Phone Booth
Phone Booth
(Nicht auflegen! USA 2002)
Darsteller: Colin Farrell, Kiefer Sutherland, Forest Whitaker, Radha Mitchell, Katie Holmes, John Enos III, Keith Nobbs
Musik: Nathan Larson
Kamera: Matthew Libatique
Drehbuch: Larry Cohen
Regie: Joel Schumacher
Für mich als überzeugtem Kiefer Sutherland-Fan war Phone Booth ziemlich fürcherlich. Und zwar, weil ich den ganzen Film lang seine Stimme hören durfte, ihn aber erst zwei Minuten vor Schluss zu sehen bekam – und dann auch nur ziemlich verwackelt. Da ging es mir allerdings genau wie Colin Farrell als Stu Shepard: Der verbringt nämlich so gut wie den kompletten Film in einer Telefonzelle und hört genau wie wir nur eine Stimme am anderen Ende einer Telefonleitung, ohne das Gesicht dazu zu sehen. Und diese Stimme sagt ihm unmissverständlich: Wenn du auflegst, bist du tot.
Für mich war Phone Booth aber auch aus einem anderen Grund fürcherlich: Der Film ist leider nicht gut. Halbwegs spannend, aber nicht gut.
Der Idee des Films ist, dass der Anrufer (Kiefer Sutherland) seinem Gesprächspartner in der Zelle androht, ihn zu erschießen, wenn er nicht der Welt (die per Fernsehkamera natürlich längst live dabei ist) seine „Sünden“ beichtet. Dass die ziemlich läppisch sind im Vergleich zu dem Aufwand, den der Killer betreibt, um Stu da zu haben, wo er ihn haben will, macht das Ganze noch absurder. Wenn er wenigstens einen Mord gestehen würde – ja, dann hätte das Ganze immerhin einen wirklichen Sinn. So aber fragt man sich nach der öffentlichen Beichte von Stu noch mehr: Ja und? Das ganze bewegt sich meiner Meinung nach in der Gewichtsklasse von Schwarzfahren, und dafür kaue ich erstens keine Nägel vor atemloser Spannung im Kino und habe zweitens noch weniger Verständnis für den ganzen Film.
Die Idee, einen kompletten Film an einem einzigen Ort spielen zu lassen, ist nicht neu. Das hat schon Hitchcock in Rope (Cocktail für eine Leiche) ziemlich meisterhaft vorexerziert. Wenn man das ganze noch einmal macht, muss es daher schon ziemlich gut sein. Sicher ist die Beschränkung der Handlung auf eine Telefonzelle ein noch ehrgeizigerer Versuch, das Spielfeld der Personen einzuschränken – aber die Frage bleibt: Was soll das Ganze? Denn da beginnt für mich das Problem des Films. Er hat für mich nie diesen Experimentalcharakter verloren; für mich war er bis zum Schluss ein Versuch, den Schauplatz Telefonzelle nicht zu verlassen, koste es die Logik, was es wolle. Mal abgesehen davon, dass nicht nur die Zelle, sondern der halbe Straßenblock das Setting bildete und so die Kamera schon ein wenig mehr Bewegungsfreiheit hatte als zum Beispiel bei Rope.
Die Kamera ist einer der wenigen Trümpfe, die der Film hat, denn sie fängt New York und seine Straßenschluchten sehr schön ein: offen und weitläufig – der Killer kann hinter hunderten von Fenstern sitzen – und gleichzeitig klaustrophobisch eng: Die Close-ups der Zelle werden überraschenderweise auch nach über eine Stunde nicht langweilig, denn sie sind die einzige Konstante, an die wir uns als Zuschauer halten können. Dadurch, dass der Film eben nicht zwischen Killer und Opfer hin- und herschneidet, erleben wir Stus Situation noch eindringlicher. Man könnte natürlich auch böse anmerken: Wenn man den Schauplatz einfach wechseln würde, hätte der Film jedwede Berechtigung verloren.
Und wenn jetzt Colin Farrell noch ein wenig mehr mimisches Talent hätte, wären auch seine Close-ups etwas aufregender gewesen. Die Ausweglosigkeit seiner Lage wird ihm erst nach und nach bewusst, und ich hätte mir gewünscht, ein wenig mehr an seiner wachsenden Verzweiflung teilhaben zu können. So aber guckt man ihm relativ unbeteiligt zu, wie ihm immer mehr Schweiß den Hemdkragen runterläuft – aber mehr passiert dann auch nicht. Seine einzige schauspielerische Glanzleistung ist seine Beichte, gefolgt von seinem hoffnungslosen Zusammenbruch, in dem er sich mit seinen Tod abgefunden zu haben scheint. Das war für mich der einzige Moment im Film, bei dem ich ein wenig mitgezittert habe, weil ich da zum ersten Mal das Gefühl hatte, Emotionen vermittelt zu bekommen. Davor war mir der Film zu sehr in sich selbst verliebt; zu sehr hat er mich davon überzeugen wollen, dass er gerade einen total cleveren Einfall durchzieht.
Filme, die nur auf einer technischen Idee beruhen, können großartig werden, wie zum Beispiel Memento, dessen Story selber nicht wirklich aufregend ist, der aber dadurch unwiderstehlich wird, indem er komplett rückwärts erzählt wird. Phone Booth versucht ein ähnliches Gimmick (eine schwache Story durch einen filmischen Kniff zu retten), bleibt aber nicht konsequent genug. Durch Einblendungen von Stus Gesprächspartnern, die er über sein Handy erreicht, wird die Beschränkung auf einen Schauplatz sowieso aufgehoben. Und wegen dieser Inkonsequenz kann ich dem Film seinen Plot nicht verzeihen, der auf dieser einen blöden Idee beruht, dass Stu eben nicht einfach auflegt und weggeht, als er noch die Chance dazu hatte, sondern stattdessen weiter brav das Kaninchen vor der Schlange macht.
Zweites großes Storyloch: Der namenlose Killer in Phone Booth verfolgt mit dem Geständnis natürlich einen in seinen Augen höheren Zweck. Er will der Welt mitteilen, wie verlogen und hinterhältig sie ist – und jeder, der sich weiterhin verlogen und hinterhältig aufführt, wird von ihm persönlich dafür gerichtet. Schöner Plan eigentlich, aber wenn er diese wirre Botschaft rüberbringen will, warum bringt er die Leute dann um, bevor diese der Welt seine Botschaft übermitteln konnten? Wenn Stu nicht gebeichtet hätte, wäre er getötet worden, ohne dass er irgendwem hätte sagen können, warum. Und selbst, nachdem er gebeichtet hat, wird ihm und uns klar, dass der Killer ihn nicht gehen lassen wollen wird. Was mich zur Ausgangsfrage zurückbringt: Was soll das Ganze?
Alberner Quatsch. Wenn schon einen Killer mit einer Botschaft, dann bitte einen so cleveren und vor allem sehr, sehr eindringlichen wie Kevin Spaceys John Doe in Seven. Und wenn schon einen Film, der nur als Gimmick funktioniert, dann bitte etwas in der Art der schon erwähnten Filme.
So bleibt mir als Immer-Noch-Kiefer-Fan nur, auf den nächsten Film mit ihm zu warten, in dem er hoffentlich mal wieder eine logische Rolle spielen und ich ihn vor allem mal wieder länger als zwei Minuten zu Gesicht bekommen darf. Und wenn wir schon beim Wünschen sind: Ne nette Frisur für ihn wär zur Abwechslung auch mal schön.