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Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull (Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels, USA 2008, 124 min)

Darsteller: Harrison Ford, Shia LaBeouf, Cate Blanchett, Ray Winstone, John Hurt, Karen Allen, Jim Broadbent
Musik: John Williams
Kamera: Janusz Kaminski
Drehbuch: David Koepp
Regie: Steven Spielberg

Trailer

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Ich bin kein Riesen-Indyfan, aber ich habe die drei vorherigen Filme gerne gesehen und mich auch gut amüsiert. Und es gibt eine Szene, die für mich bis heute zu meinen Lieblingsszenen aller Lieblingsszenen gehört, weil sie so schön subtil und trotzdem eine Riesenfaust in den Magen ist: wenn nämlich am Ende des ersten Teils die Bundeslade, wegen der sich Indy die Seele aus dem Leib gesucht hat, einfach in einer Holzkiste verschwindet – und diese dann in eine riesige Lagerhalle ohne Ende inmitten von Millionen anderer Holzkisten gestapelt wird.

Netterweise spielt eine der ersten Szenen in Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull genau in dieser Lagerhalle, und wir sehen ganz kurz aus den Augenwinkeln, dass die Lade anscheinend noch da ist und es ihr gut geht. Auch wenn sich immer noch niemand für sie interessiert. Stattdessen haben die Russen Indy gerade in der Hand. Die Russen statt der Nazis, denn wir schreiben inzwischen das Jahr 1957, was uns endlich mal andere Bösewichter beschert. Indy ist unfreiwillig im Kofferraum an die Lagerhalle gefahren worden, an deren Tür eine riesige 51 prangt und die anscheinend in Nevada steht. Und ein Kistenaufdruck verrät uns noch genauer, wo wir uns befinden: in Roswell. Ab da hatte der Film bei mir verloren, denn ich lasse mir ja viel von diesem zerknautschen „Archäologen“ erzählen, aber diese Idee fand ich dann doch zu bescheuert.

Der Iwan ist übrigens eine Iwanowna in Gestalt von Cate Blanchett, die sich einen putzigen Uralakzent zugelegt hat und den ganzen Film lang so schick ausgeleuchtet ist, dass sie immer wie ein Model aussieht. Im Gegensatz zu Harrison Ford, der angenehm gealtert ist und sich von seinem Sidekick Mutt (Shia LaBeouf, zu dir komme ich gleich, Kleiner) immer mit „Gramps“ oder „old man“ anreden lassen muss. Und noch wer ist gealtert: Karen Allen, Indys Gschpusi aus dem ersten Teil. Ich konnte es kaum fassen, dass man mal Frauen mit Falten in amerikanischen Filmen zu sehen kriegt. Und genau diese Faltigkeit, um es mal respektlos auszudrücken, hätte ich mir im ganzen Film gewünscht.

Was die Indiana-Jones-Filme bis heute für mich so nett macht, ist ihre altmodische Optik. Man sieht ihnen noch so richtig schön das Pappmaché und das Matte Painting an – und komischerweise beschwert man sich nicht über die in die Jahre gekommenen Spezialeffekte, sondern genießt sie, weil sie eine ganz besondere Stimmung erzeugen. Der neue Indiana Jones beginnt mit einem digitalen Erdhörnchen. Und schon fühlt sich der ganze Film nicht mehr wie Indiana Jones an. Wenn ich Indy-Filme sehe, dann will ich wochenlang dressierte echte Viecher haben und keinen Puschel aus dem Rechner.

So geht’s dann leider auch weiter – und hier schiebe ich mal total arrogant alle Schuld auf George Lucas, der ja schon seine eigenen Filme auf dem Altar der Special Effects geopfert und sämtlichen Charme, den die ersten drei Star-Wars-Filme hatten, aus den Prequels rausgepixelt hat. Mal abgesehen vom total langweiligen Drehbuch, das zielgerichtet von A nach Z steuert, ohne auch nur den Hauch von Spannung oder Ãœberraschung bereitzuhalten. Gut, man fragt sich schon, wie der Film diese irrsinnige Exposition mit Russen und Aliens und diesem komischen Neuzugang Mutt zu einem vernünftigen Ende führen will, aber das Ende ist leider nicht vernünftig und daher ist es auch egal.

Mutt betritt das Indy-Universum vor den Toren der Universität, in der Professor Jones wieder unterrichtet, nachdem er – logisch – den Russen erstmal entkommen ist. (Wie er ihnen entkommen ist und warum er sich zwischenzeitig in einem mit Blei ausgekleideten Kühlschrank verstecken musste, schreibe ich nicht auf, weil es fast genauso doof ist wie Aliens. Think Nevada, 50-er Jahre. Ihr kommt schon drauf.) Nach diesem ganzen Zauber in den ersten 20 Minuten kommt also Mutt. Auf einer Harley. Mit Lederjacke und Schiebermütze. Wie Marlon in The Wild One. Und obwohl ich eh schon stinkig war, war ich jetzt noch stinkiger, denn The Wild One macht man nicht mal eben nach. Basta. Indy 4 zitiert natürlich kräftig aus der eigenen Historie, und das darf er auch, das muss bei Fortsetzungen so sein, weswegen machen wir den Quatsch denn sonst. Und so kann ich prima mit dem Hut leben und der Peitsche und der Angst vor Schlangen und notgedrungen auch mit der Williams’schen Fanfare, auch wenn mir die allmählich auf den Zeiger geht, aber sich an Brando ranzuschmeißen mit diesem Milchgesicht fand ich einfach extrem stillos.

Und ich fand es zudem auch noch fies übers Knie gebrochen. Gut, Jones muss irgendwie mitkriegen, das sein alter Spielgefährte Oxley (John Hurt) in Schwierigkeiten steckt und er muss irgendwie nach Peru, um ihn zu suchen und endlich diesen blöden Kristallschädel finden, damit ich was zu lachen habe, weil der unglaublich billig nach beleuchtetem Plexiglas aussieht und ich mich die ganze Zeit gefragt habe, wie der sich als Briefbeschwerer machen würde – aber dafür eine so belanglose Figur einzuführen, die Indy ein Briefchen bringt, die dann endlich die Story in Bewegung setzt … nein danke. Mutt entpuppt sich zwar als etwas mehr als nur ein rotznäsiger Sidekick, der sich ständig die Tolle nachkämmt, aber auch diese neue Funktion hat sich für mich angefühlt wie ein billiges Ranwanzen an die Fans. Wie überhaupt der ganze Film versucht, auf Krampf alte Plotpoints aufzulösen, die, ganz ehrlich, niemand wirklich aufgelöst haben will. (Bis auf die Bundeslade, ist klar.)

Ich war während des Films ständig hin- und hergerissen zwischen Langeweile und dem verzweifelten Versuch, in den zähen Dialogen was Lustiges zu finden. Denn das mochte ich in allen Indiana-Jones-Filmen immer am liebsten: die knurrig rausgehauenen One-Liner als krönender Abschluss gut getimter Prügel- oder Actionorgien. Der einzige Spruch, der mir hier ein kleines Lächeln entlocken konnte, ist schon im Trailer drin. Und das einzige Mal, das ich wirklich gelacht habe, war, als das kleine Äffchen im Dschungel mit der gleichen Frisur in den Lianen hing wie Mutt. Da war dann kurz der alte Charme wieder da, die niedliche Verspieltheit, die es geschafft hat, selbst Storylines mit oberbösen Naziböslingen irgendwie lustig zu kriegen.

Die zweite Sache, die mich daran gehindert hat, frühzeitig aus dem Kino zu gehen und lieber auf die DVD zu warten, die man vorskippen kann, waren – natürlich – die 5.000 Jahre alten Gadgets. Die zweite Zutat, die ich an Indy so mag. Ganz egal, in welchen Tempeln, Gräbern oder Grotten er und sein Team rumkrabbeln – irgendwas Seltsames wartet immer. Da muss man an steinernen Hebeln ziehen, sinnlose Symbole eindrücken oder irgendwas anderes machen, was knarzige Geräusche und das Übersteigen von Dutzenden spinnwebenverhüllter Skelette beinhaltet. So auch hier. Diesmal ist es ein Obelisk und eine Höhle voller Gold und ein totaler Abklatsch von Macchu Picchu und die Nazca-Linien, die erst in großer Höhe ein Bild ergeben und Erich von Däniken irre Theorien hat entwickeln lassen. Die anscheinend eins zu eins ins Drehbuch geflossen sind. Das war dann auch der Teil des Films, den ich wirklich mochte, auch wenn das Ende mit den Aliens und Cate völlig plemplem war. Aber die 20 Minuten da hin waren spannend und staubig und schön.

Aber das war’s dann eben auch. Indy 4 hat mich sehr unbeeindruckt und vor allem unbewegt zurückgelassen. Ich habe mich zeitweilig über die lieblosen Effekte geärgert, die Titanic vor zehn Jahren schon besser hingekriegt hat, und ich habe die ganze Zeit auf irgendwas Neues gewartet, irgendwas, was ich noch nicht in 1.000 anderen Filmen schon gesehen habe. Selbst die nicht enden wollende Fahrt auf drei bis vier Fahrzeugen (ich habe zeitweilig den Ãœberblick verloren) durch den Dschungel, auf der sowohl die Passagiere als auch der Kristallschädel gerne mal das Fahrzeug wechseln, kam mir irgendwie so vor, als hätte ich es schon mal gesehen. Vielleicht sogar in einem der alten Indy-Filme. Das wäre mir dann aber doch ein bisschen zuviel des Selbstzitats. Und so hoffe ich jetzt einfach, dass Mutt nicht der nächste Jones wird, der sich durch irgendwelche Gräber wühlt. Ich finde, man kann Franchises auch einfach mal – genau: begraben. Die hier auf jeden Fall.