Tagebuch, Mittwoch, 5. Oktober 2016

Morgens in Moosburg für einen Termin gewesen, der unerwartet kurz war. Ich hatte noch Zeit, ein bisschen durch den Ort zu schlendern, sah die Mariensäule von 1890, die ich künstlerisch eher unspannend fand, aber ich mag grundsätzlich den Sternenkranz und das Sonnenlicht sah hübsch aus. Tourifoto gemacht.

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Danach ging ich zum Münster, vor dessen Tür – genauer gesagt, zehn Meter vor dessen Tür – noch eine zweite Kirche steht, was ich recht putzig fand. Das Innere des Münsters ist komplett modernisiert, die Holzdecke sieht aus, als wäre sie gerade frisch angedübelt worden, aber ich konnte mich am Kontrast zwischen Kalksteinkanzel und gotisch-barockem Altarraum erfreuen. Was weniger erfreulich war: Meine Turnschuhe quietschten auf dem Steinplattenfußboden lauter als ich sie je gehört habe. In der Kirche saß eine einzige Frau in den Bänken, die offensichtlich die Stille des Gotteshauses genießen wollte, und ich quietschte und quietschte und quietschte in einer Tour, als ich durch den Mittelgang auf den Altarraum zuging. Ich setzte mich kurz selbst in die Bänke, sprach ein kurzes Gebet, guckte dann wieder in der Gegend herum (was ich halt so mache in Kirchen) und beschloss, für den Rückweg zum Portal durchs Seitenschiff zu gehen, um die Dame etwas weniger zu stören. Ganz dumme Idee, denn dort war der Boden gefühlt noch glatter und quietschiger und ich machte noch mehr Lärm als beim Gang zum Altarraum. Entschuldigung!

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Auf der Zugfahrt nach und von Moosburg las ich endlich das Buch über die Geschichte des Kongo zuende und kann es euch sehr ans Herz legen. Das hätte ich eigentlich auch schon nach 30 Seiten gekonnt, das fängt nämlich gut an und geht dann so weiter. David van Reybrouck nutzt den simplen Kniff, uns Geschichte an Menschen näherzubringen anstatt an der großen politischen Erzählung. Die ist immer da, aber von Reybrouck pickt sich einige Akteure (und Akteurinnen!) heraus, an denen er Politik, Kultur, Ökonomie etc. im Kleinen aufzeigen kann, was das Verständnis für das Große sehr erleichtert. Manchmal überschneiden sich die Lebensläufe der Personen sogar, was für mich das Buch so gut gemacht hat. Der Autor bleibt außerdem nicht nur bei der Geschichte, sondern schweift kurz ab, zum Beispiel in den Erzabbau, die kongolesische Musik, den Bierkonsum (und damit die Geschichte von europäischen Brauereien in Afrika), er schreibt über sich verändernde Kleidung und Geschlechterordnungen, was mich zu einem weiteren Punkt bringt, der mir gefallen hat: Er spricht nicht nur über Männer, die Geschichte machen, sondern auch die Frauen. Ich kenne jetzt die erste ausgebildete Fallschirmspringerin des Kongo, Alphonsine Mosolo, Régine Mutijima, die als Direktorin einer Mädchenschule an der Nationalen Souveränen Konferenz beim Übergang der Zweiten zur Dritten Republik mitarbeitete – und leider auch viele Frauen, denen sexuelle Gewalt angetan wurde in den Kriegen, die im Kongo stattfanden. Alleine dass das Thema Vergewaltigung als Kriegsmethode nicht mal eben so im Nebensatz erwähnt wurde, sondern einen wichtigen Platz bekommt, weil es natürlich kulturelle Folgen hat, macht das Buch besonders. (Rezensionen beim Perlentaucher.)

Abends erfuhr ich vom Tod Brigitte Hamanns, was mich traurig machte. Von Hamann habe ich diverse Bücher gelesen; ihr Werk über Winifred Wagner führte zu meiner Kiefer-Wagner-Hausarbeit, und ihr Buch über Sisi hatte ich ständig im Kopf, als ich durch die Hofburg marschierte.