Zehn Jahre Nabelschau
Heute vor zehn Jahren, am 1. Juli 2002, erschien mein erster Blogeintrag auf ankegroener.de. Auf dieser Website war vorher schon ein wenig los, das netterweise kaum noch von webarchive.org gefunden wird – die ersten Kinokritiken, ein paar Kurzgeschichten, von denen ich wenige ins Blog rettete, schon damals ein Amazon-Wunschzettel und der im Nachhinein unfassbare Hinweis, doch bitte den Internet Explorer zu nutzen.
Es hat sich einiges geändert. Nein, sogar eine Menge, wie ich beim Wühlen im eigenen Archiv feststellen durfte. Denn eigentlich sollte hier ein Eintrag stehen, der noch mal nachvollzieht, was genau sich alles so geändert hat. Der wurde allerdings immer länger und länger, fing mit Blogplattformen an, darf man mit Bloggen Geld verdienen, unser Blogs!-Buch, die ersten Shitstorms, die damals noch keinen Namen hatten, sind Blogs der neue Journalismus, sollten Journalist_innen bloggen, machen Blogs die Welt schlechter oder besser oder machen sie überhaupt irgendwas außer da sein und plappern.
Zu den allgemeinen Dingen, mit denen ich mich beschäftigte, kam meine eigene Entwicklung, meine Depressionen, das In-den-Griff-Kriegen derselben, die Wandlung von der Singlefrau zum Pärchenbestandteil (dem das Kennenlernen eines Manns vorausging, dessen Blog ich las und der meins las), der erste Gesangsunterricht, Golfspielen, Opern, Gottesdienstbesuche, Bücher, Filme, Serien, Karl, drei Autos, zwei Werbeagenturen, der Weg vom Angestelltendasein in die Selbständigkeit, der Eintrag über Opa, der schließlich in einem Museum landete, mein Patenkind (SIE IST INZWISCHEN ACHT!), irgendwann dann gutes Essen und weniger Filme, der zweite Schwung Gesangsunterricht und kein Golfen mehr, Körperakzeptanz, Feminismus, Fußball, mein Buch … und über und zwischen allem das Fragen nach dem Warum und Wohin, das Hadern oder Abschließen mit Vergangenem und die Suche nach dem Morgen.
Ich habe tagelang an diesem Eintrag rumgefeilt und ihn schließlich gelöscht. Ich weiß, was sich in den letzten zehn Jahren geändert hat, denn ich habe fast täglich darüber geschrieben. Wer das nicht weiß, darf sich durch mein Archiv wühlen, das bemerkenswert unredigiert hier rumsteht; die Favorite Entries sind dabei ein guter Startpunkt. Ich bin über einige Einträge gestolpert, die ich so heute nie wieder schreiben würde; ich bin aber auch über viele, viele Einträge gestolpert, auf die ich stolz bin (ein paar davon sind oben verlinkt). Die glückliche Momente beschreiben – oder ganz und gar unglückliche. Die Veränderungen an mir zeigen, die ich für wichtig halte. Oder einfach die, die Augenblicke festhalten, damit ich sie nicht vergesse.
Mir ist auch aufgefallen, über was ich alles nicht geschrieben habe. Das vergessen viele Leser_innen ja gerne mal: dass man weitaus mehr ist als diese Pixel hier. Das vergesse ich in anderen Blogs oder, noch schlimmer, bei Twitter übrigens auch gerne. Deswegen will ich gar keine große Rückschau halten oder den vergeblichen Versuch starten, zehn Jahre in einen Eintrag zu quetschen. Stattdessen gibt es nur eine kleine, sehr hoffnungsvolle Essenz aus zehn Jahren Weblogschreiben:
Es hat mein Leben verändert. Und es verändert es täglich weiter, weil ihr da draußen auch Weblogs schreibt. Danke dafür.
(Eintrag vom 24. September 2002)