The Warrington

Mein London-Wochenende begann Freitag abend, als ich mich mit Londonleben und Zeigermann in einem von Gordon Ramsays Läden traf, dem Warrington. Ich kannte die beiden Herren vorher nicht persönlich, sondern nur aus diesem Interweb, aber wie das ja meistens so ist mit diesem Interweb, kommt es einem vor, als hätte man sich vor fünf Minuten das letzte Mal gesehen. Ich habe selten so viel gelacht, was auch am hervorragenden Bitter gelegen haben könnte, aber ich denke, es war vor allem die Begleitung. Thanks, guys.

Das Warrington ist ein ehemaliges Hotel im Stadtteil Maida Vale. Im Erdgeschoss befindet sich ein Pub; ich habe keine Ahnung von dieser Art Lokalität, die Jungs meinten allerdings, das sei alles mit viel Verstand und Liebe restauriert worden. Mir hat’s gefallen, aber das könnte auch am hervorragenden Bitter gelegen haben. Nach einem Pint (mein erstes Pint!) sind wir ins obere Stockwerk geklettert, wo das Restaurant wartete. Während es unten sehr lebhaft und halbwegs laut war, war es oben recht ruhig. Schlicht eingerichtet, als wir ankamen, noch recht leer und: sehr, sehr schummerig. Ich habe nichts gegen ein bisschen gedämpftes Licht, aber das hier war schon sehr grenzwertig.

Unsere Vorspeisen waren zu zwei Dritteln okay, aber nicht wahnwitzig toll; die Hauptgerichte haben es allerdings wieder rausgerissen. Leider konnte ich nicht fotografieren, eben weil es so dunkel war. Selbst auf dem iPhone, das lustigerweise mit Dämmerlicht besser klarkommt als meine Kamera, sind nur braune Flächen mit schwarzen Klecksen zu sehen. Und auch bei 150% aufgedrehter Helligkeit und lustigen Experimenten im Photoshop war mit den meisten Bildern nichts zu machen. Was mich natürlich nicht daran hindert, sie trotzdem zu posten.

Während wir im Pub ein London Pride genossen haben, gab es hier ein India Pale Ale. Geschmacklich etwas intensiver als London Pride und genauso lecker. Ralfs Vorspeise war „Salt beef, Westcombe cheddar, buckwheat toast“, was mir sehr gut geschmeckt hat: faseriges Fleisch, sehr würzig, lecker. Mein „Double baked Westcombe cheddar soufflé with pistachio vinaigrette“ war fluffig und hübsch, aber Pistazien konnte ich beim besten Willen nicht erschmecken. Und Konstantins „Seared Berkshire pigeon breast, chickpea croutons, baked quinc“ war so zäh, dass das Messer zehn Sekunden gebraucht hat, um das Fleisch zu zerteilen. Die äußerst freundliche Dame vom Service brachte uns zum Trost eine weitere Vorspeise: „Wood-roasted peppers with smoked mackerel brandade, olive tapenade“, was uns allen dreien am besten geschmeckt hat.

Konstantins Hauptgang war „Pan-fried cod with salsify fritters, muscatel, capers and tender shoots“, was aussah wie „weißer Fisch auf grüner Sauce“, die aber immerhin so kunstvoll dahindrapiert war, wie ich es seit Monaten mit Kartoffelbrei übe und nie hinkriege. Guckt einfach mal Masterchef, da ist das eine extrem beliebte Anrichteweise. Ich wollte zwar auch hier wieder was Vegetarisches ordern, aber es gab gerade ein einziges fleischloses Gericht, und das klang so schnarchig, dass ich es nicht essen wollte: „Tomato and baby aubergine tart with barrel-aged feta and wild rocket“. Ich bin weder von Tartes noch von Feta ein Riesenfan, und außerdem lockte ein anderes Gericht, von dem ich weitaus mehr Fan bin: „Hampshire roe venison chops with braised red cabbage, parsley root, date sauce“. Und das war auch ein Knaller. Zartes, sehr geschmackvolles Fleisch in einer wundervollen Sauce, der Rotkohl viel feiner als man es beim Wort „Rotkohl“ erwartet, sehr fruchtig, kaum Salz, und das Petersilienwurzelpüree auch so schön verstrichen wie die grüne Sauce beim Nachbarn, mild im Geschmack, noch milder in der Textur. Perfekt. Aber. Auf dem Fleisch lag ein Bröckchen Irgendwas, und da ich ja eine Dattelsauce hatte, dachte ich, das sei wohl eine Dattel und biss gemüsslich drauf – nur um zu merken, dass es eine ganze Knoblauchzehe war. Wahrscheinlich hat deshalb auf dem Rückweg in der tube niemand neben mir gegessen, aber das könnte auch am hervorragenden Bitter gelegen haben. Trotzdem ein Hinweis an Herrn Ramsay: Wenn man nicht mal erkennen kann, was 30 Zentimeter vor einem auf dem eigenen Teller liegt, IST ES ZU DUNKEL.

The Warrington
93 Warrington Crescent
London W9 1EH