Stasis

Einer dieser Tage. Dieser lange ruhige Fluss, der nicht lang ist, sondern zu lang, der nicht ruhig ist, sondern zäh, der dich nicht weitertreibt, sondern in die Tiefe zieht. Einer dieser Tage. Meine Immatrikulation erweist sich als schwieriger als jedes Studium, und ich traue mich nicht, darüber zu bloggen, sondern twittere bloß Fetzen, aus Aberglaube, dass es doch nicht klappt, dass ich doch nicht studieren darf, lernen darf, Neues sehen darf, dass ich stattdessen weiterhin 40 Stunden in der Woche auf Monitore und in Briefings schaue, die mir nur deswegen nicht egal sind, weil sie die Miete zahlen. Einer meiner Herzmenschen gleitet ab und zu in eine Art Depression, er nennt sie nicht so, ich nenne sie so, und ich komme in diesen Tagen nicht an ihn heran, bleibe auf Armeslänge entfernt, kann ihn nicht gesundlachen und glücklichkuscheln, kann nichts tun als es auszusitzen, so wie ich meine Immatrikulation aussitze, weil ich auf Unterlagen von Universitäten warte, die ich zum letzten Mal vor über 20 Jahren von innen gesehen habe, aber genau das will die Münchner Uni bestätigt haben, und ich kann nichts tun außer warten; ich schrieb einen Brief und bat um die Unterlagen, und das ist vier Wochen her und seitdem warte ich und warte und warte und bastele schon meinen Stundenplan, ohne einen Studienplatz zu haben und wache jede Nacht gegen 3 auf und grübele, was ich meinem Herzen sage, wenn es doch nicht klappt, und dann ist es 4 und ich nehme ein Buch, weil ich sowieso nicht schlafen kann und dann ist es 7 und ich gehe bleischwer unter die Dusche, zur Espressomaschine, in die Agentur, in die Mittagspause, nach Hause, ins Bett, wo ich um 3 wieder aufwachen werde. Und der Herzmensch kann nicht trösten, weil er gerade nicht trösten kann und nicht ge-tröstet werden kann und ich kann nicht trösten, weil ich nicht nah genug an ihn herankomme, eine kilometerlange Armeslänge weit weg bin, ein Lichtjahr, ein Universum. Einen anderen Herzmenschen habe ich ebenfalls im Kopf, aus ganz anderen Gründen, und auch das tut weh und erschöpft mich und auch hier kann ich nur warten, warten, warten, bis Dinge sich ändern, bis sie besser werden, bis sich Situationen auflösen und alles wieder klar wird und der Fluss wieder eine Strömung hat und ich auf ihm schwimme. Im Moment bin ich bleiern und sinke und kann nichts tun, nur warten, bis ich wieder auftauche, weil andere Menschen und Institutionen mich an der Oberfläche ziehen. Einer dieser Tage, und ich habe Angst, dass daraus eine dieser Wochen wird oder ein Monat oder ein Jahr.