Wochenrückblick 22. bis 28. Juli

Montag, 22. Juli

Wie immer verheulte Abschiedsszenen an der Hamburger Wohnungstür. Mit Bus, U- und S-Bahn zum Flughafen, dort mal wieder den Anfängerfehler „Gürtel abgeben, aber Handy in der Hosentasche vergessen“ beim Security Check machen, Flug nach München, mit S- und U-Bahn nach Hause. Eigentlich wollte ich gleich in die Bibliothek, um mit meiner Hausarbeit anzufangen. Ich lege mich um 15 Uhr noch kurz aufs Ohr, weil ich die Nacht davor aus welchen Gründen auch immer kaum geschlafen hatte und dementsprechend müde war. Als ich aufwache, ist es kurz nach 20 Uhr. Ich lese Walter Benjamins Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit zuende und kann wieder nicht schlafen, weil der Text so toll ist.

Dienstag, 23. Juli

TOP 1: zur Studentenkanzlei radeln und meinen Fachwechsel beantragen. Im Gepäck die LMU-Bescheinigung mit dem bestandenen Geschichtstest, ohne den der Fachwechsel nicht möglich ist. Ich ziehe eine Wartemarke, komme gerade noch dazu, einen Schluck Wasser zu trinken, als meine Nummer schon aufgerufen wird. Name und Geburtstdatum aufsagen, Test abgeben, das war’s. Nach drei Minuten bin ich keine Musikwissenschaftsstudentin mehr.

TOP 2: ins Institut für Kunstwissenschaften radeln und mir meine Klausurnoten abholen. Die haben zwar keine Bedeutung (ich schrieb gerade darüber), aber ich will sie trotzdem wissen. Von den zwei Klausuren ist erst eine da und zwar die, vor der ich etwas mehr Respekt hatte als vor der Altniederländischen Kunst: Kunstgeschichte 1500–2000. Die Klausur setzte sich aus Fragen aus der Vorlesung sowie dem Propädeutikum zusammen und bestand nur zur Hälfte aus dem herrlich bequemen Multiple Choice, bei dem man notfalls raten kann und manchmal sogar richtig liegt. Hier war die Hälfte händisch zu beantworten und bei zwei Fragen wusste ich schon in der Klausur, dass die Antwort falsch ist. Das waren dann aber auch meine einzigen richtigen Fehler; bei zwei weiteren habe ich so halb danebengelegen und noch einen Mitleidspunkt gekriegt. Ergebnis: 1,3, eine von den drei höchstbenoteten Klausuren, wenn ich die Dozentin richtig verstanden habe. Ich bin piepsig und freue mich sehr. (Innere Beckerfaust.)

TOP 3: ein Stockwerk höher in die Bibliothek für Kunstwissenschaften gehen und mit der Hausarbeit beginnen.

Im letzten Semester musste ich zu meinem Memling-Referat eine Hausarbeit schreiben und bin da etwas naiv rangegangen. Beim Informationensammeln fürs Referat habe ich nie wirklich notiert, wo was stand, sondern hatte den lustigen Gedanken, ach, das weißte ja, welche Bücher du benutzt hast. Hmja. Fünf Minuten nach dem Referat vielleicht, aber nicht zwei Monate später, als ich mit der Hausarbeit begann. Dieses Mal war ich schlauer: Schon beim Referatanfertigen habe ich brav jedes Buch notiert, in dem ich rumwühlte, mit kompletter bibliografischer Angabe und, ha! der Signatur, unter der ich es in der Bibliothek finde. Zu jedem Buch habe ich seitenlange Zitate exzerpiert und hatte so schon eine zehnseitige Stoffsammlung, bevor es an die Hausarbeit ging. Jetzt vertiefe ich meine Recherche, lasse mir Bücher in der Unibibliothek und der Stabi zurücklegen und lese noch ein paar in der KuGi-Bib.

Am späten Nachmittag ist meine Stoffsammlung 15 Seiten lang.

Als ich gegen 16 Uhr nach Hause komme, klingelt das Handy: Herr @probek hätte überraschend noch eine Karte für die Mannschaftspräsentation des FC Bayern in der Allianz-Arena, ob ich mitwolle? Will ich. Rucksack ausräumen, aufs Rad setzen, zur Uni fahren, in die U-Bahn umsteigen, bis Nordfriedhof fahren, von wo der Herr mich abholt, um dann mit ihm und zwei Kollegen den Jungs in der Arena zuzujubeln. Wir beschließen den Abend auf @probeks Balkon mit den üblichen Kaltgetränken, ich fahre danach mit der U-Bahn zur Uni und radele nach Hause. Es gibt wenige Dinge, die ich inzwischen lieber mag als nachts durch München zu fahren.

Mittwoch, 24. Juli

Ich radele morgens um 7.30 Uhr zu meiner Hausärztin, wo ich mir Blut abnehmen lassen muss. Seit einigen Wochen nage ich einer Diagnose rum, die mich seelisch etwas anfrisst und für die meine Medikamente neu eingestellt werden mussten. Die ersten zwei Wochen danach waren fürchterlich für meine memmige Psyche, jetzt geht’s wieder deutlich besser. Daher hoffe ich, dass meine Werte okay sein werden. (Ich will bei der Krankheit nicht näher ins Detail gehen; ich sterbe nicht, alles ist gut. Im Rahmen der Parameter dieser Krankheit halt. Nebenbei: Sie hat nichts mit meinem Gewicht zu tun, höchstens in der Richtung, dass sie mein hohes Körpergewicht begünstigt. Vor fünf Jahren hätte ich mich über diese Diagnose gefreut; heute bin ich nachträglich darüber entsetzt. Verdammt Scheißgewichtsgehirnwäsche.)

Nach dem Arzttermin radele ich in die Stabi und lese und schreibe und lese und schreibe.

Abends lungere ich hirntot vor dem Macbook rum, auf dem zunächst der Kirmeskick Bayern gegen Barca läuft und danach #sweger der Damen. Der AC Florenz twittert, dass Gomez seine ersten beiden Tore für den Verein geschossen hat. Auch Kirmeskick, aber egal.

Donnerstag, 25. Juli

Stabi.

Unibliothek, drei Bücher abgeholt, im Vorraum der Bibliothek quergelesen, noch ein Zitat in die Arbeit gequetscht – und damit ein weiteres Buch ins Literaturverzeichnis. Bücher gleich wieder abgegeben.

Kugibibliothek, die letzten Quellen noch mal verifizieren. Im Prinzip ist die Arbeit fertig. Jetzt lasse ich sie einen Tag rumliegen und lese dann noch mal drüber.

Ich hole mir die zweite Klausurnote ab: 2,3. Da hat mich mein triumphales Gefühl direkt nach der Klausur etwas getrogen. Inneres Gequengel. Na gut, äußeres Gequengel.

Abends werden die Bayreuther Festspiele eröffnet; die ARD überträgt zeitversetzt den Fliegenden Holländer, den ich schon aus dem letzten Jahr kenne. Ich liege bei geöffnetem Fenster im Bett, gucke zu und bin wieder ein bisschen mehr mit der Welt versöhnt. (2,3. Verfickte Scheiße.) Okay, doch nicht.

Freitag, 26. Juli

Nach einem Tag Liegenlassen findet man ja doch immer noch fehlende Seitenzahlen oder stolpert über Dinge, die einem gestern total logisch vorkamen. Ein weiteres Mal in die Bibliothek, aber dann ist es auch gut.

Meine Ärztin ruft an und überbringt die unfrohe Kunde, dass meine Blutwerte eher immer noch mies seien. Meine Medikation wird dramatisch raufgesetzt, und ich bin wieder etwas wimmeriger.

Den Nachmittag verbringe ich in der abgedunkelten Wohnung, während draußen 33 Grad herrschen. Abends raffe ich mich trotzdem auf und gehe ins Kino – was eigentlich kein Kino ist, sondern ein abbruchreifes Gebäude, in dem ein BluRay-Player steht und wo das Abendlicht durchs undichte Dach fällt. Aber: Draußen steht ein Wigwam vor einem Lagerfeuer, es gibt selbstgebackenen Kuchen, und als ich nach den beiden Kurzfilmen wieder ins Freie trete, werden gerade dutzende von Teelichtern in Papiertüten auf dem Gelände verteilt. Eine Band spielt, die Temperaturen sind allmählich erträglich, und ich finde alles ganz großartig.

Danach radle ich zu Herrn @probek, wir gucken The Way, und ich bekomme diverse White Russians serviert. Fahre das erste Mal angeschickert Rad und finde sogar den Weg nach Hause.

Samstag, 27. Juli

Ich schleppe meinen neuen Ventilator vom Schlafzimmer in die Küche und stelle ihn auf Dauerbetrieb, weil ich eine Riesenschüssel Couscoussalat zubereite. Herr @surfin_bird hat nämlich zum Sommerfest geladen, wo ich abends hinradele – bei 35 Grad. Ich brauche eine gute halbe Stunde und bin entspannt und unverschwitzt, bis mich der Berg am Gasteig fertigmacht. Jetzt spüre ich doch mal meinen Kreislauf und trinke einen halben Liter Wasser in gefühlten fünf Sekunden. Erst dann betrete ich den heimeligen Innenhof, begrüße alle, die ich kenne und hocke mich dann mit anderen vor den Fernseher, um den Supercup zwischen Dortmund und Bayern zu gucken. Mein liebster Mitgucker ist der siebenjährige Nils, mit dem ich mich angeregt über Fußballerfrisuren unterhalten kann. Mein Uterus zuckt kurz, aber der Junge ist auch einfach die Knuffigkeit in Tüten. (Okay, Dortmundfan. Aber das kann man ihm ja abgewöhnen.) Den Rest der Feier sitze ich mit @probek, @el_loko74, dem @stadtneurotkr und diversen Menschen, die ich vorher noch nie gesehen habe, an einem Tisch, lache viel, trinke viel und bin trotz Bayernniederlage so entspannt wie selten. Ein wunderschöner Abend, den @probek und ich noch im Café Cord ausklingen lassen, inzwischen unser Standardwasserloch für den Absacker.

Sonntag, 28. Juli

Draußen sind es 37 Grad, ich umarme den Ventilator und gucke zwei Staffeln Episodes. In fünf Tagen geht mein Flieger nach Hamburg und ich fange an, München zu vermissen, obwohl ich noch hier bin.