Skyfall

Ja, ich bin etwas spät dran, aber besser spät als nie, um laut kundzutun, dass mir Skyfall sehr gut gefallen hat – mein bisher liebster Craig-Bond.

Schon die Anfangssequenz legt die Messlatte so richtig schön hoch: Wir sehen eine Verfolgungsjagd mit dem Auto, auf einem Motorrad, einem Zug und wenn man’s genau nimmt, auch noch einem Bagger, und zwar nicht irgendwo gemütlich auf der Landstraße in Hintertupfingen, sondern im belebten Istanbul, genauer gesagt, ich zitiere: “They seem to be on top of the bazaar.” Genau. Hervorragendes Tempo, aber nie so schnell, dass man nicht mehr mitkriegt, wer jetzt gerade gemein zu wem ist. Außerdem lernen wir eine neue Agentin kennen, was ich persönlich ja grundsätzlich nett finde, wenn nicht nur die üblichen Klischee-Bond-Girls dabei sind, sondern auch Mädels, die ein bisschen was in der Birne und nicht nur in der Bluse haben.

Schon vor dem Vorspann gibt’s die erste Ãœberraschung, und so geht der Film auch weiter: Immer wenn ich dachte, so, jetzt kommen wir langsam zum Ende, legte Skyfall noch ein Schippchen drauf. Das hat allerdings manchmal ein bisschen genervt; das Finale war einen Hauch zu lang, wenn auch hübsch elaboriert, und den Pseudo-Showdown mit Bösewicht Javier Bardem (JAVIER FUCKING BARDEM!) hätte man etwas kürzen können, genauso wie die komplette Szene davor im Casino, wo das bereits angesprochene Bond-Girl entsetzlich beknackte Dialogfetzen in verführerischem Timbre von sich geben darf. Nochmal zu JAVIER FUCKING BARDEM: Ich habe seine Frisur und seine Outfits gehasst, aber die eine lange ungeschnittene Sequenz, wo er aus der Tiefe des Raums auftaucht und langsam, gemächlich und offensichlich durchgeknallt auf Bond zugeht, bis er schließlich vor ihm steht – die war großes Kino. Ein klassischer Bond-Schurke wie er im Buche steht.

Und wo wir schon bei Klassik sind: Skyfall bietet schönes neues Zeug, greift aber gleichzeitig tief in die Traditionskiste – und ich habe es geliebt. Der wunderschöne Aston Martin aus Goldfinger taucht auf, gefühlt alle 20 Minuten sprach irgendwer davon, es “the good-old fashioned way” zu machen, wir erfahren etwas über Bonds Kindheit, und gefühlsmäßig gehört auch meine liebste Verfolgungsjagd in die gute alte Zeit: Anstatt mal wieder die üblichen Coupés über malerische Serpentinen zu jagen, muss Bond in der Tube rumsprinten – eben nicht irgendwo auf der Welt, sondern in der Stadt, in der alles begann: London. In den letzten zehn Filmminuten gibt’s dann noch mehr aus den Anfängen der Serie; das will ich aber nicht spoilern, auch wenn ich mit einer dieser dramaturgischen Entscheidungen überhaupt nicht glücklich bin. (Wer den Film gesehen hat, müsste wissen, was ich meine.) Trotzdem: eine Story, der man nach dem Totalausfall von Quantum of Solace mal wieder folgen wollte, tolle Darsteller_innen, viel Bond, wie man ihn kennt und vor allem: viel Bond, den man besser kennenlernen will. So frisch und gleichzeitig charmant altmodisch kann sich also diese Filmreihe anfühlen.

Der Bechdel-Test:

1. Es müssen mindestens zwei Frauen mitspielen, die
2. miteinander reden
3. und zwar über etwas anderes als Männer.

Drei Frauen haben Sprechrollen: M, die Agentin und das Bond-Girl, aber die Damen reden nie miteinander.

Test bestanden? Nein.