Zu meinem Eintrag über den Checkpoint Charlie habe ich ein paar sehr interessante Mails bekommen (und mich andernorts in eine völlig nutzlose „Diskussion“ verstrickt, aber das nur so nebenbei).
Meike schreibt:
„meine gefühle beim besuch des checkpoint charlie 1 zu 1 niedergeschrieben. zugegeben, ich war diesmal nicht im museum. aber dieses schießbüdchen mit den pappkameraden davor, der “fan-shop” und die völlig egalisierten touristen haben mir zugesetzt. ich finde diese art der präsentation deutscher geschichte einfach nur billig und unangebracht. “
… und wies mich auf dieses Projekt der damals 13-jährigen Giana hin, die an ihrem Girls’ Day 2005 die Gegend um die Bösebrücke erkundet hat.
Über Umwege der Museumsseite des Checkpoints gelangt man zur Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße.
Und Jürgen Kalwa schreibt:
„Ich habe in den siebziger Jahren in West-Berlin gelebt und war dann einen Tag, nachdem die Ost-Menschen auf der Mauer standen mit einem amerikanischen Fernsehteam von New York aus unterwegs in die Stadt. Und wir haben das Ereignis gefilmt und Leute interviewt. Ein paar Monate vorher habe ich den Architekten Stanley Tigerman in Chicago getroffen und bei ihm die Zeichungen gesehen, die er im Rahmen eines Ideenwettbewerbs am Rande der 88er Internationen Bauausstellung entworfen hatte. Es ging um die Frage: Was macht man mit der Mauer, wenn die Grenze fällt?
Tigerman hat einen “Alleenpark mit vier Reihen Bergahorn und einem Kanal” skizziert und mit Stegen über die Mauer hinweg, die er an vielen Stellen erhalten hätte. Ich fand das damals faszinierend, vor allem, weil ich selbst wenige Monate vor dem Ende des alten Regimes in der DDR angenommen hatte, dass diese Mauer wohl kaum so bald auch nur angetastet würde.
Wenn ich heute manchmal nach Berlin zurückkomme, fühle ich mich in dem einstmals grenznahen Bereich ziemlich verloren. Die alte Straßenführung wurde logischerweise aufgehoben. Denn die führte an der Mauer entlang. Und die meisten anderen Spuren sind ebenfalls verschwunden. Irgendwann mal habe ich in Kreuzberg gesehen, dass man zumindest große Metallnägel ins Trottoir gehämmert hat, um die dünne Linie zu markieren, die mal ein breiter Gürtel war.
Ich weine nicht der Mauer nach. Mir geht ab, dass man ihre prägende und demonstrative Kraft nicht mehr nachempfinden kann. Der Kalte Krieg war schließlich auf so vielen Ebenen ein deutsches Thema: ob im Ideologienstreit, der auf Denker wie Karl Marx zurückgeht oder als unmittelbares Produkt der Zerstörungs- und Selbstzerstörungswut der Nazis sowie der mangelnden Attraktivität jenes Sozialismus, der mal unter dem Tautologen-Banner “real existierend” firmierte. Der Fall der Mauer war auch das Ende einer gesellschaftlichen Erfahrung, wie sie ein DDR-Autor, der vorher in den Westen gegangen war, mit dem Begriff “Die Freiheit des Ostens” belegte. Seinen Artikel in der “Zeit” dazu habe ich 1989 auf dem Rückflug nach New York gelesen und bin wehmütig geworden und habe beschlossen, diesen Kollegen kennenzulernen. Wenig später haben wir uns getroffen.“