Was schön war, Samstag, 6. Mai 2017 – Lesetag
Nachdem ich am Freitag den vorletzten Brocken des Studiums weggeschaufelt hatte – mein Referat zur Masterarbeit –, verschlief ich den Rest des Tages gnadenlos. Ich merke neuerdings immer erst, nachdem ich Dinge erledigt habe, wie sehr sie mich angespannt haben, denn meistens macht sich mein Kopf direkt danach aus, brabbelt nur noch alte Simpsons-Zitate oder 80er-Jahre-Songfetzen vor sich hin, ist aber sonst zu nichts mehr zu gebrauchen.
Daher entschied ich mich, dieses Wochenende mal ganz klassisch als Wochenende zu nutzen. Ich würdigte meine ganzen Uni-Bücher und -Ausdrucke keines Blickes, sondern verzog mich mit Gebäck und Kaffee auf die Couch, um den ganzen Tag einen Roman zu lesen: A Little Life von Hanya Yanagihara. Ich bekomme nicht mehr viele Buchkritiken mit; meistens spült mir die Bingereader Dinge in die Twitter-Timeline oder ich freue mich über schöne Cover auf Instagram. Eben dort sah ich dauernd Life und hatte den Eindruck, dass das anscheinend toll sei. Die Leseprobe gefiel, also wurde es gekauft. Als ich selbst das Cover instagramte, war das Feedback allerdings eher verhalten.
Ich bin jetzt auf Seite 300 von 800, und mir gefällt es bis jetzt recht gut. Ich mag die Sprache, auch wenn sie manchmal ein bisschen zu sehr in sich selbst verliebt ist. Ich mag auch die Art, wie von den vier (männlichen, meh) Protagonisten erzählt wird; man bekommt immer einen längeren Einblick in das Leben eines Einzelnen, bevor die Perspektive wechselt und der Nächste beleuchtet wird. Bisher kam einmal ein kleiner Einschub in der Ich-Perspektive, ansonsten guckt man von draußen auf alles rauf. Was einen Hauch anstrengend ist, ist das Grundgefühl, das über dem gesamten Buch liegt: Da ist was Fürchterliches passiert oder vielleicht wird noch was Fürchterliches passieren; ich weiß nicht. ob das noch 500 Seiten so weiter geht, aber manchmal würde ich mich über kleine Atempausen im ganzen Drama freuen. Vielleicht können die Jungs einfach mal ein Eis essen und das kritiklos und ohne innere Monologe oder melancholisch-mystische Flashbacks super finden. Außerdem haben mich die vielen, vielen Sachbücher der letzten fünf Jahre völlig verdorben; ich kann mich kaum noch in Geschichten fallen lassen, sondern frage dauernd innerlich „Wieso?“ „Wo kommt das jetzt her?“ „Erklär mir das bitte und behaupte hier nicht einfach rum“ oder auch „Was? Ach komm!“. Der Herr Fahrenbach kommentierte bei Instagram mit dem Stichwort „tragedy porn“, und das finde ich bisher ganz passend. Das Buch suhlt sich manchmal ein bisschen zu sehr in seinem Leid, aber wie gesagt, ich habe es noch längst nicht durch. Ich freue mich aber sehr darauf, heute weiterlesen zu können, bevor ich mich morgen wieder an Kiefer und Lüpertz abarbeiten werde, brave Studentin, die ich (noch, wimmer) bin.