Tagebuch 16./17. Februar – Leonardo Live

Erste Bewerbung seit elf Jahren losgeschickt. Seitdem kamen die Jobs zu mir, nicht umgekehrt. Und obwohl ich weiß, dass es eine Absage geben wird, bin ich hibbelig.

Abends im Cinemaxx, Leonardo Live. Theoretisch. Das fast ausverkaufte Kino quoll über von Menschen, die wahrscheinlich seit ihrer Jugend nicht mehr in einem Kino waren, jedenfalls war schon das Konzept Loge versus Parkett plus Reihen, die mit Buchstaben gekennzeichnet waren, für viele zu viel. Der „Film“ bzw. der Stream aus London begann schon, als noch viele durch die Gegend wuselten, woraufhin die üblichen „Bitte zurückspulen und nochmal anfangen“-Rufe laut wurde, bei denen mir als alter Filmvorführerin immer die Ohren bluten.

Die Satellitenübertragung war von Anfang an etwas wackelig; ich kam mir in einigen Momenten vor wie zuhause im Wohnzimmer, wo auch der übliche Hamburger Regen ab und zu reicht, um aus einem Fußballspiel ein Artefaktfestival zu machen. Trotzdem hat es „Leonardo Live“ locker geschafft, mich in seinen Bann zu ziehen. Klar ist es etwas anderes, selbst im Museum zu stehen, aber ich finde die Idee, eine Ausstellung an Orte zu bringen, wo sie eben nicht wirklich vor Ort sein kann, ganz großartig. Gerne wieder.

Der Film zeigt nicht nur einfach ein paar Ausstellungsstücke und filmt sie ab, sondern wir hören unter anderem den Kurator, eine Kunstprofessorin und, schöne Idee, einige britische Kunstschaffende, die ein paar kurze Sätze zu „ihrem“ Bild sagen dürfen. Was für mich im Trailer wie olles Namedropping aussah, hat wirklich funktioniert. So sagte der Dirigent der Londoner Philharmoniker (wenn ich es mir richtig gemerkt habe) zum Bild „Der Musiker“, dass Kunst und Musik zwei gegensätzliche Dinge mit der Zeit tun: Ein Bild fängt einen einzigen Augenblick ein, während Musik die Fähigkeit hat, ihn unendlich scheinen zu lassen. Die Kreativdirektorin des Londoner Balletts spricht über die Körperlichkeit im unfertigen Bild „Hieronymus in der Wüste“, in dem besonders gut Muskeln und Sehnen zu sehen sind. Und ein Künstler wird gefragt, ob Leonardo heute überhaupt noch Relevanz habe. (Was er natürlich bejaht.)

Nach einer guten Stunde, als Leonardo es gerade von Florenz nach Mailand geschafft hatte und noch nicht mal in Rom war, wir aber immerhin schon die wunderschöne „Dame mit dem Hermelin“, die noch tollere „La Belle Ferronnière“ und die „Felsgrottenmadonna“ in zweifacher Ausfertigung („NEVER BEFORE IN HISTORY“) sehen durften, wurden die Aussetzer immer länger, der Ton völlig unverständlich, und die ersten Zuschauer_innen machten sich auf den Weg zum Ausgang. Ich hoffte noch ein paar Minuten, aber als dann erstmals das da auftauchte:

war auch mir klar, dass das heute wohl nix mehr werden würde. So reihte ich mich in die lange Schlange der Menschen, die ihr Geld wiederbekamen und ging traurig im Regen nach Hause. Sehr passend. Verdammter Realitätscrash; gerade noch wohlbehütet und warm in der Renaissance gewesen und Madonnen bewundert, jetzt irgendwie unfertig und unausgeglichen unterwegs.

(Habe mich in alle Münder von da Vinci verliebt. Muss Ausstellungskatalog kaufen.)

Perfekter Tagesabschluss: Mein verdammtes MacBook Pro, das in den zweieinhalb Jahren, in denen es sich in meinem Besitz befindet, schon zweimal crashte und professionell gegen Geld wiederbelebt werden musste, entschied sich von einer Sekunde zu anderen, noch einen dritten Absturz zu inszenieren. Ich weiß, dass es an seinem Namen liegt, denn ich habe damals dem Kerl gestattet, es zu taufen. Ich würde als „Schwanzmütze“ auch meinen Job verweigern.


Freitagvormittag den Drama King zum Apple-Laden getragen und mit meinem alten Macbook (10.4! ZEHNFUCKINGVIER!) versucht zu arbeiten. Was etwas schwierig war, wenn man plötzlich CS3 statt CS5 vor sich hat, kein Chrome und kein Echofon läuft und einem die ganzen Arbeitsmails der letzten Tage fehlen. Wie gut, dass wir Montag keine Riesenpräse haben. Nicht.

Mein neues Macbook Pro wird Gomez heißen, wunderschön sein und immer funktionieren. Außer manchmal in Österreich.