Charlie’s Angels 2: Full Throttle

Charlie’s Angels 2: Full Throttle
(3 Engel für Charlie: Volle Power, 2003)

Darsteller: Cameron Diaz, Drew Barrymore, Lucy Liu, Bernie Mac, Demi Moore, Luke Wilson, Matt LeBlanc, John Cleese, Crispin Glover, Robert Patrick, Justin Theroux
Musik: Ed Sheamur
Kamera: Russell Carpenter
Drehbuch: John August, Cormac & Marianne Wibberley
Regie: McG

Wenn es den Begriff „Jungsfilm“ nicht schon geben würde als würdigen Gegner für den Chickflick, dann müsste er für Charlie’s Angels: Full Throttle erfunden werden. Der Film ist so hemmungslos auf die Zielgruppe der pubertierenden 13–16jährigen Kerle zugeschnitten, dass es entweder weh tut – oder verdammt viel Spaß macht.

Ich finde es immer spannend zu sehen, wie ein Film beginnt: Fängt er mit einem Paukenschlag an, um den Zuschauer sofort zu kriegen? Oder entwickelt er sich langsam, um vorsichtig eine Stimmung zu etablieren? Oder macht man es ganz anders und lässt den Film in der nördlichen Mongolei beginnen: mit Lucy Liu im tief ausgeschnittenen Lederoutfit, Drew Barrymore beim Wettsaufen mit ner Menge asiatischer Hinterwäldler und Cameron Diaz im weißen Mini, die auf einem Bullen reitet, während im Hintergrund Tone Locs Funky Cold Medina aus der Jukebox dröhnt? Und wenn dann der erste Satz im Film noch „Get off the babysitter – Daddy’s home“ als Codewort lautet, weiß man, dass man sich im perfekten Popcorn-Kino befindet.

Charlie’s Angels 2 ist ein würdiger Nachfolger des ersten Teils geworden, der sich auch schon überhaupt nicht ernstnahm, sich bei keinem Stunt auch nur einen Hauch um die Schwerkraft oder gar Logik gekümmert hat und auch nur einfach gute Laune machen wollte. Das schafft der zweite Teil genauso spielerisch: mit verlässlich gut aufgelegten Hauptdarstellerinnen, die sich den ganzen Film lang ganz doll lieb haben, immer füreinander da sind und dabei verdammt viel Arsch zeigen; mit einem Soundtrack, der fast nie zur Ruhe kommt und mit Kostüm- und Perückenwechseln ohne Sinn und Verstand, aber dafür fast im Minutentakt.

Das, was Angels nicht ganz zu einem entspannten Hirn-aus-und-gut-ist-Film hat werden lassen, ist der Versuch, ein bisschen Story in die bunte Bonbonwelt zu bringen. Nach den ersten zehn Minuten, in denen ich fast konstant gegrinst habe, weil es einfach Spaß macht, sich dieses sinnfreie, aber technisch perfekte Treiben anzugucken, kam zum ersten Mal ein Hauch von Handlung ins Spiel. Worum es in Angels geht, ist meiner Meinung nach aber völlig nebensächlich. Wenn ein Film sich die Freiheit nimmt, einfach nur einen Gute-Laune-Song an den nächsten zu packen, jeden nur erdenklichen Ort als Set zu nutzen, an dem man irgendwas in die Luft jagen kann und dazu ein paar Hauptdarsteller engagiert, die gewillt sind, in albernsten, aber dabei stets freizügigen Outfits rumzulaufen und einfach nur gut auszusehen – kurz gesagt: wenn ein Film sich die Freiheit nimmt, nicht mehr als ein zweistündiges Musikvideo sein zu wollen, warum muss dann dieser wunderbar seichte Unterhaltungsfluss durch Handlung gestört werden?

Wann immer der plärrende Soundtrack verstummt, verliert der Film leider merklich an Tempo. Und das ist eigentlich fast konstant ziemlich hoch: Vollgas eben. Was bedeutet, dass angenehmerweise keine der Actionszenen künstlich in die Länge gezogen wird. In diesen Sequenzen hat Regisseur McG ein perfektes Timing erwischt; bei der Handlungsebene leider nicht. Da nützen dann auch die vielen schönen Cameos nichts – allen voran Bruce Willis, den wir leider nur in einer kurzen Szene genießen dürfen.

Was den Film dagegen wieder unterhaltsam macht, sind seine vielen gelungenen Referenzen an amerikanische Filme und Fernsehserien. Offensichtlich ist sich Angels bewusst, dass er auf einer der künstlichsten TV-Serien aller Zeiten beruht, und meist will er dieses Image auch gar nicht loswerden. Das führt zu wundervollen Anspielungen auf Flashdance (die drei Engel schweißen lustig an einer Schiffswand herum, während stilgerecht im Hintergrund What a feeling läuft), CSI (komplett mit Who are you als Musikbegleitung und einer Menge technischem Wissen, das wirklich niemand besitzt – so erkennt Drew Barrymore scharfsinnig an einem Turnschuhabdruck am Tatort, dass das nur die Air Jordans aus dem Jahre weißichnichtmehr sein können, die als limitierte Auflage nur in einem einzigen Store in L.A. verkauft wurden, was den Kreis der Verdächtigen natürlich drastisch einschränkt; und das alles erzählt sie uns in einer dramatischen Tonlage, als würde sie gerade darüber referieren, wie man eine Atombombe entschärft) und natürlich Blues Brothers: The one and only Carrie Fisher darf als Kopie der legendären Pinguintante mit einem Lineal auf Pulten herumklopfen, während die Engel in eben diesen näher an sie heranrutschen. Einfach schön.

Wir Mädels kommen ein bisschen zu kurz bei Charlie’s Angels: Full Throttle – oder wie ich ihn nenne würde: Charlie’s Angels: Tits and Ass. Ab und zu dürfen zwar auch ein paar Sixpacks von Schnuckelsurfern bestaunt werden, aber das war’s dann auch. Zielgruppengerecht eben. Genauso wie die Tatsache, dass sich Cameron Diaz über einen Hund mehr freut als über einen Heiratsantrag.

Angels ist dementsprechend ein Film, bei dem man mal wieder sinnlos 16 sein darf. Oder sich zumindest so fühlt. Ich hab jedenfalls danach Pink im Autoradio ziemlich laut aufgedreht und bin viel zu schnell nach Hause gefahren. Denn das ist genau das Gefühl, mit dem man aus dem Film kommt: Buckle up, baby – you’re in for a hell of a ride.

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