Was schön war, Freitag/Samstag, 1./2. Dezember – Neuzeug
Am Freitag saß ich zunächst im Kartenlesesaal der Stabi, um mal wieder ein paar NS-Quellen zu lesen. Dieses Mal musste ich auch nicht unterschreiben, dass ich den Kram zu wissenschaftlichen Zwecken lesen will/sollte/muss und nicht zur persönlichen Erbauung. Die beiden Bücher zum Thema Reichsautobahn standen für mich einfach so im Regal.
In einem Band quälte ich mich durch ideologisches Geseier von Herybert Menzel, von dem ich bis dahin noch nicht gehört hatte. Er kolportiert auch brav weiter die NS-Legende, dass die Reichsautobahnen auf einen Geistesblitz von Hitler während seiner Festungshaft zurückgehen. In der kritischen Edition zu Mein Kampf habe ich davon nichts finden können, totale Überraschung. Noch vor dem Frühstück in Mein Kampf zu lesen, macht übrigens nicht so recht Spaß. Schnell weiterbloggen.
Nach dem Kartenlesesaal ging ich noch schnell in den Allgemeinen Lesesaal und blätterte in Die Straße, musste aber mittendrin abbrechen, weil ich meinem Website-Beauftragten versprochen hatte, bis 13 Uhr wieder zuhause zu sein, damit der Mann in meinem Beisein die neue Site aufspielen konnte. Das tat er dann bis 15 Uhr, während ich ständig guckte, ob alles ging, alles Links funktionierten und überhaupt. Mehr kann ich ja nicht, was diese Site angeht, ich schreibe sie nur zu, und so soll das auch sein. In diesem Sinne: Falls euch irgendwas auffällt, irgendwelche Links ins Leere gehen – Mail oder Tweet an mich, bitte. Danke!
Den Rest des Nachmittags las ich weiter Zeug über die Autobahnen, bis ich abends zu F. aufbrach. Ich hatte mich schon den ganzen Tag auf ein Feierabendbierchen gefreut, das ich auch dementsprechend genoss. Danach lockte mich die Whisk(e)y-Sammlung des Herrn. Nachdem ich mir endlich mal gemerkt hatte, dass ich anscheinend lieber Highland-Whiskys als Islay-Whiskys trinke, wollte ich nach dem 15-jährigen Singleton aus der Destillerie von Glen Ord noch einen weiteren in dieser Richtung probieren. Es wurden dann drei, von denen ich mir den ersten gar nicht gemerkt habe, denn der war bemerkenswert charakterlos. Der zweite war ein 18-jähriger Clynelish Signatory Vintage, der von 1990 bis 2008 in einem Fass gelegen hatte und als Single-Cask-Abfüllung verkauft wurde (wir genossen die Flasche Nr. 178 aus dem Fass Nr. 3947). Der gefiel mir weitaus besser, genauso weich wie der Singleton, weniger vanillig, zwischendurch mal ein bisschen Lakritze, die aber netterweise schnell wieder weg war. Den konnte ich mit seinen 43 Prozent auch unverdünnt trinken. Als Abschluss kostete ich einen ebenso schmackhaften 20-jährigen Glentauchers und bewunderte zum wiederholten Male die verschiedenen Geschmäcker, die sich erst erschließen, wenn man sie vergleicht. (Ach was.) Damit meine ich: Früher war Whisky für mich einfach ein unfassbar scharfes Zeug, das nur nach Sprit schmeckt. Aber den kann man sich natürlich genauso erarbeiten wie Wein, zu dem ich früher gesagt hätte, jo, der ist rot, nech?
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Die Nacht wurde, auch durch den Whisky, etwas länger als geplant, weswegen wir fies lange schliefen. Eigentlich wollte ich gestern groß einkaufen und die Adventsbäckerei beginnen, aber dann lungerte ich doch bloß auf der Couch rum, las, trank viel Tee und schaute begeistert dem FC Augsburg auf dem Laptop zu, wie der Mainz auswärts mit 3:1 schlug. Das war, zumindest in der ersten Halbzeit, ein richtig schönes Spiel, was man beim FCA ja eher selten zu sehen bekommt.
Immerhin beim Metzger war ich noch, wo sich vor mir folgender Dialog entspann, bevor ich mein Schweineschnitzel kaufen konnte, das ich mir heute zubereiten werde:
„Ich hätt gern Leberkäs.“
„Hamma ned mehr.“
„😱“
„Ah, Schmarrn. Wieviel brauchst?“#onlyinbayern— Anke Gröner (@ankegroener) 2. Dezember 2017
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Im Städelmuseum ist neuerdings wieder das Schächer-Fragment zu bewundern. Die Restauratorin beschreibt ihre dreijährige Arbeit daran:
„Wie hochwertig und beeindruckend die Darstellung tatsächlich ist, konnten wir bis vor kurzem nur erahnen. Besonders die Wirkung des Pressbrokats war kaum mehr wahrnehmbar. Da hauchdünne Blattgoldauflagen extrem empfindlich sind und leicht beschädigt werden können, war zunächst völlig unklar, ob eine Restaurierung überhaupt möglich ist.
Mit dieser Frage begannen wir unsere Untersuchung. Schnell wurde uns bewusst, dass wir ein ganzheitliches Konzept brauchten, das alle Dimensionen des Kunstwerks einbezieht. Nicht nur eine authentische Ästhetik des originalen Materials, auch die ursprüngliche Funktion und Bedeutung des Altarwerks und seine bewegte Geschichte sollten wieder sichtbar werden. Drei Jahre dauerte am Ende dieser Prozess, bei dem wir die Goldoberfläche des Pressbrokats wieder zum Strahlen gebracht und sogar völlig verdeckte Bildteile wieder sichtbar gemacht haben.“
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In Kairo wird ein neues Museum gebaut, unter anderem für die riesige Sammlung an Grabbeigaben des Tutanchamun, die im derzeitigen Museum nicht mal annähernd vollständig ausgestellt werden können. Man ist aber trotzdem recht lange damit beschäftigt. Ich war in den 1990er Jahren in Ägypten, und der Besuch im Kairoer Museum war für mich einer der Höhepunkte. Ich stand dann auch gleich zweimal in die im Artikel angesprochene Schlange an der Goldmaske. Und ich bewunderte einen riesigen Schrank voller Uschebtis, bei dem ich mir diesen Begriff dann auch für alle Ewigkeiten merkte.
„Im alten Archäologiemuseum nahe des Tahrir-Platzes in Kairos Zentrum fehlten nicht nur die Nähe zu den Pyramiden sondern vor allem der Platz. Der über hundert Jahre alte Bau wirkt selbst ein bisschen wie eine Antiquität, die an vielen Ecken eine verstaubte Rumpelkammer ist. Manchmal versperren Kisten den Besuchern den Weg, die aussehen, als hätte sie Tutanchamun-Ausgräber Howard Carter in den Zwanzigerjahren noch persönlich abgestellt.
Zudem laufen die Magazine am Tahrir schon seit Jahren über, Tausende Stücke können gar nicht gezeigt werden. Trotz dieser Probleme und obwohl Terrorgefahr und die politisch unsichere Lage seit der Revolution 2011 die Zahl der Touristen dramatisch hat schrumpfen lassen, quetschen sich immer noch jeden Tag viele Menschen am berühmtesten archäologischen Exponat der Welt vorbei, der Totenmaske des Tutanchamun. […]
Einige Exponate müssen allerdings erst noch restauriert werden – deshalb hat Mohamed Yosu gerade ziemlich viel zu tun. Er arbeitet am bereits eröffneten Conservation Center auf dem Gelände des neuen Museums. Hier werden in 17 Laboratorien und Werkstätten alle Altertümer konserviert und aufgearbeitet, die Archäologen irgendwo in Ägypten aus dem Boden holen. […]
Viele Arbeitsschritte in den Labors sind inzwischen Routine. Doch es gibt auch immer wieder Überraschungen. Als die Restauratoren die vielen Einzelteile einer Holzkommode zusammenpuzzeln wollten, stellten sie fest: Tatsächlich lassen sich aus den Holzteilen zwei baugleiche Möbelstücke herstellen. Dem umfangreichen Katalog der Tutanchamun-Sammlung musste eine weitere Exponatnummer hinzugefügt werden.“