Tagebuch, Mittwoch, 27. Januar 2016

Adieu, Anselm

Nach drei Korrekturgängen habe ich mir selber zugeraunt „Gib ab. Gib ab. Gib ab. Gib ab. GIB AB“, aus dem Word-Dok ein pdf gemacht, es so benannt, wie die Dozentin es haben wollte und … die Mail noch zweimal durchgelesen (alle Namen richtig?) … das pdf sicherheitshalber noch mal geöffnet … „ECHT JETZT, GIB AB“ … und die Mail abgeschickt. Das ist aber auch immer eine schwere Geburt, herrgottnochmal. (Mein Baby!)

Ost-West-Dialoge-Seminar

Wir hörten zunächst ein Referat über die Autoperforationsartisten, eine Performancegruppe aus der DDR, die von 1982 bis 1991 bestand. Sie befassten sich in ihren Aufführungen mit dem Gefühl des Eingesperrtseins und dem Widerspruch zwischen dem inneren und dem äußeren Selbst, die ständig aneinanderstießen. Die Performance als ephemeres Werk hatte durchaus einen Hintergrund: Es gab keine Drehbücher zu den Aktionen, keine Dokumente, die den Performern zur Last gelegt hätten werden können, es gibt kaum Fotos oder gar Videoaufnahmen der Gruppe, die bewusst keine Dokumentation wollten, aus genau dem gleichen Grund: Staatsfeindliche Aussagen konnten so schwerer belegt werden. Deswegen greift die Kunstgeschichte jetzt ausgerechnet auf Stasi-Akten zurück, in denen einige der Aktionen immerhin schriftlich dokumentiert wurden, wenn auch zu einem ganz anderen Zweck.

Das zweite Referat befasste sich mit Gerhard Richter und den verschiedenen Ausprägungen seiner Abstraktion. Besonders auf ein relativ neues Werk – Birkenau (2014) – gingen wir ein bzw. sprachen kurz über die Kritik an den Bildern von Wolfgang Ullrich. Sein Text ist hier zu lesen. Und einen etwas wohlwollenderen FAZ-Artikel von meiner Lieblingsfeuilletonistin gibt’s noch obendrauf, wobei ich hier auf Ullrichs Seite wäre. (Ich mag seinen Begriff der „Assoziationspflicht“ für die Betrachter*innen von Richters Bildern.)

Im Artikel werden weitere Richter-Bilder genannt, in denen er sich mit dem Thema des Nationalsozialismus auseinandersetzt. Die stammen allerdings aus den 1960er Jahren und betreffen ihn persönlich: Onkel Rudi und Tante Marianne. Wie genau, steht am Schluss des FAZ-Artikels.

Edit: Ab dem 6.2. ist Birkenau in Baden-Baden zu sehen.

Links

Was ich gestern unter anderem vertwitterte: einen Blogeintrag von musermeku über Social Media als Herausforderung für Gedenkstätten sowie einen Reiseblogeintrag über Verdun, knapp 100 Jahre vor dem Jahrestag des Beginns der blutigen Schlacht im Ersten Weltkrieg.