Bücherfragebogen 7: ein Buch, das dich an jemanden erinnert
Viele meiner Bücher erinnern mich an jemanden. Direkt vor meiner Nase (meine Sofaecke, in der ich am liebsten mit dem MacBook sitze, ist direkt vor dem Bücherregal) stehen Im Dutzend billiger und Aus Kindern werden Leute, die ich aus dem Bücherschrank von meiner Omi habe.
Meine Mutter hat relativ früh nach der Geburt von mir und meiner Schwester wieder gearbeitet, und deswegen sind wir oft bei Omi gewesen. Neben ihrer Schokoladentruhe war ich hauptsächlich an ihrem Bücherregal interessiert, das leider nicht so gut gefüllt war wie die Schokoladentruhe. Aber die beiden oben genannten Werke sind mir sofort ins Auge gefallen, weil sie so gut gelaunte Umschläge hatten, die ich bescheuerterweise bei irgendeinem Umzug kaputtgekriegt habe, weswegen sie jetzt etwas schmucklos aussehen.
Die beiden Bände sind 1957 gedruckt worden, die Bücher selbst sind schon etwas älter. Es sind Erinnerungen (bitte folgen Sie dem Wikipedia-Link für Genaueres) von zweien der zwölf Kinder von Frank B. Gilbreth, der Arbeitsabläufe effizienter gestalten wollte. Das galt auch für die Kinderaufzucht und das Lernen. So wird im Buch sehr plastisch beschrieben, wie allen Kindern hintereinander die Mandeln rausgenommen wurden, weil das „praktischer“ war als alle Jahre wieder den Arzt kommen zu lassen. Ein Satz hat sich bis heute in meinem Wortschatz gehalten, den der Vater wutentbrannt einem Sohn hinterherschleuderte, der sich partout nicht die Mandeln rausnehmen lassen wollte: „Komm jetzt her oder ich reiße sie dir mit einem stumpfen Schuhlöffel raus!“ Ein weiteres Zitat, wenn es um die enorme finanzielle Belastung der Familie geht, und das ich auch gerne bringe, wenn ich gerade nicht gebucht bin: „über den Hügel ins Armenhaus“.
Außerdem wird das Ferienhaus der Familie beschrieben, an dessen Wänden das Sonnensystem angemalt ist, damit die Kinder es sich beim Vorbeilaufen merken. Was ich natürlich toll fand, genau wie die Schallplatten mit den französischen Vokabeln, die dauernd im Hintergrund liefen, die Organisation, die so ein Riesenhaushalt mit sich bringt, und der manchmal grenzwertige Humor, den man anscheinend in Großfamilien braucht (siehe „Schuhlöffel“).
Meine Omi hat die Bücher als Geschenk bekommen; sie hat als Haushälterin bei einer fast so großen Familie gearbeitet, und die Kinder haben ihr die Werke geschenkt. Im ersten Band steht die Widmung: „Für unsere liebe Frau F. von dem beinahe halben Dutzend A.: Peter, Jürgen, Uwe, Hans, Elke.“
Deren Eltern sind schon lange verstorben (meine Omi lebt auch bereits seit 15 Jahren nicht mehr), und von den Kindern weiß ich nur, dass Elke als Kind gestorben ist; sie ertrank bei einem Bootsausflug auf dem Steinhuder Meer. Insofern erinnern mich die beiden Bücher gleich an zwei Menschen: an die mir unbekannte Elke und eben meine Omi.