Links vom 7. September 2012

In diesem Jahr habe ich zum ersten Mal die Paralympics etwas aufmerksamer verfolgt als sonst. Das liegt ehrlich gesagt vor allem daran, dass ich vor Kurzem die große Freude hatte, drei Athlet_innen zu porträtieren (darüber plaudere ich ausführlicher, wenn der Kram online ist), von denen zwei an den Spielen teilnehmen. Und wenn ich eh schon dabei bin, mir die Rennen im Handbike anzuschauen bzw. Rollstuhl-Basketball, dann gucke ich eben auch den Rest.

Was mich so fasziniert hat, waren die ungewohnten Bewegungsabläufe. Der Sport ist der gleiche, der Aufwand schlicht ein anderer. Was alleine bei der Leichtathletik alles anders aussieht, hat mich sehr verblüfft. Zum Beispiel sitzen die Werfer_innen (Diskus, Speer, Kugel), die sonst im Rollstuhl sitzen, in auf sie abgestimmten, fest montierten Geräten und stoßen nur aus dem Oberkörper heraus. Logisch. Dabei scheint das Alter nicht so sehr eine Rolle zu spielen wie bei den nichtbehinderten Athlet_innen; auf dem Siegerpodest finden sich ziemlich oft etwas ältere Damen und Herren.

Ebenfalls sehr spannend: die Läufe der Blinden. Bei den 100 m scherzten der Kerl und ich, naja, die rennen ja nur geradeaus, aber wie man blind mit großer Geschwindigkeit die Kurve bei den 200 m und aufwärts rennt, hat mich sehr begeistert. Dabei ist mir aufgefallen, dass die Damen ausschließlich mit männlichen Guides rannten. Ich stelle es mir recht schwer für die männlichen Athleten vor, einen Guide zu finden, der mit ihnen mithalten kann, denn die Zeiten waren nicht sehr viel langsamer als bei den Olympionik_innen.

Einer der Sprints, bei denen der Kerl und ich fast brüllend vor dem Fernseher saßen, war der hier bei den Herren in der Klasse T42 über 200m. Richard Whitehead ist der Mann auf einer der mittleren Bahnen, der stehend startet. Bei diesem Rennen sind mir zum ersten Mal die Bewegungsabläufe aufgefallen, die auftreten, wenn der Mensch keine Kniegelenke mehr hat. Die Federn, auf denen zum Beispiel Oscar Pistorius rennt, sehen so schick aus, weil seine Bewegungen nicht großartig anders sind als die von Menschen mit Unterschenkeln aus Fleisch und Blut. Whitehead muss logischerweise anders laufen. Beim Weitsprung der Damen habe ich diese Bewegung wiedergefunden: bei Vanessa Low, die mit mechanischen Beinen fast vier Meter weit springt.

Auch Rollstuhl-Basketball hat mich begeistert. Basketball selbst finde ich eher langweilig, hier habe ich den „chair skills“ der Damen sehr gerne zugeschaut. Es sind andere und vielfältigere Bewegungen, die ablaufen müssen, um den Ball in den Korb zu kriegen, und mir persönlich haben sie besser gefallen als das ewige Hin-und-Hergerenne der Nichtbehinderten.

Worauf ich hinauswollte: The Big Picture hat mal wieder sehr schöne Bilder. Ich habe einen der Sportler, über die ich schrieb, gefragt, ob Behindertensport den Blickwinkel von Nichtbehinderten ändern könne, was er absolut bejahte. Er meinte, wenn man einmal mitbekommen habe, was körperlich eingeschränkte Athlet_innen leisten, sehe man den Rollstuhlfahrer auf der Straße mit anderen Augen. Man habe nicht automatisch den nichtbehinderten Mitleidsblick, sondern wisse inzwischen, was alles aus diesem Stuhl heraus möglich ist.

Ja.

Mike Mignola, mein liebster Comiczeichner, gibt ein paar Buchtipps bei Barnes & Nobles. Via Comicgates Gezwitscher.

Falls ihr morgen noch nichts vorhabt (gibt ja keine Bundesliga): In Hamburg findet die Theaternacht statt.