriffen hätten, und Gore Verbinski sitzt wieder auf dem Regiestuhl. Ach, es hätte so schön sein können.

Pirates of the Caribbean: Dead Man’s Chest tappt aber genau in die Falle, in die der erste Teil eben nicht gestolpert ist. Dem ersten Teil hat man zwar angemerkt, dass ne Menge Geld für die Special Effects rausgehauen wurde, aber trotzdem hatte man die ganze Zeit das Gefühl, dass niemand wirklich daran geglaubt hat, dass der Film ein Kassenschlager wird. Und deshalb haben einfach mal alle vor der Kamera rumgealbert und nichts dagegen gehabt, dass Johnny Depp Kajal trägt und sich über ein ganzes Filmgenre lustig macht. Dem zweiten Teil sieht man noch mehr an, dass noch mehr Geld für noch mehr Special Effects rausgehauen wurde. Man sieht ihm aber leider auch an, dass diesmal die Zielvorgabe klar war: Nix ist mehr mit lustig sein, jetzt machen wir Popcorn-Kino vom Reißbrett. Lauter, düsterer, noch mehr sinnlose Story und noch mehr Plotpoints, die schon im ersten Teil eher gestört haben, weil man einfach nur Johnny Depp beim Nuscheln zugucken wollte und es eigentlich gar nicht interessiert hat, wer jetzt warum dieses blöde Schiff haben will.

In diesem Teil geht es um einen Schlüssel. Und der gehört zu einer Kiste. Und da ist was Tolles drin. Und um die Kiste zu finden, braucht man einen Kompass. Und den hat Jack Sparrow. (“CAPTAIN! Jack Sparrow.”) Dann flusern noch Will (Bloom) und Elizabeth (Knightley) in der Story rum, die verhaftet werden, weil sie damals CAPTAIN Jack Sparrow (Depp) zur Flucht verholfen haben, dann gibt’s noch irgendeinen perückten Briten, der Sparrow begnadigen will, wenn er erst diesen Kompass hat, obwohl er den nicht braucht, um die Kiste oder den Schlüssel oder den Sinn des Lebens zu finden, sondern für was anderes, aber über all diesen Kram will man doch gar nicht nachdenken. Ich wollte es jedenfalls nicht.

Ich habe lieber versucht, die Szenen zu genießen, die Spaß gemacht haben. Zum Beispiel die wilden Variationen der klassischen Verfolgungsjagd. Klar kann man mit Booten um die Wette fahren oder einfach durch den Dschungel laufen. Man kann aber auch in einem rollenden Wasserrad zu dritt fechten, dabei versuchen, an den bereits erwähnten Schlüssel zu kommen, der im Rad hängt, fällt, irgendwo hängenbleibt, wieder fällt … und sich dabei möglichst nicht das Genick zu brechen. Oder man kann bunt bemalten Menschenfressern entkommen, indem man eine lange Bambusstange auf dem Rücken gebunden hat und damit Früchte aufspießt und sie auf seine Widersacher schleudert. Oder man teilt sich zu dritt zwei Schwerter und rennt nebenbei noch vor den muschelbewachsenen Männern des Fliegenden Holländers weg.

Gerade diese Szene war großes und dabei mal wieder schlicht lustiges und wunderbar choreografiertes Kino. Wie sechs Menschen versuchen, sich gegenseitig Schlüssel, Kiste und Kisteninhalt abzuluchsen, dabei auf ein Boot kommen wollen und noch ne Runde Verfolger abschütteln, war schon sehr hübsch anzuschauen. Es hat sich angefühlt wie überdimensioniertes Hütchenspielen oder Cluedo im Zeitraffer: Wer hat jetzt wen im Nacken und wo ist jetzt was? Zwischendurch noch ein paar rausgewürgte Einzeiler von Depp oder eine Weibcheneinlage von Knightley, die logischerweise nicht funktioniert – passt und macht Spaß.

Dummerweise waren es aber genau diese typischen Depp-Sprüche, bei denen ich böse das Gefühl hatte, gerade ganz kalkuliert zum Lachen gebracht worden zu sein. Ich stelle mir vor, wie die Produzenten im Meeting zusammengesessen und sich überlegt haben, hm, welche Gags kamen denn letztes Mal am besten an? Genau die nehmen wir noch mal und zitieren sie total clever, so dass das Publikum sich freut, die alten Kumpel wiederzusehen. Und wir müssen uns nicht mal neue Witzchen ausdenken. Lunch?

Auch die Widersacher von Sparrow und seinen Kumpanen haben mir leider nicht so gefallen. Diesmal ist es niemand geringeres als der Fliegende Holländer mit seinen auf Ewigkeit verfluchten Jungs. Und weil die Ewigkeit eben so lange dauert und sie ständig auf See sind, besteht die ganze Mannschaft aus komischen Fischköppen und Krustenviechern, die böse mit Muscheln und Algen zugewachsen sind. Oberkrabbe Holländer hat lauter Tintenfischarme als Barthaare und kann mit den Tentakeln sogar Orgel spielen. Bei der Szene habe ich wirklich auf das Phantom der Oper gewartet, und es würde mich nicht wundern, wenn in fünf Jahren aus der ganzen Sause ein tofftes Musical wird. Trotz der unfreiwilligen Komik, die eben entsteht, wenn Calamari reden wollen (ich musste die ganze Zeit an Dr. Zoidberg aus Futurama denken), ist das Holländer-Team zu bedrohlich und düster und eben verdammt tot und verflucht, um wirklich lustig zu sein. Bei den Skeletten im ersten Teil hat man immer noch eine Portion Galgenhumor gespürt. Hier ist einfach alles verloren, und die Jungs haben wirklich keinen Funken Humor in den Scheren. Deswegen bekommt der ganze Film einen fast traurigen Touch und ist leider nicht mehr der fluffige Sommerfilm, der mal eben Kopf und Bauch amüsieren will.

Und das Dümmste an der Toten-Manns-Kiste ist, dass der Film nicht mal ein richtiges Ende hat. Der zweite und dritte Teil wurden gleich in einem Aufwasch gedreht, was mich, ehrlich gesagt, nicht unbedingt auf den dritten Teil hoffen lässt. Deswegen hat Dead Man’s Chest auch keine große Pointe zum Schluss, sondern einen Cliffhanger (immerhin einen guten). Und das macht es noch anstrengender, den Film toll finden zu wollen, denn man fragt sich schon nach den verdammt langen 150 Filmminuten: Warum, ihr Klabautermänner, hab ich mir das gerade alles angeguckt? Das ist kein Film, das ist eine Exposition. Und ich will jetzt, jetzt, jetzt eine Auflösung und nicht erst in einem Jahr.

Mein Tipp also: Nicht ins Kino gehen. Warten, bis der dritte Teil anläuft und dann einen Abend vorher die DVD vom zweiten ausleihen. Reicht völlig. Auch wenn die Seeschlachten zugegebenermaßen auf einer großen Leinwand schon verdammt gut aussehen.

Bitte lesen Sie autofab.

Die Idee des SZ-Magazins „Sagen Sie jetzt nichts“ (Herrn Wickert gibt es hier zu bewundern) ist fies geklaut, wie mir Alex gesteckt hat. Und zwar von einer Uralt-Fotosession von Philippe Halsman mit Fernandel. Das Buch The Frenchman ist als Reprint bei Taschen erschienen.

(Nachtrag: Patrick hat mich per Mail darauf hingewiesen, dass das SZ-Magazin genau diese Fotosession in ihrer ersten „Sagen Sie jetzt nichts“-Kolumne als Inspiration erwähnt hat. Das habe ich anscheinend völlig überlesen. Ich wollte mit obigem Eintrag auch nicht der SZ ans Bein pinkeln. Wie Patrick richtig schreibt: „Die Idee ist doch gut, warum nicht wiederbeleben. Selbstverständlich wird keines dieser Interviews wieder so gut sein wie das von Fernanadel.“)

„Sebastian Koch ist immer noch nicht der gleichnamige Schauspieler und beantwortet daher nur sehr selektiv Autogrammwünsche.“

Ich schreibe wieder.

Das freut mich sehr.

Fernsehkritiker Tim Goodman schreibt in seinem Blog über Aaron Sorkins neue Show Studio 60 on the Sunset Strip (ich erwähnte sowohl die Serie als auch das Drehbuch zur Pilotfolge bereits – los, lesen).

Sorkin says he’s changed the way he’s writing this show as compared to The West Wing – which should please NBC since his inability to delegate and need to write every word was one of the main reasons he was removed from The West Wing, since the delays in the writing ended up costing lots and lots of money.

There have been stories about an alleged “backlash” against Studio 60 but none of it makes much sense in the real world. The gist is that as one of the most talked about new series – probably because Sorkin was returning to network television – Studio 60 had a high profile ripe for speculation. So? Exactly. But an early script did pop up on the internet as did, allegedly, some clips, and people in the blogosphere – known as non-pro in Variety speak – started to log in. But look, I’ve seen this pilot already some time ago and it was exactly what you’d expect from Sorkin. Smart, fast-paced, a bit inside baseball and of the highest quality. The acting performances are solid and the writing is great. What’s not to like?“

Okay, wenn das im September in den USA anläuft, endet die Staffel im Mai, was bedeutet, dass ich noch bis … September 2007 bis zur DVD-Box warten muss. Gnarg.

„Questions I have many,
answers but a few
But we’re here to learn, the spirit burns
to know the greater truth
We’ve all been crucified
and they nailed Jesus to the tree
And when I’m born again,
you’re gonna see a change in me

God made me for a reason
and nothing is in vain
Redemption comes in many shapes
with many kinds of pain
Oh sweet Jesus if you’re listening,
keep me ever close to you
As I’m stumblin’, tumblin’, wonderin’,
as I’m travelin’ thru

Montagsmaler

Ich erwähnte bereits, dass ich dem Gehirnjogging auf Nintendo DS verfallen bin. Ein lustiges Feature bei dem Spiel ist, drei Bilder zeichnen zu müssen und sie danach mit der Vorlage des Systems zu vergleichen. Das System gibt immer ein „Charakteristikum“ wieder, das das zu zeichnende Bild beschreibt und was man tunlichst hätte zeichnen sollen. Es gibt keine Punkte oder Wertung oder ähnliches, es dient einfach nur dazu, den Kopf ein bisschen in Schwung zu kriegen. Ich muss gestehen, dass ich bei einigen Begriffen wirklich Schwierigkeiten hatte. Mein Krebs war eher eine Languste (Charakteristikum: Scheren), Rodins Denker (Charakteristikum: Haltung) sah eher aus wie von Picasso, und Japan habe ich überhaupt nicht hingekriegt (Charakteristikum: vier Inseln – ich glaube, ich habe eher Indonesien gezeichnet bzw. hingepünktelt).

Aber meinen Minotaurus finde ich ausgesprochen gelungen.

(liebevoll vom Kerl mit Handy fotografiert, weil meine Digicam immer noch kaputt ist. Beziehungsweise weil sich niemand um meine kaputte Digicam kümmert. Also ich oder so.)

Wie gut, dass Moni aufgepasst hat, sonst wäre mir ne Menge entgangen. Der faule Schwenzel hat Gastautoren, von denen ich ja schon länger heimliches Groupie bin. Jetzt dann nicht mehr so heimlich.

Transamerica

Wunderschöner, berührender, emotionaler, lustiger, trauriger, spannender und überhaupt alles-was-an-Adjektiven-noch-geht-Film über einen transsexuellen Mann, der kurz vor seiner Operation zur Frau erfährt, dass er bei einem One-Night-Stand wohl Vater geworden ist. Sein Sohnemann ist inzwischen 17, schafft in den Straßen New Yorks an und sitzt nun wegen Drogenbesitzes im Knast, aus dem Stanley/Bree (Felicity Huffman) ihn herausholen soll. Das tut sie (man hat nie einen Zweifel daran, dass Bree eine Frau ist) dann auch und packt ihn ins Auto, um ihn mit nach Los Angeles zu nehmen, allerdings ohne ihm zu sagen, wer sie wirklich ist. Transamerica beschreibt nun diese Reise quer durch den Kontinent.

Das Schöne an dem Film ist, dass er sich auf seine Hauptgeschichte konzentriert: das Treffen zweier Menschen, die miteinander und mit ihrer Vergangenheit klarkommen müssen. Die eine, weil sie mit sich im Reinen sein will (bzw. muss, laut ihrer Therapeutin, die sonst die Einverständniserklärung zur OP verweigert), der andere, weil ihm schlicht nichts anderes übrig bleibt als sein Leben irgendwie auf die Reihe zu kriegen. Das Thema Geschlechtsumwandlung oder biologische Identität wird zwar am Rande mal mitgenommen, wird aber nie für blöde Kalauer missbraucht. Natürlich dreht sich die Diskussion irgendwann darum, als Sohn Toby mitkriegt, dass die angebliche Kirchenangestellte einen Penis hat, aber selbst dann ist das nicht das Hauptsujet.

Der Film hat ein sehr eigenartiges Tempo. Das reine Unterwegssein versetzt einen als Zuschauer in einen angenehmen Fluss, und bei jeder Unterbrechung wird einem eine neue Geschichte erzählt bzw. ändert sich die Richtung des Films. Am Anfang kreisen die beiden Hauptfiguren noch etwas befangen umeinander herum, schließlich akzeptieren sie, dass sie zusammen unterwegs sind, dann bricht ein kleiner Machtkampf aus – und der resultiert darin, dass Bree ihre Lüge, ihre Eltern seien tot, aufgeben muss. Vater/Mutter und Sohn, der davon noch nichts ahnt, landen im Haus von Brees Eltern. Bisher hat der Film wenig spüren lassen, wie schwer Brees Leben bzw. wahrscheinlich das jeden Transsexuellen ist. Aber die Szene, bei der die Mutter Bree zwischen die Beine greift, um triumphierend festzustellen, dass diese immer noch ihr Sohn sei, ist in ihrer Direktheit und kompletten Unsensibilität schon sehr schmerzhaft anzusehen. Auch wie Toby schließlich erfährt, wer Bree wirklich ist bzw. war, reißt einen ziemlich aus der angenehm warmherzigen Erzählweise.

Transamerica ist sicher ein Plädoyer für mehr Toleranz und Verständnis, aber netterweise trägt er diese Botschaft nicht großmäulig vor sich her. Er erzählt eine schlichte Familiengeschichte mit einer kleinen, aber nicht unwichtigen Wendung. Dass diese Geschichte funktioniert und nicht zu einem tränenreichen Schmalzfest wird, ist vor allem Felicity Huffman zu verdanken, die sich so sicher in ihrer Rolle ist, dass auch wir als Zuschauer gar keine Zweifel daran haben, dass alles so seine Richtigkeit hat.

Why We Fight

Dokumentarfilm über den von Dwight D. Eisenhower erstmals so bezeichneten military-industrial complex. Im Prinzip geht es um den Irakkrieg, warum genau es dazu gekommen ist und was die Vereinigten Staaten da eigentlich immer noch machen, wenn sie doch das ganze Land in wenigen Wochen oder Monaten zu einem souveränen, demokratischen, kapitalistisch orientierten Staat hatten machen wollen. Im Einzelnen werden aber mehrere Geschichten erzählt, die zusammen ein sehr beunruhigendes Bild ergeben.

In Why We Fight kommt u.a. eine ehemalige Pentagon-Mitarbeiterin zu Wort, die am Tag des Kriegsbeginn gegen den Irak ihren Posten verlassen hat, weil sie bis heute der Meinung ist, Amerika und die Welt seien in diesen Krieg hineingelogen worden. Mitten im Film tauchen Bilder auf, die sich heute sehr seltsam anfühlen. Saddam Hussein wurde in den 80er Jahren von der CIA im Irak etabliert, um ein Gegengewicht zum aufkommenden Islamismus des Iran zu bilden. Wir sehen Hussein, wie er einem lächelnden Donald Rumsfeld die Hand schüttelt, wir sehen die Waffenlieferungen aus den USA an den Irak und hören aus dem Off den netten Kommentar: “We know Iraq owns weapons of mass destructions. We have the receipts.”

Der Film bezieht natürlich ganz klar Stellung und macht auf die Verquickungen von Industrie und Militär und die daraus resultierenden Konflikte aufmerksam. Dabei ist er aber nicht ganz so holzschnittartig wie z.B. Michael Moore in Fahrenheit 9/11, und wir müssen auch keine weinenden Soldatenmütter ertragen. Dafür erzählt uns Why We Fight eine andere Geschichte, die ich genauso unfassbar finde.

Im Film lernen wir einen pensionierten Polizei-Offizier kennen, der seinen Sohn bei den Anschlägen am 11. September verloren hat. Er sucht nach einer Möglichkeit, seinem Sohn eine Art Denkmal zu setzen. Als der Krieg gegen den Irak beginnt – der ja damals als Hauptschuldiger für 9/11 genannt wurde –, beschließt der Vater, eine alte Militärtradition wieder aufleben zu lassen und bittet diverse Militärangehörige per E-Mail, den Namen seines Sohnes auf eine Bombe zu schreiben, die über dem Irak abgeworfen wird. Im Nachhinein ist dem Vater klargeworden, dass der Irak nicht der Schuldige ist; er bedauert aber nicht, was er getan hat. Der Film macht spürbar, wie groß die Wut und die Verzweiflung auf ein Land sein können, mit dem man vorher nie etwas am Hut gehabt hat. Man ahnt, dass Väter und Mütter im Irak, die ihre Kinder verloren haben, genauso seltsame Gedankengänge haben können wie der New Yorker Polizist. Und man ahnt, dass die derzeitige Außenpolitik der USA viel weiterreichende Folgen haben könnte, als sie bisher sichtbar sind. Der republikanische Senator und ehemalige Vietnam-Kämpfer John McCaine fasst es gut zusammen: “When do the United States go from being a force of good to being a force of imperialism?”

American Dreamz

Parodie auf die American-Idol-Deutschland-sucht-mal-wieder-Superstar-etc-Shows. Sich über die Kandidaten und ihren teilweise eislaufmuttiartigen Ehrgeiz lustig zu machen, reicht American Dreamz (American Dreamz – Alles nur Show) aber nicht. Stattdessen wird noch ein völlig absurder Erzählstrang eingefügt über einen Iraker, dessen Mutter bei einem amerikanischen Luftangriff ums Leben kam und der nun in einem Terroristencamp ausgebildet wird, aber schließlich mit Bombengürtel als Kandidat in der Show landet. Und noch eins obendrauf: als Gast sitzt niemand geringeres als der Präsident der Vereinigten Staaten in der Jury, der erst vor kurzem angefangen hat, Zeitungen zu lesen, und dessen Vizepräsident, der so dermaßen auf Dick Cheney geschminkt ist, dass es komplett unlustig ist, ihm per Ohrstöpsel alles einflüstert, was er sagen soll.

Der Film will eine Satire sein: auf das Showbusiness, das nichts mehr dem Zufall überlässt und jede Emotion auf Knopfdruck produzieren kann, und auf die Masse an völlig talentfreien Großkotzen, die berühmt sein wollen, weil ihnen nichts Besseres einfällt. Damit hätte man ja schon genug zu tun gehabt, und in Ansätzen ist der Film wirklich lustig. Mandy Moore (wieder erblondet) macht sich ein bisschen über sich selbst lustig und ist daher ziemlich unangreifbar in ihrer Rolle als Mittelklassenkaraokebraut, die plötzlich im Finale steht und dafür über Leichen gegangen ist. Hugh Grant gibt mal wieder das Arschloch; seine Rolle wurde an einen der Moderatoren von z.B. American Idol, Simon Cowell, angelegt. Ich mag Grant ja gerne zuschauen, wenn er durch die Gegend schnuffelt, aber in letzter Zeit mag ich ihn noch lieber, wenn er sich benimmt, als habe er keine Gefühle, denn das kann er ziemlich gut.

American Dreamz muss sich aber leider noch mehr ins Drehbuch schreiben. Er will außerdem eine Satire auf den anscheinend strunzdummen Präsidenten sein, der zurzeit im Weißen Haus wohnt. Dennis Quaid spielt diesen Präsidenten, und auch bei ihm wurde viel Wert auf äußerliche Ähnlichkeit gelegt, was mir die ganze Sache einfach zu billig gemacht hat. Die diversen Anspielungen auf das niedrige Bildungsniveau, den Papa, der auch schon mal Präsident war, und eine Ehefrau, die einen texanischen Akzent hat, sollten eigentlich ausreichen, um wirklich jedem klarzumachen, um wen es hier geht.

Durch die Vermischung der beiden Themen, die geschmacklich – und vor allem von ihrer Wichtigkeit her – einfach verdammt weit auseinanderliegen, entsteht ein sehr unausgegoren wirkender Mix. Ich habe mich zwar brav unterhalten lassen, konnte mich aber teilweise nicht entscheiden, ob ich jetzt lachen oder ärgerlich vorskippen sollte. Ich glaube, wenn man sich schon über die Ausbildung von Selbstmordattentätern lustig macht, dann sollte man es so dermaßen überziehen, wie es die Pythons mit allem gemacht haben. American Dreamz war einerseits zu harmlos und andererseits zu bescheuert, um als Komödie oder als ernstgemeinte Satire zu funktionieren. Eine Message weniger (oder die Konzentration auf eine) hätte dem Film sehr gut getan.

Glückwunschanzeigen sind, wie auch das Werbewunderland schon mal sagte, ein königlicher Schmerz im Arsch. Aber wie Citroën bzw. … irgendeine Agentur, nach der ich jetzt zu faul bin zu googeln … der auto, motor und sport zum 60. Geburtstag gratuliert, ist schon sehr hübsch.

In meinen Büro steht die Klimaanlage auf 25 Grad.

Und mir ist kalt.