Sportfan sein

Ich empfahl auf G+ Fever Pitch, was ein paar Kommentare nach sich zog, unter anderem einen von mir:

„Naja, Sportfan-Dasein hat manchmal ja schon etwas Masochistisches. Man fiebert mit einer Sache mit, ohne auch nur den Hauch einer Chance zu haben, sie zu beeinflussen. Und wenn das Spiel verloren geht, leidet man, ohne dass man selbst wirklich etwas verloren hat. Anstrengend. Ich leide nicht, wenn ein Filmcharakter stirbt (okay, ja, tue ich, aber nicht so intensiv wie beim Fußball). Ich leide nicht in der Oper, beim Lesen, beim Kochen oder was auch immer ich sonst in meiner Freizeit tue, um mich zu unterhalten.

Aber Sonntag in Hannover bei 96 habe ich gemerkt: Ich leide. Ich war stundenlang vor dem Spiel hibbelig, ich konnte kaum den Besuch bei meinen Freunden genießen, weil ich die ganze Zeit nur daran dachte, gleich geh ich ins Stadion, gleich geh ich ins Stadion, scheiße, hoffentlich gewinnen wir das Ding. Das Spiel selbst war ein ewiges Auf und Ab der Gefühle (muss ich dir ja nicht erzählen), und ich konnte das auch nicht so einfach wegstecken wie einen Film oder ein Buch. Das Spiel beschäftigt mich immer noch, und ich es ist ein ganz komisches Mittelding zwischen „Toll, ich war live dabei“ und „Mist, wir haben verloren“.

Ich hätte nicht gedacht, dass mich das so mitnimmt, bis mir einfiel: Ich leide heute noch am 2:0 von Italien im Halbfinale der WM 2006. Dieser Moment, als klar war, das war’s, die deutsche Mannschaft ist raus, so close and yet so fucking far – das hat körperlich weh getan. Oder die Bilder von Kahn im WM-Finale 2002, wo er alleine am Pfosten lehnt. Ich weiß noch, wie wir das Spiel gemeinsam in der Agentur geguckt haben und da auch alle sehr fassungslos rumsaßen. Und wir reden hier nicht von „wirklich“ wichtigen Dingen, sondern von einem Fußballspiel, das auf unser aller Leben keinerlei Auswirkungen hat. Außer denen, die wir eben selber zulassen, indem wir leiden.

Sonntag ist mir klargeworden: Das mach ich jetzt nicht mehr nur alle zwei Jahre bei EM oder WM mit, sondern jedes – verdammte – Wochenende.

Und ich kann es, ehrlich gesagt, kaum erwarten, bis wieder Wochenende ist.“

Edit. Vier schöne Minuten auf YouTube: How LeBron James Broke the Golden Rule of Sports.

“Whatever team I’m rooting for, I have perfectly good and logical reasons to care about them. Whatever team you’re rooting for right now – you’re just being irrational.”

(via Tinto Brass‘ Facebook)