The American
Es gibt einen Film, den ich in frühester Jugend gesehen habe und an den ich mich immer wieder erinnere. Er hatte sehr spärliche Dialoge, man kann heute schön darüber lächeln, wie niedlich damals gefälschte Pässe aussahen und wie schlimm die Telefone waren, aber trotzdem ist er immer noch ein grandioses Ding. Ich rede von The Days of the Jackal (Der Schakal) mit Edward Fox von 1973 (bitte alle das beknackte Remake mit Bruce Willis ignorieren). The American erinnert mich in seinen guten Szenen an den Schakal. In seinen schlechten an Pretty Woman ohne die ganze Kohle.
George Clooney trägt den ganzen Film: Er spielt einen Profikiller/jemanden, der ziemlich gut Waffen zusammenschrauben kann, und dem ein paar Fieslinge auf den Fersen sind, ohne dass er weiß, wer die Jungs sind und was sie wollen, außer ihn zu erledigen. Sein Kontaktmann in Rom gibt ihm einen letzten Job (und damit ahnen wir schon, wo das Ende hingeht), woraufhin George in einem putzigen italienischen Städtchen ein Gewehr bastelt, mit dem örtlichen Priester zu Abend isst und sich angestrengt mit der Prostituierten Clara (Violante Placido) vergnügt.
Was ich an The American mochte: genau die Wortkargheit, die ich am Schakal mochte. Die sehr ruhige Entwicklung der Story, auch wenn die arg dünn war. Die ständige Angespanntheit, die Clooney über 105 Filmminuten beibehält. Sein konsequentes, wenn auch vorhersehbares Ende. Dass George immerhin eine weibliche Killerin an die Seite bekommt und nicht noch einen Kerl. Das ständige Rumschrauben an einem schicken Gewehr. Und natürlich die italienische Kulisse.
Was ich an The American weniger mochte: die ein bisschen zu dick aufgetragene Schmetterlingsmetapher (Verpuppung, get it?). Clooney trägt ein Tattoo des Flattermanns zwischen den Schultern, weswegen Clara ihn „Signori Farfalle“ nennt; er liest ein Buch darüber in seinem einsamen Zimmer, und als er seiner Kollegin das Gewehr vorführt, klingt sein Interesse an den Viechern durch. Wäre bis dahin okay gewesen, hätte der Priester beim Abendessen nicht ausgerechnet noch eine Arie – natürlich von der Callas – aus „Madame Butterfly“ gehört. Und wo wir schon bei aufdringlichen Klängen sind – der Soundtrack ist von Herbert Grönemeyer und ziemlich gut –, auch die Nutzung von ausgerechnet „Tu vuò fà l’americano“ und einer Szene aus „Spiel mir das Lied vom Tod“ in der verwaisten Bar des Ortes war dann auch ein bisschen zu viel des Guten. Kann man Liebe zum Detail nennen, ich fand’s aufgesetzt.
Und was ich so gar nicht an The American mochte: die Hure mit dem Herz aus Gold, die sich ohne jeden Grund in den schweigsamen George verliebt und die das Filmende so richtig schön scheiße macht. Alles andere hätte ich mir gefallen lassen, aber was diese Rolle sollte, war mir nicht klar. Ja, sicher, der Killer macht karmamäßig einiges an ihr wieder gut, was er anderen angetan hat, aber hätte er das nicht auch an einer Konzernchefin machen können? Oder an einer Frau in irgendeinem anderen Job, für den man sich nicht ausziehen muss und der es noch unglaubwürdiger macht, sich in einen Kunden zu verknallen? Herrgottnochmal.
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Bechdel-Test bestanden?
1. Es müssen mindestens zwei Frauen mitspielen, die
2. miteinander reden
3. und zwar über etwas anderes als Männer.
Wie gesagt, immerhin zwei große weibliche Rollen neben der einen großen männlichen. Aber die Damen reden nicht miteinander.
Bechdel-Test bestanden? Nein.