(Hier bitte ein wohliges Seufzen vorstellen)
Nach der doofen Zerrung slash Nervenreizung, an der ich zwei Wochen rumlaboriert habe und wegen der ich letzte Woche ziemlich grantig war, habe ich mich Sonntag ganz vorsichtig mal wieder in Richtung Golfclub bewegt. Zuerst nur auf dem Übungsgrün, wo ich meine Putts um Welten verbessert habe (haha). Dann habe ich mich auf die Range getraut und zaghaft ein paar Schwünge angetestet, die auch ziemlich schmerzfrei waren. Woraufhin ich gestern mal ganz mutig war und mich für neun Löcher auf dem Platz angemeldet habe.
Um’s kurz zu machen: YEAH. Das Gefühl, mit dem ich gestern vom Platz kam, war genau das, weswegen ich zu golfen angefangen habe. Ich hatte einen Slot um 19.40 Uhr gebucht, der vorletzten Möglichkeit, noch zu spielen, was bedeutet, dass einem nicht mehr so viele Grüppchen im Nacken sitzen. Außer mir hatte sich noch ein männliches Wesen mit Handicap -54 angemeldet, wie ich der Startzeitenreservierung im Internet entnehmen konnte. Dieses Wesen stellte sich als ein pensionierter Herr heraus, der auch erst ein knappes Jahr dabei war. Wir hatten nicht nur das gleiche Handicap, sondern haben so ziemlich gleich gespielt, sowohl in der Frequenz von Klasse- bzw. Gurkenschlägen als auch in unserem Tempo. Zwischen den Löchern haben wir ein bisschen entspannt geplaudert („Ich wollte ja nie golfen lernen, denn die wenigen golfspielenden Leute in meinem Alter, die ich kenne, sind total überheblich“), uns beim Bällesuchen geholfen („Ihr Ball liegt vor dem Baum, aber hinter dem Biotop. Hoffe ich.“), uns charmant Komplimente gemacht („Der ist ja quasi schon drin“) und ansonsten stillvergnügt vor uns hingegolft.
Nach den ersten drei Löchern ging die Sonne langsam unter, die Hitze ließ nach, das Gras begann stärker zu duften. Wir zogen zügig, aber nicht hektisch unsere Bahnen, beendeten nach zwei Stunden die Runde und setzten uns im Clubhaus noch kurz vor den Riesenfernseher, um Brasilien beim 1:0 zuzugucken. Ich hab ein Alster ausgegeben bekommen und zwei Zigaretten geschnorrt („Sonst rauche ich ja nicht“ – „Ich auch nicht, nur im Club“), wir haben noch ein wenig versonnen ins Grüne geguckt und uns dann klassisch verabschiedet („Danke fürs Spiel“). Ich bin mit offenem Fenster über die Elbbrücken in die schönste Stadt der Welt zurückgefahren und habe zum ersten Mal die blauen Tore anständig illuminiert gesehen. Im Radio lief Grönemeyers Zeit, dass sich was dreht, und zuhause wartete ein Teller Tomate mit Mozzarella auf mich (und anderthalb Liter Wasser auf ex).
Nach einem eher durchwachsenen Tag in der Agentur hat sich das Spiel so unglaublich entspannend angefühlt, dass ich es selbst kaum glauben konnte. Natürlich war ich nach 20 Minuten schon durchgeschwitzt, aber meine Begleitung war so angenehm, meine Schläge im Rahmen meiner Möglichkeiten (und die zwei Bogeys auf der 3 und der 9 haben mich mit den fünf Schlägen versöhnt, die ich auf der 6 gebraucht habe, um aus dem Rough wieder aufs Fairway zu kommen), dass ich mich trotz der Anstrengung völlig ausgeruht gefühlt habe, als ich den letzten Ball eingelocht hatte. So habe ich mir Golf vorgestellt: als Sportart, die durchaus schlaucht, aber gleichzeitig unglaublich belohnt. Und als eher stummen und disziplinierten Ausgleich zum Rest meines Lebens, in dem ich mich gerne über Kleinigkeiten ewig und lautstark aufrege.
Aber nächstes Mal möchte ich trotzdem weniger als fünf Bälle verlieren. Oder mich beim Suchen etwas mehr anstrengen. Was mich zur nächsten Frage führt, die ich selbstverständlich in einem gesonderten Eintrag noch auf 200 Zeilen diskutieren möchte: Wieso findet man weiße Golfbälle im grünen Gras nicht wieder?
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Dieser Eintrag steht auch auf Golfers Delight.