Tagebuch, Freitag, 24. November 2017 – Raus aus dem Sumpf
Ich hatte mir eigentlich beim letzten Durchhänger gemerkt: Wenn’s dir nicht gut geht, geh in eine Bibliothek. Seit vorgestern weiß ich: Noch besser geht’s mir, wenn ich dorthin nicht gehe – also: in die U-Bahn steige –, sondern radele.
Eigentlich war ich immer noch brummig und mundfaul und überhaupt irgendwie stinkig auf alles, aber schon nach wenigen Metern auf meinem wunderbaren Fahrrad gingen meine Mundwinkel von ganz alleine nach oben. Ich vergesse das anscheinend auch immer wieder, wie ich auch mehrfach vergessen habe, wie gut mir Bibliotheken tun: wie gut mir Bewegung tut, vor allem das Radeln. Durch die blöde Erkältung bin ich seit über zwei Wochen morgens nicht mehr unterwegs gewesen, und anscheinend fehlt mir das inzwischen. (Na toll.)
Am Anfang des Studiums habe ich mir ein Post-it an die Wohnungstür geklebt, auf dem NETZTEIL stand, weil ich es des Öfteren geschafft hatte, hoch motiviert in der Bib aufzulaufen, nur um dort festzustellen, dass ich mein Netzteil für das Macbook vergessen hatte. Mein Akku reichte damals für ungefähr eine Stunde, aber damit kann man ja in einer Bibliothek nichts anfangen. Das Post-it brauchte ich recht schnell nicht mehr; irgendwann schleifen sich halt auch die Studi-Sachen ein, die man immer dabei haben sollte: Studiausweis (für einige Bibliothekspforten als Eintrittskarte und eh fürs Semesterticket), Kopier- bzw. Scannerkarten (eine für Uni-Institute, eine für die Stabi, inzwischen auch noch eine fürs ZI), Notizbuch und Stift, Wasserflasche, durchsichtige Plastiktüte, damit man Zeug in die Bibliotheken schleppen kann (inzwischen netterweise fast überall Tragekörbe vorhanden), 1- und 2-Euro-Münzen fürs Schließfach (in jeder Bib unterschiedlich – für neue Erstis der Hinweis: die kunsthistorische Bibliothek will 2 Euro und nein, es kann nie jemand wechseln) und eben Laptop und NETZTEIL.
Vor ein paar Monaten habe ich ein neues Post-it an die Tür geklebt: MÜLL. Mein Spatzenhirn vergisst neuerdings immer, den Müll runterzubringen, wenn ich eh nach unten muss. Manchmal tagelang, bis schließlich zwei Mülltüten in der Küche stehen und sich über mich lustig machen. (Nein, das stinkt nicht, das sieht nur doof aus.)
Vielleicht hänge ich noch ein neues daneben: BÜCHER UND BEWEGUNG. Dann sollte das eventuell endlich mal bei mir ankommen.
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Ab da, wo mein Notizbuch liegt, stehen auf sechs Regalmetern ausschließlich Ausstellungskataloge aus London. Das ist ein Regal in einem Raum auf einem Stockwerk; wir haben fünf. #happyplace #zikg pic.twitter.com/LcfXW0Fh3m
— Anke Gröner (@ankegroener) 23. November 2017
Dieser Tweet vom Donnerstag ist vielleicht etwas missverständlich, wie mir erst im Nachhinein auffiel. Ab da, wo mein Notizbuch liegt, stehen sechs Regale zu einem Meter mit jeweils sechs Böden, in denen ausschließlich Ausstellungskataloge von Londoner Museen stehen. Auf diesem Stockwerk stehen alle Ausstellungskataloge nach Orten geordnet, und London dürfte die größte Ecke sein. Ich habe leider nicht geguckt, von wann der erste Katalog ist – sie sind nach Jahren geordnet –, aber das dürfte um die Jahrhundertwende sein oder kurz danach. Wir haben das schon sehr gut im ZI.
Die SZ hatte neulich eine kleine Bildergalerie: Acht Münchner Bibliotheken, die Sie gesehen haben sollten. Darin kommt das ZI nicht vor, vermutlich, weil halt nicht jeder rein darf, sondern nur Kunsthistoriker*innen. Genau das richtige studiert.
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Danke für eure Mails zu meinem etwas hilflosen Eintrag vom Mittwoch, in dem ich unter anderem beklagte, dass das Jahr so irre schnell vergangen ist. Einen Satz fand ich diesbezüglich sehr schön: „Wenn Du möchtest, dass die Zeit langsamer vergeht, musst Du es Dir langweilig machen. (Könnte vielleicht schwierig werden …) Wer lauter tolle, spannende Sachen macht, dem vergeht die Zeit im Flug. ;-)“ Das war nett, mal von außen darauf hingewiesen zu werden, dass man tolle, spannende Sachen macht. Das vergesse ich gerne. Aber ich vergesse ja auch Netzteile und Müll.