Wenn Erbsenzähler Werbung gucken

Ich weiß schon, warum ich bei Niggemeier so selten die Kommentare lesen – strengt zu sehr an und ruiniert meist den Eintrag. So auch beim Posting über den Bildblogspot. Klar, viel Lob, aber: auch Kritik. Und zwar fundiert formuliert wie z.B. von diesem Herrn (? kann auch ne Dame sein, klingt aber wie ein Kerl):

„Ich finde den Spot auch sehr schön. Glückwunsch! Aber der Slogan irritiert mich. „Jede Lüge braucht einen Mutigen, der sie zählt”. Ist das so? Müssen Lügen gezählt werden? Oder doch eher bemerkt, aufgeschrieben, korrigiert? Wäre der Spot denn schlechter, wenn der Slogan weniger genau beschreiben würde, was der Counter macht, und dafür besser wiedergäbe, was Bildblog macht?“

Im Klartext: Ich verstehe den Slogan nicht. Könnt ihr den umschreiben? Dann passt er natürlich nicht mehr zum Spot. Könnt ihr den neu drehen? Aber sonst supi, echt.

Oder Mister Langsam:

„Ich finde ihn gelungen und auch witzig, allerdings musste ich mir ihn 2x anschauen, um den Counter zu verstehen, aber wenn man das hat, dann ists richtig gut ”¦“

Oder der hier:

„Die Anspielung auf den Bild-Slogan ist zwar gelungen und auch für jeden offensichtlich, der die entsprechende Bild-Werbung kennt, aber als Perfektionisten stört mich das veränderte „Versmaß”: „ausspricht” besteht aus zwei Silben, bei „zählt” handelt es sich nur um eine Silbe. Wie wäre es mit „Jede Lüge braucht einen Mutigen, der sie anzählt!” gewesen? Hier bleibt der Bezug zur Handlung des Werbespots erhalten und gleichzeitig klingt es nicht so sehr nach Buchhaltertum.“

Mami, Mami, ich will, dass alle Headlines die gleiche Buchstabenanzahl haben. Und mach bitte das Licht noch zehnmal an und aus, bevor du mir meine Brotscheiben zu rechtwinkligen Dreiecken zurechtschneidest.

Weiter:

„der spot ist gut, wenngleich der fehlende _direkte_ bild-bezug für otto-normal-tv-gucker vielleicht im verborgenen bleibt und es somit eher schwierig ist, durch den spot neue leser auf euer tun aufmerksam zu machen.“

Klar, wenn ich einen Ariel-Spot gucke, muss unbedingt auch das Persil-Logo eingeblendet werden, damit ich weiß, dass Ariel besser sauber macht als die Konkurrenz. Überhaupt überfordert mich Fernsehen gerade total.

Einen hab ich noch:

„Der Schnitt von der 29./30. Sekunde bricht die Fiktion eines realen Zeitverlaufs (Lächeln von Anke Engelke!). Ein Fehler, der in einem so konzentrierten Stück nicht passieren dürfte, finde ich.“

Hasis. IHR seid also die Nasen, die beim großen Feind guter Werbung – der MARKTFORSCHUNG! – sofort zum Kuli greifen und genau so einen Rotz wie oben auf den Fragebogen seiern, gell? Denn derartig dämliches Erbsenzählen beschert uns Werbern (und damit im Endeffekt euch Zuschauern) die teilweise fürchterliche Werbung, die wir im deutschen TV, Print und Radio zu ertragen haben. Wenn der Spot wirklich in die Mafo gegangen wäre und die Bildblogjungs und -mädels ein durchschnittlicher, wankelmütiger Kunde gewesen wären, hätte das Mafo-Feedback wahrscheinlich ungefähr so ausgesehen:

– zu wenig Bezug zum Produkt

(heißt in der Umsetzung: Make the logo bigger. „Und vielleicht kann man noch mal erklären, was das Bildblog so macht.“ – „Aber das steht doch am Ende da. Vor dem Nachklapper.“ – „Lesen überfordert die Leute. Da muss der Offsprecher nochmal ran. Vielleicht in die Richtung „Bildblog. Zeigt Fehler der Bildzeitung auf und korrigiert sie.“ Ja, das nehmen wir. Dafür fliegen dann fünf Sekunden Dialog von Engelke und Herbst raus, aber das kriegen Sie schon hin, ja?“)

– zu komplizierte Textmechanik

(„Vielleicht könnten wir „Jetzt neu!“ noch irgendwo einfügen, das zieht immer und der Kunde sieht sofort den Nutzen.“)

– der Humor wird gewürdigt, allerdings wird der Effekt des Counters nicht sofort verstanden

(„Wenn wir den rausnehmen, funktioniert der Spot doch auch noch, oder? Ja, sicher. Sagt meine Frau auch. Der stört auch das schöne Bild.“ – „Nein, ohne Counter funktioniert der Spot nicht mehr!“ – „Dann freue ich mich auf fünf neue Treatments zu übermorgen. Vielleicht mit weniger Bildelementen. Und auf 30 Sekunden. Wiedersehen.“)

– die handwerkliche Umsetzung wird als nicht hochwertig genug empfunden

(„Vielleicht war auch das Casting nicht gut? Comedians sind ja nicht unbedingt glaubwürdige Testimonials. Komm, lass uns den Kerner nochmal anrufen.“)

Ich würde gerne mal wissen, wie der durchschnittliche deutsche Zuschauer auf Spots von Sony reagiert hätte („Was haben den Flummis mit Fernsehen zu tun? Wo kommen die denn her? Und denkt mal wer an den armen Frosch?“) oder von Apple („Aber Computer können doch gar nicht sprechen!“) oder Epuron („Versteh ich nicht“).

Zur Erinnerung: Von Cannes nach Kotzen.