Was schön war, Mittwoch/Donnerstag, 28./29. September 2016
Nach dem eher doofen Dienstag sorgte ich Mittwoch morgen für gute Laune, indem ich mir meine sehr gute Hausarbeit und dementsprechendes Feedback vom Dozenten abholte. Danach radelte ich zur Stabi, wo die Tagebücher von Louise Bourgeois im Abholregal auf mich warteten. Radeln und Bücher abholen ist immer gut für mein Seelenheil. Danach ging der Weg zur etwas entfernt gelegenen Packstation, wo ein Päckchen meines Lieblingsbackversands lag. (Unbezahlte Empfehlung: Die haben alles in guter Qualität und verschicken irrwitzig schnell.) Auf dem Rückweg nach Hause kaufte ich ein und schleppte dann meine Schätze nach oben in meine Wohnung.
Den Nachmittag verbrachte ich extrem entschleunigt, entweder mit einem Buch vor der Nase oder mit einem Thermometer knietief in Kuvertüre. Ich wollte endlich mal anständig Schokolade temperieren, was ich bisher aus Ungeduld noch nie hingekriegt hatte. Mittwoch gelang es mir aber endlich, ich goss sechs Schokohalbkugeln in meine soeben abgeholte Silikonform, ließ sie aushärten – und bekam alle sechs fehlerfrei aus ihren Mulden. Sieg! (HU!) Ich schmolz den Boden einer Halbkugel etwas an, was länger dauerte als ich dachte, aber egal. Dann platzierte ich sie auf einem hübschen Tellerchen, füllte sie mit Eis und Sahne und legte die zweite Halbkugel auf. Mit der einen Hand begann ich eine Videoaufnahme mit meinem iPhone (ich gucke gerade echt zu viel Casey Neistat), mit der anderen goss ich heiße Himbeersauce auf die Kugel, die nun elegant schmelzen und den Blick auf das Innere freigeben sollte. Ich goss und goss und irgendwann waren die Himbeeren alle, aber die Kugel blieb von allem unbeeindruckt. Erst als ich mit Löffel und Gabel den Brocken bearbeitete, wurde mir klar, warum auch das Anschmelzen so lange gedauert hatte: Ich hatte natürlich viel zu viel Schokolade in die Formen gegossen. War aber auch okay, so hatte ich viel zu viel Schokolade zum Essen. (Nein, das Video zeige ich euch nicht. Es ist sehr ereignislos. Hat was vom Todesstern, der den Rebellen widersteht.)
Trotzdem war ich gut gelaunt, weil es so schön entspannend gewesen war, sich mal wieder intensiv mit einem Kochvorgang zu beschäftigen. Ich machte gleich weiter und probierte ein neues Rezept aus Deutschland vegetarisch aus, meinem absoluten Lieblingskochbuch. Von Herrn Paulsen koche ich alles unbesehen nach, ich mochte schon seine Effilee-Teller und auch seine App ist für mich immer eine Inspiration. Vorgestern wurden es simple Möhrenpuffer mit Gurkensalat und sie waren gut und simpel und schmackhaft und haben mich daran erinnert, wie gut es mir tut, mich mal wieder mit meinem Essen zu beschäftigen, was ich manchmal vergesse, wenn ich traurig oder gestresst bin.
—
Donnerstag morgen fuhr ich in die Münchner Stadtbibliothek am Gasteig, um mir endlich einen Leseausweis ausstellen zu lassen. Ich hab ja sonst keine Leseausweise *hust* Die Dame an der Infotheke meinte nach Blick auf meinen Personalausweis, dass sie am gleichen Tag Geburtstag hätte. Das hat, glaube ich, noch niemand jemals zu mir gesagt. Schöne neue Sätze.
Die Anmeldung verlief in wenigen Minuten, dann durfte ich mir meine Lesekarte aus drei Varianten auswählen und gleich lustig ausleihen. Ungewohnt war für mich, dass ich mit dem Rucksack auf dem Rücken durch die Regale wandern durfte; in den Unibibliotheken oder der Stabi darf man nirgends mit Jacken oder Taschen rein, in denen man Bände verschwinden lassen könnte. Ich hatte mir online vorher zwei Signaturen aufgeschrieben, nach denen ich gucken wollte, beide von Graphic Novels. Eine fand ich, genau, im Graphic-Novel-Regal, den Comic über Mama Cass allerdings bei den Musiker:innenbiografien. Das fand ich spannend, dass ein Comic als Biografie durchgeht. Aus dem Graphic-Novel-Regal zog ich noch zwei weitere Bücher, die interessant aussahen und probierte zum ersten Mal den Selbsteinscannausleihvorgang aus. Hat auch nur zwei Versuche gekostet, rauszufinden, wo genau ich den Barcode hinhalten muss.
Mit dem Ausweis der @StadtBibMuc habe ich jetzt vier Leihkarten im Portemonnaie. pic.twitter.com/KYTPMDrf0x
— ankegroener (@ankegroener) 29. September 2016
Zurück nach Hause, mit Umweg über einen Supermarkt, um dann das Abendessen vorzubereiten. Ich wollte F. mal wieder etwas bekochen und entschied mich, als Gegengewicht zum Oktoberfest, für norddeutsche Küche. Es gab Birnen, Bohnen und Speck, den ich aus Alliterationsgründen durch Bacon ersetzte. (Auch dieses Rezept – ohne den Bacon – ist aus Stevans Kochbuch.) Zum Nachtisch gab es natürlich meine geliebte Welfenspeise, die mir dieses Mal aber misslang. Der Vanillepudding war prima, aber die Weinschaumcreme wurde weder schaumig noch cremig.
Für den Pudding braucht man zwei Eiweiße. Die Eigelbe kommen dann in die Weinschaumcreme, die aber erst Stunden nach dem Pudding frisch aufgeschlagen wird, denn ein Aspekt dieses tollstes Desserts EVER ist der Kontrast zwischen dem kühlen Pudding und der warmen Creme. Normalerweise lasse ich die Eigelbe einfach in einem Schälchen rumliegen und messe erst kurz vor dem Aufschlagen Zucker und Wein ab, die zusammen mit den Eigelben über einem heißen Wasserbad aufgeschlagen werden. Gestern wollte ich mir das unsexy Abmessen vor Publikum aber ersparen und kippte schon Stunden vorher die restlichen Zutaten zu den Eigelben, verrührte sie ein bisschen und ließ sie rumstehen. Abends ließen sie sich dann partout nicht zu einer fluffigen Creme aufschlagen; es blieb bei einem gering eingedickten Sößchen, aber mehr wurde nicht daraus trotz vorbildlicher und gefühlt stundenlanger Handgelenkaktion. Geschmeckt hat’s trotzdem.