Tagebuch, Donnerstag, 31. März
Morgens gedankenverloren das Radio angemacht, als ich meine Schlafklamotten auszog, um zu duschen. Zwei Arschlochmoderator*innen nutzten das gestrige warme Wetter, um sich über angeblich unattraktive Frauen in Leggings und Ballerinas aufzuregen, um dann hinterherzuschieben, dass man’s aber trotzdem ruhig anziehen soll, man sehe sich ja selber nicht – „nur der Rest der Welt muss das ertragen.“ Extremst angepisst den Sender gewechselt und wütend geduscht.
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Den Vormittag verbrachte ich mit Zeug: Zunächst Bücher in der Unibibliothek abgegeben und zwei neue mitgenommen, ein Buch in der Stabi abgegeben und leider kein neues mitgenommen, auch wenn es online schon als „abholbar“ vermerkt war.
Danach zum Suckfüll geradelt, bei dem ich noch nie eingekauft habe, weil ich immer so über den Namen lachen muss. Der hat aber so ziemlich alles, was ein Baumarkt auch hat, nur um die Ecke und nicht am Ende der Welt.
Ich brauchte vier neue Rollen für meinen Ikea-Couchtisch. Der steht seit 20 Jahren bei mir rum, zunächst in Hannover, dann in drei Wohnungen in Hamburg, aber der Umzug nach Bayern war anscheinend zu viel für ihn. Das Plastik an den Rollen zerbröselte, sobald er hier stand, man konnte ihn kaum bis gar nicht mehr bewegen (was leider nötig ist, wenn man das Schlafsofa ausklappen will), und so musste ich neue Rädchen für ihn kaufen. Der Weg bis zu Ikea ist ohne Auto recht lang, und deswegen radelte ich zum Laden mit dem irrwitzigen Namen, wo ich natürlich genau die richtigen Rollen fand plus Kabelbinder, um meinen wackeligen Fahrradkorb zu fixieren.
Apropos Fahrrad: Die Schaltung ist immer noch doof zu mir, aber nicht mehr ganz so doof. Vielleicht bin ich wirklich zu grobmotorisch, um dieses nervöse Fahrrad zu bedienen, während das gutmütige Aldi-Rad alles verziehen hat.
Beim urlaubenden F. den Briefkasten geleert, nebenan im Drogeriemarkt Sonnenmilch gekauft und abschließend in der U-Bahn-Stadion Josephsplatz das neue Semesterticket. Ich hatte überlegt, ob ich das wirklich noch brauche, schließlich fallen die regelmäßigen Fahrten zum Flughafen, für die alleine es sich lohnte, ja jetzt weg, aber mir wurde von mehreren Menschen, die die teuren ÖPNV-Tickets löhnen müssen, dringend nahegelegt, das Ding trotzdem zu kaufen, wenn ich schon darf. Mir wurden Streckenpreise vorgerechnet, man lockte mich mit der quasi kostenlosen S-Bahn-Fahrt bis an bayerische Seen, erinnerte mich an meine bisher ergebnislosen Versuche, das Münchner Öffisystem mit seinen Ringen, Zonen und Streifenkarten zu verstehen uswusf. Schon gut. Gekauft.
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Nachmittags trauerte ich um einen Menschen, den ich gar nicht kannte, was für mich selbst etwas überraschend kam. Zaha Hadid verstarb gestern, und aus der Fülle der Nachrufe verlinke ich mal die NZZ und die NY Times:
„She was not just a rock star and a designer of spectacles. She also liberated architectural geometry, giving it a whole new expressive identity. Geometry became, in her hands, a vehicle for unprecedented and eye-popping new spaces but also for emotional ambiguity. Her buildings elevated uncertainty to an art, conveyed in the odd ways one entered and moved through those buildings and in the questions her structures raised about how they were supported.“
Das MoMA instagrammte einen meiner liebsten Entwürfe aus dieser Ausstellung:
In diesem Zusammenhang: der Wikipedia-Artikel über Women in Architecture (den es nicht in der deutschen Wikipedia gibt). Und die Anfänge der Nachrufe in der Berliner Zeitung sowie in der Zeit, die mit Hadids Kleidungsstil und ihrer Schuhsammlung beginnen. (Lasst die Scheiße endlich.)
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Wo wir gerade bei Nachrufen sind: Der Economist as only the Economist can über Johan Cruyff.
„The true beauty of the world’s most beautiful game, according to Johan Cruyff, who knew, didn’t lie in tricksy technique. If a man could juggle a ball a thousand times, it proved only that he ought to join the circus. Of course, it was great when Rudolf Nureyev said he should have been a dancer. But he was not just using his long, lean body when he played football. He was mostly using his brain. That brain, as well as his famously agile feet, made him a local hero in Holland and Spain and, by extension, all over football-mad Europe.
His rules of the game were simple. (Geometrical, some said, even mystical.) If he had the ball, the space on the pitch had to be made as large as possible. If he didn’t have it, the space had to become threatening and small. He adjusted his perspective continually with the movement of the ball. At one given moment—neither too early nor too late, en un momento dado, his catchphrase when he shaped Barcelona into the world’s top team—the ball and he would meet. And from this, as often as not, came glory. […]
His most lasting triumph, though, was the coaching of Barcelona. El Flaco, as they called him, “Skinny”, took the team to the top of La Liga and then, in 1992, to victory in the European Cup. Even more than at Ajax, Barça absorbed his edicts, setting up at his instigation a junior academy, La Masia, like the one he had gone to at Ajax. There a new generation of players—Messi, Iniesta, Xavi and the rest—learned to play in the swift, precise and total Cruyff style. Though he was no more gregarious, and as anti-majoritarian as ever, his separatist head warmed to the Catalans, and they to him. With him they felt they couldn’t lose, and in his eight years at the Camp Nou they rarely did.
His most acclaimed successor as coach, Pep Guardiola, talked of him as the architect of a cathedral he could only reverently restore. Others compared his strategic nous to the paintings of Vermeer. It was all a bit highfalutin. But when he was on the ball, in that sweet moment when he was not too early and not too late, when opponents tumbled in astonishment and space sprang open where none had been before, then, yes, he was quite a lot like God.“