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„Eines der Hauptreiseziele des jungen Kronprinzen war Bayern. Er besuchte hier seine Schwester Gisela, traf die bayrischen Verwandten seiner Mutter und selbstverständlich auch König Ludwig II. Die enthusiastische Zuneigung des exzentrischen Königs zu dem jungen Verwandten erregte Aufsehen, hatte sie doch einen starken politischen Unterton. Denn Ludwig, der an der Seite Österreichs 1866 von Preußen besiegt worden war und 1871 an der Seite Preußens seine Selbständigkeit verlor, wich mit Beharrlichkeit jeder Begnung mit dem deutschen Kaiser aus, verließ sogar München, als das deutsche Kronprinzenpaar sich dort aufhielt. Mit Rudolf dagegen demonstrierte er innige Freundschaft, fuhr ihm entgegen, begleitete ihn auf der Rückreise ein gutes Stück, sprach sich ihm gegenüber ‘sehr gut österreichisch’ aus, eine deutliche Spitze gegen Berlin. Schließlich bot Ludwig Rudolf, der an Musik kaum interessiert war, das Höchste, was er sich vorstellen konnte: Wagnermusik, in Privatvorstellungen nur den beiden ungleichen Freunden dargeboten.
In seiner Verachtung für Berlin und seiner Liebe zu Kaiserin Elisabeth und Kronprinz Rudolf verstieg sich Ludwig II. sogar so weit, Rudolf Bayern zu versprechen: ‘Ich hänge an Niemandem so fest und treu wie an Dir, und so ist es mein großer Wunsch, daß Du nach meinem Tode dereinst Bayern erhälst.’“
Brigitte Hamann, Kronprinz Rudolf: Ein Leben