„Die Walküre“ mit Weinbegleitung

Das Betahaus in Hamburg zeigt am kommenden Samstag, 21. August, um 16 Uhr den Livestream der Walküre aus Bayreuth, den ich lieber auf dem heimischen Sofa und alleine genieße.

Aber wer das in Gesellschaft machen möchte, kriegt sogar noch was zu trinken und zwar was sehr Anständiges: einen leckeren Wein von Van Volxem, einem der besten deutschen Rieslinggüter. Van Volxem haben mit ihren Rieslingen bei der „Best of Wine“-Blindverkostung im Juli von 116 deutschen Weinen die ersten beiden Plätze bei den Weißweinen belegt.

Danke an Florian für den Hinweis.

Ein kleiner Nachtrag zu Kleidung:

Der Guardian drückt sehr schön aus, warum mir persönlich die Fatshionista-Galerie geholfen hat:

“”Clicking through these photos, you get a sense of just how easy it might actually be to change our visual culture. Dodai Stewart, deputy editor of popular women’s website Jezebel, has written of her first encounter with Fatshionista that “while scrolling through the images, it was startling, at first, to see picture after picture of ‘fat’, plus-size, or heavy women. Not because of their bodies, or their clothes – they look fantastic – but because I just wasn’t used to it”.

I ask feminist and psychoanalyst Susie Orbach, author of Bodies, whether she thinks these sites could shift our cultural outlook, expand our notions of beauty. “There’s no doubt that they could,” she says, before explaining the way we respond to images. “How do we get from a trend for straight-legged jeans to wide jeans? At first we find the new image foreign and horrible, and then it becomes very present, and we start to feel there’s something wrong with us because we don’t conform to it, and we want to catch up. It’s the same with body image”. Because we constantly see photographs of very thin women, many of them Photoshopped, we spend our lives trying to fit that impossible ideal – a relentless, often futile quest. “If we were seeing images, not just of fat women, but of all sizes, we wouldn’t be continually having to catch up in terms of our own body size,” says Orbach, “so we wouldn’t be wanting to change it. We might feel that we were represented, and then we could focus on other aspects of our lives”.”

Über Kleidung

“Clothes, as I tweeted to a twitter friend, are not camouflage – no amount of clothing is going to make me look like a thin person. And, you know, I wouldn’t want it to. I want to wear things that make me joyous, things that make me look like ME, things that kick ass. My idea of flattering probably isn’t the mainstream definition (which is more like: slimming) but COME ON. Are we really still stuck in the days of dressing to hide, to diminish, to disappear?

I damn well refuse to participate in that.

Fat people are not invisible, nor should we aspire to be.”

Von The Rotund. Im Eintrag geht es um ein Cafepress-Shirt einer weiteren dicken Bloggerin, die ausgerechnet vom Übergrößenhersteller Lane Bryant einen doofen Tweet an die Backe gekriegt hat. Um das Thema ging’s mir gar nicht, nur um das Statement: Klamotten sind dazu da, damit ich aussehe, wie ICH aussehen will. Nicht um irgendwelchen Idealen zu entsprechen, denen ich eh nicht entsprechen kann. Und niemand hat mir zu sagen, he, du bist zu dick, um irgendwas Bestimmtes anzuziehen. Nein, bin ich nicht. Wenn ich will, laufe ich im Bikini und Leggings durch die Gegend, und unglaublicherweise wird davon die Welt nicht untergehen und du wirst keinen Augenkrebs bekommen.

Seit ich mit meinem Körper Frieden geschlossen habe, habe ich das auch mit anderer Menschen Körper getan. Ich versuche jeden Tag, meine innere Lästerschwester in die Verbannung zu schicken. Nicht jeder, der Flipflops trägt, hat pedikürte Füße? Egal. Nicht jede, die enge Shirts trägt, hat Größe 34? Egal. Es ist egal, nein, es hat mir verdammt nochmal egal zu sein, wie der Rest der Welt rumläuft. Jede/r sollte sich so anziehen dürfen, wie er oder sie es möchte, ohne dass irgendjemand sich auf ein hohes Ross schwingt und meint, er oder sie habe da aber ne ganz andere Meinung zu. Kannst du ja haben, aber: Warum sollte ich auf dich hören? Ich hör ja auch nicht auf dich, wenn du mir sagst, dass die Böhsen Onkelz tolle Musik machen oder Schnecken total lecker sind. Warum sollte ich dann auf dich hören, wenn du mir sagst, dass ich diese engen Hosen nicht tragen kann? Kann ich nämlich super, guck mal.

Interessanterweise wird auch das eigene Körpergefühl viel positiver, wenn man sich nicht den ganzen Tag damit beschäftigt, bei anderen Menschen Fehler zu finden. Wenn man nämlich stattdessen versucht, bei jedem Menschen etwas zu finden, was schön ist, merkt man erstens, dass man immer etwas findet. Und zweitens, wie okay man selbst eigentlich ist.

Und weil ich nach 100 Jahren Kampf gegen mich selbst auch endlich weiß, wie okay ich bin, habe ich am letzten Samstag zu einer Hochzeit etwas getragen, das ich seit meiner Konfirmation im letzten Jahrtausend nicht mehr getragen habe: ein Kleid. Ein langes, tief ausgeschnittenes, auberginenfarbiges Kleid, das gleich mehrere meiner „Problemzonen“ (what the FUCKING FUCK?) richtig schön zur Schau stellt. Erstens: meine Füße in den silbernen Sandaletten. Die habe ich seit Jahren in Strümpfen und Sneakers versteckt, weil das ja wer eklig finden könnte, so patschige Füße mit so rundlichen Zehen. Und meine Piercingnarbe im Dekollete, die ich auch ewig verdeckt habe, weil das ja wer eklig finden könnte, so Narben. Und das Schlimmste von allen: meine Oberarme, die sich bewegen, wenn sich der Rest von mir bewegt. Sie kennen ja sicher den charmanten Ausdruck „Winkfett“? Genau. Nur mal so nebenbei: Die einzigen beiden Frauen, die ich „kenne“, bei denen das Gewebe der Oberarme sich nicht einen Millimeter bewegt, wenn sich die Frau dazu bewegt, sind Gwyneth Paltrow und Madonna, und die gehen, wenn ich den Klatschmagazinen glauben darf, jeden Tag drei Stunden dafür ins Fitnessstudio. Dürfen sie gerne machen, sie sehen ja auch toll aus, aber ich persönlich lese in diesen drei Stunden lieber ein Buch oder koche leckeres Zeug, mit dem ich Blogleser_innen vergraule. Und deswegen flattern meine Ärmchen lustig rum, wenn ich lustig rumflattere. Und weißt du was? Das ist okay. Und wenn du das nicht okay findest, dann guck einfach woanders hin.

Es hat, ehrlich gesagt, ein winziges bisschen Überwindung gekostet, mit nackten Füßen und Armen und Ausschnitt aus dem Haus zu gehen (und nebenbei musste ich erstmal ein bisschen üben, wie man nochmal im Kleid geht und sitzt und wieder aufsteht), aber ich habe mich nach nur wenigen Minuten unfassbar schweinewohl im Kleid und in meiner Haut gefühlt, dass ich es selbst kaum glauben konnte. Netterweise habe ich auch von so gut wie jedem Menschen auf der Hochzeit, den ich kannte, ein Kompliment gekriegt – wohl auch, weil alle diese Menschen mich noch nie so gesehen haben. Irgendjemand meinte, ich trüge das alles sehr souverän und als ob ich noch nie was anderes angehabt habe. Und genauso hat es sich auch angefühlt. Souverän. Und glücklich. Und es war scheißegal, dass im Waschzettel die 52 steht anstatt der gesellschaftlich akzeptablen 38. Souverän, Baby. Das machen wir gleich nochmal.

Edit: meine allerliebste und extrem inspirierende Flickr-Gruppe – die Fatshionistas. Dicke Frauen in tollen Klamotten. Ganz groß. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Lauwarmer Kartoffel-Gurken-Salat

Ich hab gerade meine Mälzerphase. Dieses Rezept gehört bei uns schon länger zum Standard und stammt aus Born to cook. Im Buch ist der Salat nur eine Beilage zum Wiener Schnitzel, aber wir essen den inzwischen als Hauptgang.

Für vier als Beilage oder für zwei bis drei sehr ordentliche Hauptgangportionen.

800 g Pellkartoffeln in Scheiben schneiden.
1–2 Salatgurken entkernen und in Scheiben schneiden. Mit den Kartoffeln vermischen.

6 Schalotten in dünne Ringe schneiden.
300 ml Gemüsebrühe mit
1–2 EL Weißweinessig vermischen. Die Schalotten in die Brühe geben, kurz aufkochen und fünf Minuten ziehen lassen.
1–2 EL grobkörnigen Senf unterrühren.

Kartoffeln und Gurken mit der warmen Brühe übergießen und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Sofort auf den Tisch und noch nen Weißwein dazu.

The Time Traveler’s Wife

Ich wollte The Time Traveler’s Wife (Die Frau des Zeitreisenden) so gerne mögen, weil ich das Buch auch so gerne mochte, dass ich es sogar zweimal gelesen habe. Wobei mir beim zweiten Mal etwas zu stark aufgefallen ist, wie doof Clare eigentlich ist, dass sie ihr ganzes Leben auf DEN EINEN wartet. Hat ja doch was von extrem altmodischer Rollenverteilung. Aber beim ersten Lesen fand ich die Geschichte einfach clever und gleichzeitig richtig schön schnuffig, eben was zum Unter-die-Decke-Kuscheln und bei Regen schmalzige Bücher lesen. Toll.

Der Film kriegt leider genau diese Kopf-ausmachen-Schnuffigkeit nicht hin. Rehauge Eric Bana und Wunderlächeln Rachel McAdams sind perfekt besetzt und haben auch genug Funken und Charme, um mich hartherzigen Klotz *hust* zu überzeugen, aber die Struktur des Films ruiniert leider die Liebesgeschichte. Das Buch hat es natürlich einfacher: Es kann lustig zwischen Zukunft und Vergangenheit hin- und herspringen und das ganze wortreich erklären: dass eben Henry ein unfreiwilliger Zeitreisender ist, der mal hier, mal dort auftaucht, ohne es beeinflussen zu können. Und so trifft er als circa 30-Jähriger irgendwann die kleine Clare und begleitet sie durch ihr Erwachsenwerden, immer nur sporadisch, immer viel zu kurz, aber er weiß, dass er sie eines Tages heiraten wird, was er ihr auch sagt. Er sehe sie in ihrem gemeinsamen Haus, worauf sie sich eben einfach verlassen muss, bis er ihr schließlich im „richtigen“ Leben, in ihrer „richtigen“ Zeit begegnet, damit ihr gemeinsames Leben endlich beginnen kann.

Ich merke, dass schon das kurze Zusammenfassen der Zeitreisen anstrengend ist – und genau das spürt man auch beim Film. Er muss sich eben die Zusammenkünfte der beiden rauspicken, die am wichtigsten für die Story sind, damit der Film keine zehn Stunden dauert. Dadurch verliert er aber viele, schöne Zwischentöne und Figuren, die das Buch so befriedigend und rund gemacht haben. Wenn ich das Buch nicht gekannt hätte, hätte ich mich viel eher gefragt, warum sich die gute Clare das alles antut, anstatt sich einen anderen Kerl zu suchen, mit dem das Zusammenleben deutlich weniger anstrengend ist.

The Time Traveler’s Wife kann sich immerhin auf seine zwei wunderbaren Hauptdarsteller_innen verlassen, denen man einfach gerne zuschaut. Die Ausstattung ist eher dramatisch als kuschelig, was aber ganz gut passt, und Licht und Kamera verleihen dem Film eine sehr zeitloses Gefühl. Alles hübsch, aber eben nicht so zwingend wie im Buch. Menno.

Bechdel-Test bestanden?

1. Es müssen mindestens zwei Frauen mitspielen, die
2. miteinander reden
3. und zwar über etwas anderes als Männer.

Clare redet mit ihrer Freundin einen Satz lang über Männer und mit einer anderen weiblichen Person, die ich jetzt nicht spoilern will, über das gleiche Thema.

Bechdel-Test bestanden? Bei RomComs eh sehr viel verlangt. Nein.

Rinderrouladen mit rotem Pesto

Wieder ein Rezept von Tim Mälzer, mit dem ich Herrn Schwenzel und meine geschätzte Kochbloggerin-Kollegin, Frau Schwadroneuse, beglücken konnte. Schmeckt besser als es aussieht.

Für sechs magere Menschen oder drei sehr hungrige Esser_innen.

Aus
50 g gerösteten Pinienkernen,
50 g weichen, getrockneten Tomaten,
2 Knoblauchzehen und
3 EL Olivenöl
im Mixer ein stückiges Pesto zubereiten.

6 Rinderrouladen à 150 g salzen und pfeffern. Mit
6 Scheiben Pancetta belegen, das Pesto darauf verstreichen und mit einigen
Basilikumblättern belegen. Rouladen einrollen und mit Nadeln, Zwirn oder guten Wünschen verschließen. (Zahnstocher sind auch super.)

1 große weiße Zwiebel und
2 Stangen Staudensellerie stückig schneiden.
4 Tomaten halbieren und den Strunk entfernen.

In einem großen Bräter die Rouladen in 4 EL Olivenöl von allen Seiten hellbraun anbraten. Rouladen aus dem Bräter nehmen, die Tomaten mit der Schnittfläche nach unten hineingeben und zusammen mit
1 TL Fenchelsaat anschwitzen. Zwiebeln und Sellerie hineingeben und bei mittlerer Hitze glasig dünsten.
3 Stiele Thymian dazugeben und mit
100 ml Weißwein und
350 ml Kalbs- oder Rinderbrühe ablöschen.

Die Rouladen wieder in den Bräter legen und die ganze Pracht im auf 160–170° vorgeheizten Ofen für zwei bis zweieinhalb Stunden mit halb geöffnetem Deckel schmoren. Vor dem Servieren fein gehackte Petersilie unterheben oder mit Pinienkernen und Basilikum servieren. Herr Mälzer möchte Brot dazu haben, ich fand Nudeln auch toll.

Ich bin eigentlich überhaupt kein Fan von Fenchel, Sellerie, generell dem ganzen Anisgeschmack, aber hier hat’s geschmeckt. Das Aroma bleibt brav im Hintergrund, verleiht dem ganzen aber einen schönen runden Beigeschmack. Und das Fleisch zerfällt schon beim Zerteilen. Leckerst.

„… die Reinheit, die Wahrheit, die Klarheit …“

Ein Dankeschön an …

… Dirk, der mich mit Kabuki 1: Circle of Blood überrascht hat. Das Buch sieht lustigerweise ganz anders aus als Kabuki 5, das ich vor längerer Zeit gelesen habe. Ich bin gespannt und habe mich sehr über das Geschenk gefreut. Nochmals vielen Dank.

KANYE IS ON TWITTER

Kanye West auf Twitter + New-Yorker-Cartoons = besser als Garfield without Garfield. Bitte suchen Sie nach #kanyenewyorkertweets. Kostprobe?

Lachs mit Tomaten-Passionsfrucht-Salsa

Das Originalrezept von Tim Mälzer heißt „Lachspäckchen“ undsoweiter, aber da lese ich immer Lach-Späckchen und stelle mir einen kleinen, grenzdebilden Forentroll vor, wie er gackernd auf den Bildschirm starrt. Und daran will ich beim Essen nicht denken.

Für vier Personen

3 große Eiertomaten enthäuten, entkernen und in kleine Würfel schneiden.
3 Passionsfrüchte auskratzen,
1 Bund Koriandergrün fein hacken. Alles vermischen und mit
4 EL Olivenöl,
Salz und
Zucker würzen.

1 Stange Lauch putzen. Vier größere Blätter lösen und in kochendem Salzwasser eine Minute garen, abschrecken und abtropfen lassen.

Ca. 500 g Lachsfilet (aus der Mitte, ohne Haut, ohne Gräten) in vier Teile teilen, mit Salz und Pfeffer würzen und mit jeweils einem Lauchblatt umwickeln. In Olivenöl auf der Nahtseite circa eine Minute anbraten, dann die andere Seite ebenfalls eine Minute braten.

2 Avocados schälen, halbieren und den Kern entfernen. Das hat mich im Fernsehen beeindruckt; bisher habe ich die Avocados immer geschält und dann irgendwie mit einem Esslöffel den Kern rausgehebelt. Herr Mälzer – und seit gestern auch Frau Gröner – hat die halbierte Avocado komplett mit einem Esslöffel aus der Schale bekommen, dann ein großes Messer schwungvoll in den Kern gehauen und ihn damit elegant rausgedreht. Sieht total professionell aus und geht babyeinfach.

Den gebratenen Lachs auf die Avocadohälfte setzen und mit der Salsa bestreuen. Wobei ich aus der Anrichteweise einen Balanceakt gemacht habe (siehe Foto), weil mir erst nach dem Essen eingefallen ist, wie Herr Mälzer es gemacht hat: Eine feine Schicht der runden Seite der Avocado abschneiden, damit eben diese Rundung verschwindet. Die Avocado dann so auf den Teller setzen, dass die Innenseite, in der bis eben der Kern war, oben liegt, und darauf dann den Fisch platzieren. Das sieht etwas weniger gewagt aus.

Ich mochte die Kombination Lachs-Lauch-Avocado sehr gerne, fand die Salsa aber ein bisschen verschenkt. Gut, Koriander und ich werden uns wahrscheinlich noch sehr lange aneinander gewöhnen müssen, aber von den Passionsfrüchten habe ich nur sehr wenig geschmeckt, und ehrlich gesagt, hätten sie mir wahrscheinlich auch nicht gefehlt. Nächstes Mal probiere ich es mit der doppelten Menge Lauch und einer leicht scharfen Tomaten-Chili-Salsa. Mal sehen, wie das wird.

Inception


© Warner Bros.

Inception (USA/UK 2010, 148 min)

Darsteller: Leonardo DiCaprio, Joseph Gordon-Levitt, Ellen Page, Ken Watanabe, Marion Cotillard, Tom Hardy, Cillian Murphy, Dileep Rao, Tom Berenger, Michael Caine, Pete Postlethwaite, Lukas Haas
Musik: Hans Zimmer
Kamera: Wally Pfister
Drehbuch: Christopher Nolan
Regie: Christopher Nolan

Trailer

Offizielle Seite

Als beim letzten Bild des Films die Leinwand dunkel wurde, stöhnte das ganze Kino gequält auf – um direkt danach zu klatschen. Was die Stimmung ganz gut zusammenfasst, mit der ich aus Inception gekommen bin: scheiße oder schön? Ich habe weder gestöhnt noch geklatscht – ich war mir zunächst einfach nicht sicher, wie ich den Film fand.

Inception macht erstmal eine riesige Wundertüte auf. Leonardo DiCaprio kann sich mithilfe eines lustigen Geräts in anderer Menschen Träume einschleichen, um ihnen dort Geheimnisse zu entlocken. Dummerweise läuft ihm in den Traumwelten dauernd seine Frau über den Weg, die selten der gleichen Meinung ist wie er. Was seinen Job nicht unbedingt einfacher macht, für Firmen an Safekombinationen oder Dokumente zu kommen, an die seine Objekte gerade denken. Der Film wirft einen sehr zielstrebig in die irrsinnige Idee, in anderer Leute Unterbewusstsein rumzumarschieren und diese Welt ständig verändern zu können, denn es ist ja nichts echt. Schon in den ersten zehn, fünfzehn Minuten – ich habe jedes Zeitgefühl im Kino verloren –, befinden wir uns in mindestens zwei gedanklichen Ebenen … oder sind es sogar drei? Über diese Frage grübelt man zwei Stunden später nochmal nach, obwohl man da sowieso damit beschäftigt ist, die einzelnen Traumebenen zu ordnen, in denen wir uns jetzt gerade befinden. Falls wir uns in einem Traum befinden. Man weiß ja langsam nicht mehr so genau, wo jetzt gerade was ist.

Und genau das ist das Faszinierende an Inception: Immer wenn ich geglaubt habe zu wissen, wo’s langgeht, verschachtelt sich der Film noch ein bisschen weiter. Das ganze garniert mit hübschen Effekten wie eine Straßenszene in Paris, wo sich die Erde mal eben um 180 Grad nach oben faltet und so Dach auf Dach liegt. Über einem und neben einem fahren Autos, und dazwischen spazieren Leo und Ellen Page als Ariadne (talking names, anyone?) und unterhalten sich darüber, wie viel oder wie wenig man Dinge im Traum verändern sollte, um sich selbst nicht zu verwirren. Zusätzlich schweben wir schwerelos in Hotelfluren und Fahrstuhlschächten, erleben wilde Autojagden mit und ballern in einem abgelegenen Skigebiet den Beton aus den Wänden. Die Actionsequenzen sind gut, keine Frage, aber ich fand sie ein wenig zu weltlich, um perfekt in die Fantasie zu passen, in der Inception sich eher zuhause fühlt. Die Szenen, in denen wir klar in einer Traumwelt sind, fand ich hingegen sehr gelungen: eine absolut ausgewogene Mischung aus Elementen, die man kennt und Dingen, die das ganze unwirklich gemacht haben, ohne einen völlig aus der Bahn zu werfen – zum Beispiel die Hochhäuser, die ins Meer stürzen oder die Gebäude, die eben nicht ganz zusammenpassen in Leos und Marions Fantasie. Inception entwirft keine ganz neue Welt, die man sofort als Science-Fiction abhaken könnte, sondern schafft stattdessen eine Umgebung, die einem bekannt vorkommt. Was den ganzen Zauber mit dem Weg ins Unterbewusstsein von anderen etwas leichter verdaulich macht.

Trotzdem ist das ganze schöne Augenpulver auch die Schwachstelle des Films: Eben weil nichts echt ist, fällt es manchmal schwer, echt mitzufühlen, mitzuleiden, mitzufiebern. Im Prinzip sitzen die Protagonisten ja bequem im Flugzeug anstatt gerade von Brücken zu stürzen oder von Lawinen verschüttet zu werden. Im Prinzip. Denn auch hier baut Inception einen Kniff ein: Durch die mehrfache Verschachtelung, durch die Reise ins Unterbewusstsein des Unterbewusstseins werden einige Regeln außer Kraft gesetzt, die für die „einfache Reise“ gelten. Das macht es zwar wieder spannender, aber gleichzeitig auch ein bisschen willkürlicher; es hat sich ein bisschen angefühlt wie bei Magiekarten, wo ein Zauber einen anderen schlägt, weil der Erfinder des Spiels das so will und nicht, weil Naturgesetze oder Erfahrung es vorschreiben. Deswegen war ich mittendrin etwas nölig, weil ich eben eine Stunde lang eine Idee hingenommen habe, nur um jetzt mitgeteilt zu bekommen, ach übrigens haben wir hier noch zwei Seiten Kleingedrucktes.

Irgendwann habe ich angefangen, an der Logik zu knabbern – in welcher Ebene sind wir jetzt und wer muss jetzt wen wieder wachkriegen, damit alle gesund und munter zuhause ankommen –, anstatt mich weiter von wilder Action übers Ohr hauen zu lassen. Wahrscheinlich war ich deshalb eher bei der Stöhn- als bei der Klatschfraktion, als der Film zuende war. Weil ich über das Ende eben erstmal nachdenken musste, anstatt mit einem „Ja, genau, Punkt, fertig, jetzt noch ein Bierchen“-Gefühl aus dem Kino zu rennen.

Was ich an Inception hingegen mochte: dass es nicht nur eine Geschichte war, die erzählt wurde, sondern dass es gleich zwei Ebenen gab, um die man sich geistig kümmern musste. Einmal der Auftrag von Ken Watanabe, eine „Inception“ zu implantieren, also einen Gedanken, eine Idee ins Unterbewusstsein eines Menschen zu bekommen, anstatt umgekehrt eine Information aus ihm herauszukriegen. Und zweitens die Geschichte mit Leo und seiner Frau, die sich erst nach und nach enthüllt. Der Typ neben mir im Kino war anscheinend eher an der ersten Storyline und dem Geballere interessiert, jedenfalls hat er stets rumgeseufzt, wenn wieder Cotillard im Bild war. (Nebenbei: dass der „Aufwachsong“, der Trigger, der den Träumenden das nahe Ende ihrer Reise ankündigt, ausgerechnet Édith Piafs Non, je ne regrette rien war, fand ich extrem dusselig, weil Marion Cotillard gefühlt vor zehn Minuten die Rolle der Piaf oscarprämiert gespielt hatte. Kann man als Verbeugung deuten, empfand ich aber als sehr störend.) Im Gegensatz zum Sitznachbarn fand ich gerade die Story des Ehepaars viel spannender als die Inception-Storyline, denn sie gab dem ganzen Film die Tragik und Menschlichkeit, die aus Inception mehr gemacht hat als eine großartige Kopfgeburt.

Was ich auch mochte: die Musik. Sie ist mal wieder von Hans Zimmer, dem ich ja gerne vorwerfe, am liebsten mit drei Orchestern gleichzeitig und einer Armee von Kanonen und Feuerwerk Filme zu unterlegen, aber hier war sie perfekt. Sehr unmelodiös, sondern eher eine akustische Untermalung. Sie ist mir schon im Trailer aufgefallen, wo sie eindeutig präsenter ist als im Film; daher war ich sehr positiv davon überrascht, dass Zimmer sich anscheinend auch zurückhalten und vor allem der Irrealität noch eine weitere, klingende Seite verleihen kann.

Inception wird, glaube ich, wieder einer der Filme werden, über den man sich in diversen Foren Argumente um die Ohren hauen kann: Was genau bedeutet das Ende denn nun? Ich habe inzwischen eine Meinung, aber die kann ich nur hinter einer riesigen Spoiler-Warnung verstecken, daher behalte ich sie für mich. Ich glaube aber, dass das Ende genau das richtige war. Es passt zu den vielen möglichen Welten, die der Film über zwei Stunden aufbaut und lässt trotzdem Raum für Interpretationen. Wie eine Traumdeutung. Nach ein, zwei Stunden Überlegen bin ich sogar recht dankbar dafür, dass ich eben nicht mit dem „Ja, genau, Punkt, fertig, jetzt noch ein Bierchen“-Gefühl aus dem Kino gekommen bin.

Ich halte Inception trotzdem nicht für so großartig wie Nolans Erstling Memento, denn der kam ohne das vorhin angesprochene Kleingedruckte aus, das mal eben Grundsätzliches über den Haufen wirft, damit die Story wieder passt. Aber es sind wirklich nur Kleinigkeiten, die ich an Inception zu bemängeln habe. Ich fand ihn sehr clever, er hatte eine für mich neue Grundidee, und besonders Leonardo DiCaprio gefällt mir von Film zu Film besser. Empfehlung für einen Film, den man danach dringend mit ein paar Freunden besprechen sollte. (Ich habe auf der Busfahrt nach Hause die ganze Zeit den Kerl gekniffen, um zu gucken, ob er echt ist. Und ich warte auf die iPhone-App mit einem Kreisel.)

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Bechdel-Test bestanden?

1. Es müssen mindestens zwei Frauen mitspielen, die
2. miteinander reden
3. und zwar über etwas anderes als Männer.

In Inception spielen zwei Frauen und sechs bis sieben Männer auf gleicher Ebene mit – also acht bis neun Personen, die ich gleichberechtigt in ihrer Wichtigkeit für die Story ansehe. Das Verhältnis hätte ruhig ausgewogener sein können, denn wer männlich und wer weiblich ist, ist bis auf die offensichtliche Konstellation „Ehefrau – Ehemann“ völlig egal. So haben Ellen Paige und Marion Cotillard gerade eine Szene, in der sie miteinander reden, der Rest der Dialoge ist gemischtgeschlechtlich bzw. nur zwischen Männern.

Bechdel-Test bestanden? Eine Szene in zweieinhalb Stunden Film? Das reicht nur für ein: nein.

Sara hat mir ein sehr schönes YouTube-Video geschickt, in dem der Zusammenhang zwischen Je ne regrette rien und dem von mir so gelobten Zimmer-Score hergestellt wird. Ich finde den Song immer noch unpassend, aber den Score dafür jetzt noch besser.

Christian hat mir den Link zu einem Wired-Artikel geschickt, der sich mit der “Neuroscience of Inception” befasst. Ich zitiere den Einstieg: “Stop reading if you have not seen Inception, because 1) I will reveal major plot points and 2) It will make no sense.”

@mywayhome: After watching INCEPTION there is one big question left.

Black VPN

Falls übrigens noch jemand einen kleinen Code braucht, um ein bisschen Hulu zu gucken – nehmt das, Schurken und Schurkinnen: BCTFMQE.

Hintergründe für diesen Eintrag, der von einer glücklichen Simpsons-Guckerin geschrieben wurde, bei der Affenkoppzentrale und Felix. Ich habe mir „nur“ das US-Paket gegönnt, denn die ganzen wunderbaren englischen Sender kriegen wir dank der Kerl’schen Satellitenschüssel sowieso.

Actraiser warnt allerdings: „das wird so lange funktionieren bis Hulu den VPN-Anbieter auf die Blacklist steckt – wie die vielen Anderen bisher.“

Noch geht’s.

Meine Twitter-Lieblinge im Juli 2010