Gestern abend, Tristan und Isolde auf arte. Zufällig reingezappt und gleich hängengeblieben, weil a) Waltraud Meier die Isolde gesungen hat, b) Daniel Barenboim dirigiert hat und c) die Inszenierung von Patrice „Jahrhundertring“ Chéreau kam. War dann auch alles wunderbar – bis zehn Sekunden vor Schluss, als Isolde gerade dramatisch den Liebestod stirbt, die Musik immer leiser wird … und anstatt dass die Kamera schön in der Totalen bleibt (und ich mir mal die Scala angucken kann), zoomt sie auf Dirigent Barenboim, der gerade langsam die Arme auseinanderzieht und Daumen und Zeigefinger aufeinanderlegt, um zu signalisieren, leise jetzt, langsam jetzt, gleich ist Schluss, Kinder.
Ich wollte gerade anfangen, innerlich zu pöbeln, kam aber nicht dazu, weil ich noch so ergriffen war und die letzten Sekunden noch genießen wollte, als die Geigen immer leiser und leiser wurden, alles zu erlöschen schien, man kaum noch zu atmen wagt, weil alles sich dem Ende entgegenneigt … und in dem Moment, wirklich eine Millisekunde, nachdem endlich alles still war, brüllte schon der erste Zuschauer „BRAVO!“ in die gespannte Atmosphäre und ruinierte jeden Moment der Besinnung. Und auch hier konnte ich nicht pöbeln, denn dem Maestro erging es wie mir: Er zuckte merklich zusammen und sah aus, als hätte ihm jemand einen Schlag auf den Hinterkopf gegeben.
War mir nicht so klar, dass die Dirigenten genauso leiden wie die Zuschauer, die noch einen Augenblick der Stille genießen wollen, bevor man langsam wieder in die reale Welt auftaucht, einem klar wird, dass man in einem Opernhaus sitzt (oder vor dem Fernseher) und man jetzt langsam anfangen könnte zu klatschen.
Statt zu klatschen, hab ich mir nochmal den dritten Akt der Walküre vom oben verlinkten Jahrhundertring auf DVD angeguckt. Wurde leider ohne Schlussapplaus aufgezeichnet, was noch blöder ist als zu früh losjubelnde Zuschauer.